2.98.2 (wir1p): 2. Fortsetzung der Besprechung über die Devisenlage .

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2. Fortsetzung der Besprechung über die Devisenlage9 .

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Nach einer Marginalie vermutlich der Registratur soll hier die Sitzung des Wirtschaftlichen Ausschusses des Reichsministeriums vom 19.9.21 fortgesetzt werden. Bei dieser Sitzung waren zugegen gewesen; Wirth, Bauer, Rathenau; StS Hirsch, Schroeder, Zapf, Geib, Hemmer; MinDir. Heinrici, Fischer, von Simson, Denhardt, Müller; RbkPräs. Havenstein; RbkDir. Kauffmann; RKom. Trendelenburg, Lippert; MinR von Buttlar, Brückner, Jaffé; Wirkl.LegR Rümelin; ORegR Pünder; RegR Kempner, Kielmeyer; Protokoll: Ger.Ass. Sabath. Am Ende der Sitzung hatte Vizekanzler Bauer als Ergebnis zusammengestellt: „1. Es soll die Frage der Erhöhung der Goldzuschläge und der Einführung einer Zirkulationssteuer geprüft werden. 2. Reichswirtschaftsministerium soll Vorschläge, betreffend die Devisenerfassung ausarbeiten und die Frage klären, ob die Devisen durch staatlichen Zwang erfaßt werden oder freiwillig aufgebracht werden sollen. 3. Die vom Staatskommissar Lippert vorgeschlagenen Börsengesetze sollen ausgearbeitet werden [Verbot der Spekulation mit Devisen durch Außenseiter und Bankangestellte, Beschränkung des Rechts zum Abschluß von Notengeschäften auf Banken]. 4. Von Veröffentlichungen zur Beruhigung des Devisenmarktes soll abgesehen werden.“ Aus dem genannten Sitzungsprotokoll (R 43 I /1481 , Bl. 120-122, 119) wird im folgenden nur zitiert.

Staatssekretär Hirsch trug den Gang der gestrigen Besprechung zusammenfassend vor:

Zur Frage der Erhöhung der Zollzuschläge einigte man sich auf eine Erhöhung von 900 auf 1800%. Die Frage, wann diese Erhöhung in Kraft treten[276] soll, namentlich, ob die Aufhebung der Sanktionen erst abzuwarten sei, wurde offen gelassen und einer Kabinettsentscheidung vorbehalten10.

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Schon in der Sitzung des Wirtschaftlichen Ausschusses vom 19.9.21 hatte StS Hirsch eine Erhöhung der Goldzuschläge auf 1500–2000% vorgeschlagen (R 43 I /1481 , Bl. 120-122, 119, hier: Bl. 122). In der Kabinettssitzung vom 3.10.21 (Dok. Nr. 107, P. 1) wird der Erhöhung auf 1900% zugestimmt.

Der Erlaß von Einfuhrverboten wurde aus den gestern geäußerten Bedenken auch heute für unzweckmäßig gehalten11.

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Zur Hebung der Wirtschaftslage hatte StS Hirsch u. a. Einfuhrverbote für entbehrliche Gegenstände für möglich gehalten, jedoch gleich einschränkend bemerkt, daß hier die Rheinlandkommission Schwierigkeiten machen würde. Im weiteren Verlauf der Besprechung war man auf diesen Vorschlag nicht mehr eingegangen (R 43 I /1481 , Bl. 120-122, 119, hier: Bl. 120).

Was die vom Reichsminister Rathenau vorgeschlagene Zirkulationssteuer angeht, so werden wegen der von Staatssekretär Zapf erhobenen Einwendungen von dem Reichswirtschaftsministerium das Reichsfinanzministerium, Reichsernährungsministerium und das Auswärtige Amt zu einer besonderen Besprechung eingeladen werden12.

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RM Rathenau hatte in der Sitzung des Wirtschaftlichen Ausschusses vom 19.9.21 ausgeführt: „Bei der Bekämpfung der Einfuhr durch Zollerhöhungen oder Erhöhung der Zollzuschläge müßten die infolge des Zwischenzolls im besetzten Gebiet entstehenden Schwierigkeiten in Kauf genommen werden. Vielleicht empfehle sich auch eine Zirkulationssteuer statt der Zollerhöhungen. Er glaube, daß wir von dem Garantiekomitee nichts zu erhoffen hätten und handeln müßten, ohne die Verhandlungen mit dem Garantiekomitee abzuwarten.“ (R 43 I /1481 , Bl. 120-122, 119, hier: Bl. 122). Ein vom RWiMin. am 12.10.21 der Rkei zugesandter Vermerk über eine Ressortbesprechung betreffend die Frage der Einführung einer Zirkulationssteuer wird von Sabath für die Rkei wie folgt zusammengefaßt: „a) Die von Reichsminister Dr. Rathenau in den Besprechungen vom 19. und 20. September vorgeschlagene Zirkulationssteuer wird abgelehnt. Seine Anregungen sollen bei dem geplanten Umbau der Luxussteuer berücksichtigt werden. – b) Für wünschenswert wurde gehalten, daß die Reichsregierung gesetzlich ermächtigt werde, gewisse innere Abgaben (namentlich bei Verbrauchssteuern) dem wechselnden Geldwerte anzupassen. – c) Bei dem jetzigen Dollarstande schien eine Erhöhung des Goldzolles auf die Einfuhr auf 2 900% tragbar. – d) Das Reichswirtschaftsministerium wird das Weitere veranlassen.“ (R 43 I /2409 , Bl. 320).

Zur Frage der Erfassung der Devisen wurde auch heute kein Beschluß gefaßt. Im allgemeinen ergab sich aus dem Bericht des Reichsbankdirektors Kauffmann und des Reichskommissars Trendelenburg, daß die Erfassung der Devisen auf Grund der bisherigen Maßnahmen im Fortschreiten ist. Soweit Waren einer Ausfuhrbewilligung bedürfen, schien es nicht schwierig, bei Einführung eines Zwanges zur Abgabe von Devisen die erforderliche Kontrolle auszuüben. Für andere Waren wäre aber noch der Erlaß einer besonderen gesetzlichen Bestimmung erforderlich, die vom Reichswirtschaftsministerium bereits entworfen wird. Die einer Ausfuhrbewilligung nicht bedürftigen Waren betragen zur Zeit ungefähr ¼ der gesamten Ausfuhrmenge; nähere Mitteilungen hierüber will Reichskommissar Trendelenburg machen.

Zur Erfassung von 26% der Ausfuhr sind nach Mitteilung von Staatssekretär Hirsch vom Reichswirtschaftsministerium bereits Grundsätze ausgearbeitet worden13. Wegen der von verschiedenen Seiten geäußerten Bedenken gegen[277] die Durchführung einer solchen Abgabe wird beschlossen, über die Richtlinien in einer besonderen Ressortsitzung zu sprechen. Das Reichswirtschaftsministerium wird das Weitere veranlassen14.

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Dazu hatte StS Schroeder in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am Vortage erklärt: er halte es für unmöglich, „jetzt die Abgabe auf die Ausfuhr, die in Papiermark erfolgt, entsprechend dem Verlangen des Garantiekomitees in Devisen umzuwandeln. Es müßte vielmehr ein günstigerer Kurs abgewartet werden. Die Papiermarkbeträge könnten bis dahin für das Garantiekomitee auf Sperrdepot gelegt werden.“ (R 43 I /1481 , Bl. 120-122, 119, hier: Bl. 121).

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In R 43 I nicht ermittelt.

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