1.135.1 (wir2p): Reparation.

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Reparation.1

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Es handelt sich um die Verhandlungen mit Belgien über die Zahlungsmodalitäten aufgrund der Entscheidung der Repko vom 31.8.22 (siehe Dok. Nr. 364 Anm. 4). Schon am 6. 9. hatten Bergmann und Hermes in einer Chefbesprechung über die Verhandlungen mit den Belgiern berichtet: „Bergmann: Die Belgier wollten auf den Bradbury’schen Plan nicht eingehen [siehe Dok. Nr. 353 Anm. 4], sie hätten eingehende Instruktionen ihrer Regierung und müßten sich innerhalb ihres Auftrags halten. Er, Bergmann, habe Delacroix die heute vormittag von den Belgiern angeregte Zahlung der beiden ersten Raten ausgeredet, ihm auch gesagt, daß das Reichsbankgold unter keinen Umständen in Frage komme. Dann habe Delacroix folgende Idee geäußert, die er, Bergmann, für unmöglich halte: Man solle ein Arrangement nur für die August-September-Rate treffen, und die drei anderen Raten in der Schwebe lassen. Es käme auch eine Verpfändung des Silbers der Reichsbank in Frage. Auf seine Erwiderung, daß das Silber nicht reiche, und wie dann der Rest gedeckt werden sollte, ob Belgien hier auf Garantie verzichten oder auf das englische Arrangement eingehen würde, hätte Delacroix ablehnend geantwortet. Er meinte, von der August- und September-Rate gingen im Wege der Verrechnung etwa 10 Mio ab, für den Rest solle das Silber und, soweit es nicht reiche, eine Garantie der Reichsbank haften. Dies habe er für unmöglich erklärt. Darauf habe ihm Delacroix vorsichtig angedeutet, daß, wenn England einen Druck auf Belgien ausübe, es sich für die Oktober-Dezember-Raten vielleicht auf die englisch-belgische Kombination einlassen würde. Er, Bergmann, habe erwidert, dann sollte man die anderen Raten hier doch auch gleich einbeziehen. Zu einem Abschluß sei man in keiner Weise gelangt, Delacroix denke jetzt anscheinend an ein Garantie-Konsortium von Banken und Industrie für die Oktober-Dezember-Raten. Die Prolongation hätten die Belgier weder abgelehnt, noch ihr zugestimmt. Reichsminister Hermes: Es sei unmöglich, dem belgischen Gedanken einer Sonderregelung für 2 Raten näherzutreten, wir brauchten unbedingt eine Gesamtregelung für die 5 Monate. Er halte dies auch für durchsetzbar. Wir müßten morgen unsere Gegenvorschläge machen und dabei betonen, daß die ganze Sache nur möglich sei, wenn es bei der Prolongation auf 18 Monate bliebe. Bemelmans habe Stinnes für morgen zu einer Besprechung gebeten, was dieser ihm mitgeteilt habe. Er glaube, daß wir gewisse Garantien seitens der Industrie erreichen müßten. Wenn wir Stinnes dazu bekämen, dann wären wir schon sehr viel weiter. Ferner müßten wir einen warmherzigen Appell an Exzellenz Havenstein richten, und etwas mehr als nur 25% der Garantie auf die Reichsbank abwälzen. Zusammenfassend bemerkte er, wir müßten auf der Gesamtregelung für 5 Monate und auf der Prolongation bestehen, und andernfalls die Sache für aussichtslos erklären.“ (R 43 I /30 , Bl. 402-404). Zur endgültigen Lösung siehe Bergmann, Reparationen, S. 183.

Reichsminister Dr. Hermes berichtet, daß die belgischen Herren am heutigen Tage eine lange telefonische Unterhaltung mit Brüssel gehabt hätten. Um[1089] 5½ Uhr seien sie bei ihm erschienen, um offiziell die Antwort der belgischen Regierung mitzuteilen. Danach lehne die belgische Regierung die Prolongation der Schatzwechsel über 6 Monate hinaus ab. Delacroix habe dies Ergebnis sehr bedauert und erklärt, er müsse nunmehr mit seinen Herren morgen nachmittag um 2 Uhr abreisen. Er, Minister Hermes, habe erwidert, daß er sofort dem Herrn Reichskanzler und dem Kabinett Bericht erstatten werde. Hinzugefügt habe er, daß nach seiner Auffassung die Prolongation für die deutsche Regierung entscheidend sei. Delacroix habe dann gebeten, heute noch einmal vom Herrn Reichskanzler empfangen zu werden.

Wenn er seine persönliche Meinung äußern solle, so glaube er, daß die Deutsche Regierung hier nicht nachgeben dürfe. Die belgische Kommission habe sich zweifellos viel Mühe gegeben, und es sei möglich, daß die persönliche Anwesenheit der Herren in Brüssel die belgische Regierung zu einer anderen Auffassung bringen werde. Es handelt sich jetzt noch darum, eine gemeinsame Pressenotiz herauszugeben.

Der Herr Reichskanzler stellte fest, daß das Kabinett mit diesem Standpunkt einverstanden sei. Er regte nur noch die Frage an, ob man nicht zum Beispiel sagen könne, daß die Wechsel eine bestimmte Zeit laufen sollten und daß, wenn vorher eine für Deutschland annehmbare Lösung der Reparationsfrage nicht zustande komme, die belgische Regierung eine weitere Verlängerung zugestehen werde.

Staatssekretär Schroeder machte darauf aufmerksam, daß seines Erachtens jede weitere Diskussion darüber zwecklos sei, da die Belgier sich stets wieder hinter die Entscheidung der Reparationskommission, die nur eine Frist von 6 Monaten kennt, verschanzten.

Auch Staatssekretär Bergmann betonte, daß er eine jede weitere Verhandlung mit den Belgiern für überflüssig halte. In den letzten Tagen seien alle Möglichkeiten gründlich erörtert worden. Man solle die Belgier ruhig abreisen lassen. Auch er verspreche sich von einer persönlichen Rücksprache der Herren in Brüssel einen gewissen Erfolg.

Darauf schloß der Herr Reichskanzler die Sitzung.

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