1.87.10 (vpa2p): 10. Organisation der Reichszentralbehörde.

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10. Organisation der Reichszentralbehörde.

Der Reichskanzler stellte die Frage einer Zusammenlegung der Referate in den einzelnen Reichsressorts zum Zwecke der Einsparung von Stellen zur Erörterung.

[971] Der Reichsminister der Finanzen führte hierzu aus, daß er eine systematische Aktion in der Richtung eingeleitet habe. Es werde aber ein einheitlicher Beschluß des Kabinetts in dieser Richtung erforderlich sein.

Die Zahl der Referate in den Ressorts könne nicht plötzlich vermindert werden. Freiwerdende Stellen würden aber nicht wieder besetzt.

Die Schwierigkeiten liegen in der Frage des Aufrückens. Trotz starker Gegenwirkung würden im Reichsfinanzministerium alle älteren Oberregierungsräte in örtliche Finanzbehörden versetzt. Junge Regierungsräte und Assessoren träten an ihre Stelle. So würde eine Wechselwirkung zwischen dem Ministerium und der Außenverwaltung herbeigeführt. Es müsse aber bei allen Ministerien geschehen, weil sonst die Unzufriedenheit im Reichsfinanzministerium erheblich wachsen würde.

Trotz der Mehrbelastung mit Arbeiten sei der Abbau im Reichsfinanzministerium fortgesetzt worden. Die Zahl der Beamten halte sich unter der, die vom Reichssparkommissar angegeben worden sei.

Die Pläne im Bericht des Reichspost- und Reichsfinanzministeriums, Mittelbehörden zusammenzulegen, müßten bald unter dem Vorsitz des Reichskanzlers mit den Ländern besprochen werden; anderenfalls würde die ganze Aktion totgeredet. Jetzt bereits stiege die Zahl der Deputationen, die in den Fragen vorstellig würden, fortgesetzt.

Der Reichsminister des Innern schloß sich diesen Ausführungen an. Es sei notwendig, eine bestimmte Zahl guter Ministerialräte, im übrigen aber nur Hilfsarbeiter in den Ministerien zu halten, die wieder in andere Stellen zurückgehen. Dazu fehle es aber bei den meisten Ressorts am Unterbau. Aus diesem Grunde seien nur gewaltsame Reformen möglich. Diese allerdings erst dann, wenn der Aufgabenabbau vom Reich auf die Länder und Gemeinden durchgeführt sei. Dann bedürfe es einer Anordnung des Reichspräsidenten, um eine Anzahl von überflüssigen Beamten in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Zum mindesten würden Arbeiten bei den Ländern und Gemeinden dadurch erspart, soweit es sich um das Reichsministerium des Innern handele. Eine Aktion in dieser Richtung könne bald einsetzen; die große Änderung allerdings erst später. Der Austausch würde möglich, wenn Preußen damit einverstanden wäre.

In ähnlichem Sinne sprachen sich der Reichskanzler und der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft aus.

Reichsminister Dr. Bracht regte an, die Herkunft der Reichsbeamten feststellen zu lassen. Süddeutschland sei in den Reichsbehörden stark vertreten. Das Preußische Finanzministerium habe politische Ministerialrat- und Oberregierungsratsstellen, die bei einem Wechsel der Leitung anderweit besetzt werden könnten. Es dürfte auch für die Reichsregierung empfehlenswert sein, Stellen dieser Art zu schaffen. Jeder Minister brauche einen Vertrauensmann. Dies habe bei dem raschen Wechsel der Minister wesentlich zu einer Aufblähung der Ministerien beigetragen. Es sei nicht zu umgehen, daß eine Kommission die Verhältnisse bei den einzelnen Ressorts genau durchprüft, um einwandfreie Unterlagen für den Abbau zu erhalten. Im Reiche sei das leichter als in Preußen.

Er begrüße einen Austausch zwischen dem Reichsministerium des Innern[972] und dem Preußischen Innenministerium. Überhaupt müßten diese beiden Ressorts enger miteinander zusammenarbeiten als bisher. Es werde notwendig sein, in jedem einen Referenten zu benennen, der sich mit diesen Fragen besonders befaßt.

Reichsminister Dr. Popitz sprach sich grundsätzlich gegen Regierungs- und Oberregierungsräte des Reichs aus, nur Reichsministerialräte sollten in den Ministerien arbeiten; im übrigen kommissarische Beamte der Länder. Freiwerdende Regierungs- und Oberregierungsratsstellen sollten nicht mehr besetzt werden. Nach der geltenden Rechtsprechung können sich Regierungs- und Oberregierungsräte des Reichs weigern, den Dienstherrn zu wechseln. Eine gegenteilige Bestimmung sei verfassungsändernd, müsse aber doch vielleicht auf Grund des Artikel 48 getroffen werden.

Der Reichsarbeitsminister erklärte sich bereit, mit den anderen Ressorts wegen eines Austauschs von Referenten in Verbindung zu treten, glaubte aber nicht, daß anderweit im Reichsarbeitsministerium Stellen abgebaut werden könnten. Er wird das Versorgungswesen weiter vereinfachen. Auch er trat für Beamtenaustausch mit den Ländern ein.

Der Reichsminister des Innern schloß sich den Ausführungen von Reichsminister Dr. Popitz an. Die Aufhebung von Reichsmittelbehörden müsse durchgeführt werden. Es werde schwer für die Reichskanzlei sein, darüber mit den Ländern zu verhandeln, das müßte von den Ressorts geschehen.

Der Reichskanzler sagte zu, den Gesamtfragenkomplex in einer Sitzung mit den Ländern durchzusprechen.

Der Reichsminister der Justiz wies auf das Bestreben des Reichsgerichts hin, sich aus den eigenen Kräften zu ergänzen und Ernennungen von Beamten des Reichsjustizministeriums zu verhindern.

Der Austausch von Beamten zwischen dem Reich und den Ländern würde durch die Verschiedenheit der Beförderung erschwert. Bei den Ländern sei sie wesentlich langsamer als im Reich. Die Länderbeamten, die in den Reichsdienst abgeordnet würden, würden nach wenigen Jahren nicht mehr als zum Bestand der Landesbeamten gehörend empfunden. Mit dem Preußischen Justizministerium habe er wegen der Übernahme einzelner Beamten Verhandlungen begonnen. Ein Ministerialrat könne nach 15 Jahren nicht mehr die erforderliche Initiative aufbringen.

Der Reichsminister der Finanzen hielt es deswegen für geboten, die Stellung der Ministerialräte zu heben und die Ernennung erst in einem späteren Lebensalter vorzunehmen. Er hielt es für erwünscht, wenn eine Verleihung von Titeln möglich wäre24.

24

Nach Art. 109 Abs. 4 RV durften Titel nur verliehen werden, „wenn sie ein Amt oder einen Beruf bezeichnen; akademische Grade sind hierdurch nicht berührt“.

Der Reichskanzler glaubte, daß diese wieder eingeführt werden könnten. Die Ressorts sollen über die Personalverfassung weiter verhandeln.

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