1.3.1 (vpa2p): 1. Außerhalb der Tagesordnung: Empfang der Parteivertreter beim Herrn Reichspräsidenten.

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1. Außerhalb der Tagesordnung: Empfang der Parteivertreter beim Herrn Reichspräsidenten.

Staatssekretär Dr. Meissner berichtete, daß sich der Herr Reichspräsident gelegentlich des Antrittsbesuchs des Präsidiums des Reichstags auf Bitte des Reichstagspräsidenten bereit erklärt habe, die Parteiführer der Nationalsozialisten, des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei zu empfangen1. Als Termin für den Empfang sei im Einvernehmen aller Beteiligten der Tag nach der Abgabe der Regierungserklärung im Reichstag, d. h. Dienstag der 13. September, vereinbart worden2. In einer Vorbesprechung der Parteiführer, in der man sich[538] offenbar über die beim Empfang durch den Herrn Reichspräsidenten einzunehmende Haltung habe verständigen wollen, seien diesen Zweifel darüber gekommen, ob es richtig sei, den Besuch beim Herrn Reichspräsidenten vor der Aussprache über die Regierungserklärung im Reichstag stattfinden zu lassen. Man habe befürchtet, daß der Herr Reichspräsident die Parteivertreter vor die Frage stellen werde, welche Stellung die Parteien zur Regierungserklärung einnähmen. Der Herr Reichspräsident werde möglicherweise eine negative Haltung der Parteien zum Anlaß nehmen, den Reichstag sofort aufzulösen, ohne die weitere Reichstagsdebatte abzuwarten. Darum sei von den Parteivertretern gewünscht worden, daß der Besuch auf Donnerstag verschoben werde. Der Herr Reichspräsident habe erwidert, daß er grundsätzlich bereit sei, an der Zusage zu einem Empfang der Parteiführer festhalten zu wollen, habe sich aber seine Entscheidung über den Termin des Empfangs noch vorbehalten3.

1

Vgl. Dok. Nr. 130.

2

Von diesem Empfangstermin war offenbar bereits am 10. 9. Abstand genommen worden, was aus einem von Planck am gleichen Tage unterzeichneten, aber nicht herausgegebenen Entwurf einer WTB-Notiz hervorgeht. Der Entwurf hatte folgenden Wortlaut: „Der Reichstagspräsident Göring hat den Herrn Reichspräsidenten gebeten, den von ihm und dem Vizepräsidenten Esser bei der Besprechung vom 9. 9. nachgesuchten Empfang der Parteiführer schon vor der Abgabe der Regierungserklärung stattfinden zu lassen. Der Herr Reichspräsident hat dieser Bitte zugestimmt. Der Empfang findet am Montag [12. 9.] um 5 Uhr nachmittags statt. Die Reichstagssitzung, in der die Regierungserklärung abgegeben werden soll, ist dementsprechend auf Dienstag 3 Uhr nachmittags verschoben worden.“ (R 43 I /1016 , Bl. 26). Vgl. unten Anm 3.

3

Am Abend des 10. 9. hatte Pukaß vermerkt: Der Entwurf der WTB-Notiz (vgl. Anm 2) „ist nicht abgegangen, da Hr. Präsident Göring etwa gegen 6 Uhr mitteilte, daß jetzt der Wunsch bestehe, daß [der Empfang?] der Parteiführer erst nach der Debatte, also etwa am Donnerstag n. W. [15. 9.] erfolgen möchte. Der Hr. Reichspräsident hat ihm durch Hrn. Doehle (Hr. StS Meissner ist in Heringsdorf) mitteilen lassen, daß er sich nunmehr seine Entschließung vorbehalte.“ (R 43 I /1016 , Bl. 26).

Anschließend teilte der Reichskanzler mit, daß in der Tagespresse, insbesondere der „Germania“, der Reichsregierung der Vorwurf gemacht worden sei, daß sie die Aussprache beim Herrn Reichspräsidenten dazu benutzen wollte, um den Reichstag nachher (d. h. nach der Regierungserklärung) sofort aufzulösen, ohne ihm die Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben. Dieser Darstellung sei die Reichsregierung durch eine amtliche Verlautbarung entgegengetreten, die in der anliegenden W.T.B.-Meldung von Sonntag, dem 11. September 1932 – Nr. 1928 – wiedergegeben ist4.

4

In der Verlautbarung wurde der Vorwurf „auf das schärfste zurückgewiesen“ und zum „Tatbestand“ dargelegt: „Auf Wunsch mehrerer Mitglieder des Reichstagspräsidiums hatte der Herr Reichspräsident sich bereit erklärt, am Tage nach der Regierungserklärung Vertreter der Reichstagsfraktionen, die gemeinsam eine arbeitsfähige parlamentarische Mehrheit bilden zu können glauben, zu einer Aussprache zu empfangen. Die Reichsregierung hatte diesen Wunsch bereitwilligst befürwortet. Der Zeitpunkt dieser Aussprache war von den Parteien, die beim Herrn Reichspräsidenten vorstellig geworden waren, selbst gewählt worden. Er ist der Reichsregierung völlig gleichgültig. Über seine Zweckmäßigkeit sind nachher bei den oben genannten Parteien selbst Zweifel aufgetaucht, die zu mehrfachen neuen Bitten führten, die dem Herrn Reichspräsidenten zum Teil sogar durch die bereitwillige Vermittlung des Herrn Reichskanzlers vorgetragen wurden. Der Herr Reichspräsident hat sich auch sogleich mit einer Vorverlegung des Empfangs auf einen Termin, der der Regierungserklärung vorausgehen konnte, einverstanden erklärt. – Die Annahme ist irrig, daß die Reichsregierung durch vorzeitige Reichstagsauflösung eine politische Aussprache im Reichstag zu verhindern wünscht. Die Reichsregierung sieht vielmehr einer solchen Debatte mit großem Interesse entgegen, weil sie sich von ihr eine sehr nützliche Aufklärung des deutschen Volkes verspricht, und weil sie keine Möglichkeit ungenutzt lassen möchte, auch im Reichstag eine Mehrheit für ihr Programm zu finden.“ (R 43 I /1457 , S. 503).

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