2.37.1 (bau1p): 1. Gesetz über die Betriebsräte.

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1. Gesetz über die Betriebsräte.

Der Reichsarbeitsminister erläuterte den Gesetzentwurf im einzelnen2 und wies darauf hin, daß auch die Redakteure den Wunsch auf Einführung besonderer Betriebsräte für sie ausgesprochen hätten.

2

Der auf früheren Referentenentwürfen (vgl. Dok. Nr. 27, Anm. 1) basierende GesEntw. war in überarbeiteter und erweiterter Fassung vom RArbM mit Anschreiben vom 25. 7. dem UStSRkei mit der Bitte vorgelegt worden, die Beschlußfassung des RKab. beschleunigt herbeizuführen (R 43 I /2064 , Bl. 132, 149–163, Begründung: Bl. 178–189). Der GesEntw. gliedert sich in drei Hauptteile über den Aufbau, die Aufgaben und die Geschäftsführung der Betriebsräte. Im organisatorischen Teil wird u. a. bestimmt, daß Betriebsräte in der Regel in allen Betrieben mit mindestens 20 Arbeitnehmern errichtet werden müssen. Sind unter den Arbeitnehmern sowohl Arbeiter wie Angestellte vorhanden, müssen beide Gruppen im Gesamtbetriebsrat vertreten sein, dessen Mitgliederzahl je nach der Größe des Betriebs zwischen 3 und 20 schwankt. Von zentraler Bedeutung sind die Aufgaben und die den Betriebsräten einzuräumenden Befugnisse. Sie beruhen im sozialpolitischen Bereich auf dem Grundsatz der Parität von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, auf wirtschaftlichem Gebiet wird dem Betriebsrat jedoch kein paritätisches Mitbestimmungsrecht eingeräumt. Die Aufgaben lassen sich zusammenfassen in die Vertretung der Arbeitnehmerinteressen bei der Durchführung gesetzlich oder tarifvertraglich geregelter Arbeitsverhältnisse und die Klärung bisher ungeregelter Arbeitsbedingungen, Verhütung und Beilegung von Arbeitsstreitigkeiten, Herbeiführung von Abstimmungen bei drohenden Streiks, Mitentscheidung bei Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern – außer bei Betriebsstillegungen, Mitwirkung bei der Unfall- und Krankheitsverhütung und bei der Verwaltung der Wohlfahrtseinrichtungen, in die Förderung der Betriebszwecke bei Einführung neuer Arbeitsmethoden, Steigerung der Betriebsleistungen und Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen. Zur Durchführung seiner Aufgaben soll der Betriebsrat das Recht haben, vom Arbeitgeber Aufschlüsse über alle die Arbeitnehmerverhältnisse berührenden Betriebsvorgänge zu verlangen, in größeren Betrieben auch die Vorlegung der Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung. Die Rechte der Gewerkschaften, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten, werden durch das Ges. nicht berührt. Abschließend enthält der Entw. Schutzbestimmungen für die Betriebsratsmitglieder und Strafbestimmungen für Arbeitgeber, die gegen Bestimmungen des Gesetzes verstoßen.

[157] Der Minister der öffentlichen Arbeiten führte aus, daß er dem Grundgedanken des Gesetzes nur zustimmen könne, er wünschte aber, daß das Gesetz der Eigenart großer Betriebsverwaltungen angepaßt würde, um bei der sonst sich ergebenden großen Zahl von Einzelbetriebsräten ein praktisches Arbeiten zu ermöglichen. Im übrigen machte er noch auf folgendes aufmerksam:

a)

Durch die Einführung der Betriebsräte würde eine Verringerung der Arbeit um 4–5% eintreten, da diese Leute infolge Versammlungen usw. entsprechend weniger leisten würden.

b)

Es müsse versucht werden, die Betriebsratsverhandlungen aus den Betrieben heraus zu verlegen, damit nicht während der Arbeitszeit verhandelt würde.

c)

Man sollte erwägen, ob man nicht für die gemeinnotwendigen Betriebe hinsichtlich des Streikrechts besondere Vorsichtsmaßregeln etwa durch Schaffung einer qualifizierten Mehrheit für Streikbeschlüsse treffen solle.

d)

Eine möglichst lange Wahlperiode sei im Interesse des Betriebes wünschenswert. Das Recht der Betriebsversammlung, jederzeit den Betriebsrat zurückzurufen, sei gefährlich3.

3

Abweichend von seinen Äußerungen in der Kabinettssitzung erscheint die Grundeinstellung des PrArbM in einem anderen Licht, wenn er in einem Schreiben an den RMin-Präs. vom 4. 8. schreibt, „daß der Entwurf in seiner jetzigen Gestalt für die Verwaltungen und Betriebe des Staates ohne entsprechende Berücksichtigung ihrer Eigenart unerträglich und unannehmbar sei“. Vorschläge zu diesem Entw. habe er nur unterbreitet, „um einige der allerärgsten Bedenken aus dem Entwurf herauszubringen“. Nachfolgend präzisiert er im Hinblick auf die Kabinettsberatungen vom 5. 8. seine Änderungsvorschläge (R 43 I /2064 , Bl. 197 bis 203). Die unter b–d aufgeführten Anregungen werden im Prinzip in der endgültigen Regierungsvorlage berücksichtigt (vgl. Dok. Nr. 40, P. 3).

Auf die Entgegnung des Reichsarbeitsministers, daß doch vielleicht die Bestimmung des § 17 genüge, wonach eine Errichtung nicht erforderlich sei, wenn nach der Natur des Betriebes besondere Schwierigkeiten entgegenstünden[158] und auf Grund eines für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrags eine andere Vertretung der Arbeitnehmer des Betriebes bestimmt oder errichtet würde, erwiderte der Minister der öffentlichen Arbeiten, daß der Abschluß von Tarifverträgen von ihm angestrebt werde, jedoch sei dies nicht immer zu erreichen. Auch vom Reichsschatzminister wurden verschiedene Bedenken geäußert, während der Reichspostminister glaubte, mit den Bestimmungen des Entwurfs auskommen zu können.

Herr Rauscher machte auf die Wünsche der Redakteure auf die Errichtung eines besonderen Betriebsrats wiederholt aufmerksam, deren Berechtigung mit Rücksicht auf die geringe Zahl den Angestellten gegenüber er hervorhob.

Der Ministerpräsident bezweifelte, ob es möglich sein würde, diesem Wunsche entgegenzukommen. Jedenfalls dürfte der Betriebsrat keinen Einfluß auf die Haltung des Blattes ausüben, sondern lediglich nur auf technische Dinge seine Tätigkeit erstrecken. Immerhin könne man diese Frage noch im Benehmen mit dem Reichsverband der deutschen Presse prüfen, ohne daß indes dadurch die Einbringung der Vorlage verzögert werden dürfte. Wenn es zur Zeit nicht angängig sei, die Beamten mit in das Gesetz hineinzunehmen, so müsse unbeschadet der Einbringung der Vorlage diese Frage noch geregelt werden. Hierfür sei das Reichsministerium des Innern zuständig. Die ganze Angelegenheit schiene im Augenblick nicht spruchreif4. Es sollten daher sofort Referentenbesprechungen stattfinden, insbesondere sollten auch die Eisenbahner zu den Verhandlungen hinzugezogen werden. Die Referentenbesprechungen sollen tunlichst am Donnerstag, dem 31. Juli, stattfinden, damit die Angelegenheit alsbald erledigt werde5.

4

Bei der Begründung des GesEntw. vor der NatVers. am 21. 8. lehnt RArbM Schlicke gesonderte Betriebsräte für Redakteure, Beamte und höhere Angestellte ab (NatVers.-Bd. 329, S. 2724 ).

5

Vgl. dazu das Ergebnisprotokoll der Ressortberatungen vom 31. 7. und 1. 8. (R 43 I /2064 , Bl. 274–278). Die dort zwischen Vertretern des RArbMin., des RSchMin. und des PrArbMin. vereinbarten Abänderungen sind im wesentlichen organisatorischer Art mit Bezug auf die besonderen Belange der öffentlichen Betriebe und Eisenbahnverwaltungen. Sie tragen noch nicht allen vom PrArbM in der Kabinettssitzung gemachten Vorschlägen Rechnung.

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