2.50.3 (wir1p): 3. Auswärtige Lage.

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3. Auswärtige Lage.

Der Reichsminister des Auswärtigen machte Mitteilung über die Lage in Oberschlesien6 und über die Frage der Sanktionen. Es wurde beschlossen, die mit Oberschlesien zusammenhängenden Fragen in einer auf Freitag, den 15. d. M. 12 Uhr gemeinsam mit den Preußischen Ministerien anberaumten Chefbesprechung zu erörtern7.

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Am 4. Juli 1921 hatte Minister Rosen (?) ein Gespräch mit ein Gespräch mit D’Abernon über Oberschlesien gehabt, über das folgende Aufzeichnung berichtet: „Über Oberschlesien äußerte sich der Englische Botschafter heute dahin, daß er nicht annehme, daß Oberschlesien als Ganzes an Deutschland fallen werde. Er sehe die Kreise Pleß und Rybnik und einen kleinen Teil des Industriegebiets als für Deutschland verloren an. Das schadete indessen nicht viel, meinte Lord D’Abernon, denn in 15 Jahren würde sich alles so verändert haben, daß es auf das jetzt zu Schaffende wenig ankäme (!). – Ich erwiderte ihm, daß hierauf außerordentlich viel ankäme und daß keine Regierung die übernommenen Verpflichtungen erfüllen könnte, wenn Deutschland ein Hauptproduktionsgebiet ganz oder teilweise genommen würde. Es hätte doch keinen Sinn, dem einen die Rechnung zu präsentieren und dem andern den Geldbeutel zu geben. Die Geduld des deutschen Volkes werde auf eine zu harte Probe gestellt. Eine Berechtigung Polens auf Oberschlesien werde lediglich aus der polnischen Aufruhrbewegung gegen die Interalliierte Kommission hergeleitet. Lord D’Abernon meinte, die ganze oberschlesische Frage sei doch mehr eine Frage lokalen Charakters und des Gefühls. Ich antwortete hierauf, Oberschlesien sei nicht eine lokale Frage und nicht einmal eine europäische Frage, sondern eine Frage der Weltpolitik. Bei einer für uns unannehmbaren Lösung von Oberschlesien würden alle Probleme wieder aufgerollt werden, die jetzt vorläufig beseitigt schienen. Von einer Befriedung Europas und der Welt könnte in diesem Falle nicht die Rede sein. Man käme nicht darüber hinweg, daß Deutschland das, was es leisten solle, ohne seine Hauptproduktionsmittel nicht leisten kann oder wird. England und die ganze Welt würden es bitter bereuen, wenn jetzt leichtfertig den frankopolnischen Wünschen nachgegeben würde. Ich wunderte mich, daß man in England glaubte, daß auf diesem Wege die Herstellung friedlicher und ruhiger Zustände und die Wiederanknüpfung der normalen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Ländern möglich wäre. – Auch mit Bezug auf Oberschlesien meinte der Botschafter, daß wir auf einer raschen Entscheidung nicht so sehr bestehen sollten. – Im ganzen hatte ich den Eindruck einer gewissen Gleichgültigkeit Lord D’Abernons in der oberschlesischen Frage.“ (PA, Büro Reichsminister 5d, Bd. 1).

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In der Rkei konnte nur eine Chefbesprechung vom 16.7.21 ermittelt werden (siehe Dok. Nr. 50, Anm. 1)

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