2.43.4 (bru1p): 4. Bericht über den Stand der deutsch-rumänischen Handelsvertragsverhandlungen.

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4. Bericht über den Stand der deutsch-rumänischen Handelsvertragsverhandlungen5.

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Zum bisherigen Verlauf der Verhandlungen vgl. Dok. Nr. 19, P. 2.

Vortragender Legationsrat Eisenlohr gab eine ausführliche Darstellung des Verlaufs der Verhandlungen mit der rumänischen Regierung. Er wies insbesondere darauf hin, daß Rumänien den hohen Zolltarif in Kraft setzen würde, wenn es nicht zu einem vorläufigen Abschluß käme. Das Land sei im Aufschwung begriffen. Die Vergebung sehr erheblicher Lieferungen an Deutschland stehe auf dem Spiel.

Unter Verzicht auf die feste Zusage deutscher Käufe von Mais und Gerste wolle Rumänien das Abkommen schließen, wenn Deutschland sofort 5 Millionen und je nach der Vergebung von Aufträgen noch weitere 3 Millionen zahlen würde. Rumänien wolle damit seine landwirtschaftlichen Genossenschaften stützen, die durch die neue deutsche Agrarpolitik in Schwierigkeiten geraten seien.

2 Millionen habe der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft seinerzeit aus dem Roggenstützungsfonds zugesagt. Davon würden ihm 1,25 Millionen vom Reichsminister der Finanzen zurückerstattet. Es handelt sich also zunächst um die Beschaffung weiterer 3 Millionen, die von der Reichskredit-Gesellschaft vorgestreckt werden könnten, wenn das Reich ihre Erstattung garantiere. Die Aufbringung könne auch durch die Industrie in die Wege geleitet werden, wenn diese sich verpflichte, von allen Staatsaufträgen 8% an einen hierfür zu schaffenden Fonds abzuführen. Nötigenfalls müsse der Fehlbetrag im kommenden Etatsjahre auf Reichsmittel übernommen werden.

Die Absicht des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft sei, zu verhindern, daß das rumänische Getreide auf den deutschen Markt käme. Brächen die rumänischen Genossenschaften zusammen, so würden sie ihre Vorräte verschleudern. Die deutsche Mark würde dadurch aufs schwerste beeinträchtigt. Gänzlich könnte das Getreide vom deutschen Markte nur ferngehalten werden, wenn es magaziniert würde. Das sei aber zu teuer6.

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Die vom Vortr.LegR Eisenlohr dem Kabinett vorgetragenen Vorschläge der rumänischen Reg. waren dem AA am 31.5.30 von der dt. Verhandlungsdelegation in Bukarest in zwei Telegrammen übermittelt worden (Durchschrift der Telegramme in R 43 I /1113 , Bl. 38 bis 42).

[173] Der Reichsminister der Finanzen hatte gegen den Vorschlag grundsätzliche Bedenken. Die Zustimmung Rumäniens wäre erkauft. Diese Politik auch bei anderen Ländern fortzuführen, würde schon aus Mangel an Mitteln scheitern.

Im übrigen habe die Industrie ihre Zahlungen zunächst nur in Aussicht gestellt ohne feste Bindung. Das Reich sei nicht in der Lage, die 3 Millionen bereitzustellen. Auch für eine Garantie sei ein neues Gesetz erforderlich.

Im Grunde würde es sich um eine Subventionierung ausländischer Aufträge handeln, die bisher aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt worden sei.

Auch der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft sprach sich gegen die Vorschläge aus. Es handele sich lediglich um den Abschluß eines Provisoriums. Eine Sicherheit dafür, daß die rumänische Gerste nicht auf den deutschen Markt komme, bestehe nicht. Auch der Zoll von 12,– RM reiche nicht aus, um sie fernzuhalten7. Bei dieser Sachlage könne das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft auch nicht mehr an seiner Zusage festhalten, Mittel des Roggenstützungsfonds für das Rumäniengeschäft aufzuwenden. Es könne sich nur darum handeln, die 2 Millionen vorübergehend zur Verfügung zu stellen. Sie müßten aber später ihrer Hauptaufgabe, den Roggenpreis zu stützen, wieder zugeführt werden können. Der Verzicht auf Maiskäufe in Rumänien bedeute für die Maismonopolverwaltung eine gewisse Erleichterung. In absehbarer Zeit müsse aber doch Mais für die Hühnerfütterung angeschafft werden. Jedenfalls müßten die Rumänen über den Abschluß von Lieferungsgeschäften mit deutschen Firmen bindende Zusagen machen.

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Im Gesetz über Zolländerungen vom 15.4.30 (RGBl. I. S. 131) war der Zolltarif für 1 dz Futtergerste auf maximal 12,– RM erhöht worden.

Der Reichsarbeitsminister wies auf die Bedeutung des rumänischen Vertrages und der in Aussicht stehenden Lieferungen für das Arbeitslosenproblem hin. Der Ausfall von 100 Millionen RM Fertigwarenexport bedeute die Arbeitslosigkeit von 30 000 Menschen. Für diese müßten 30 Millionen an Unterstützungen aufgewendet werden. Deswegen würde er die 3 Millionen aus der produktiven Erwerbslosenunterstützung zahlen, wenn nicht etatsrechtliche Schwierigkeiten mit dem Rechnungshof und dem Reichstag zu befürchten seien. Die Ausdehnung der deutschen Ausfuhr sei im wesentlichen nur nach den Ostländern möglich.

Staatssekretär Dr. Trendelenburg teilte die grundsätzlichen Bedenken des Reichsministers der Finanzen gegen die Subventionierung von Auslandsaufträgen. Die Situation sei aber ungewöhnlich. Den Rumänen könne nichts geboten werden. Andererseits gelte die Meistbegünstigung zunächst nur für ein halbes Jahr. 8 Millionen wären etwa 10% des Ausfuhrwertes. Die Zahlung könne nur in Frage kommen, wenn über den normalen Export hinaus große Aufträge hereingeholt würden, so daß die Rumänen an der Zahlung des Betrages indirekt teilnähmen.

[174] Die Konkurrenz des Auslandes sei in Rumänien sehr stark. Die Preise seien gedrückt. In der Erhöhung der Exportgarantie wäre für die deutschen Firmen kein ausreichender Anreiz gegeben.

Er schlage vor, mit den in Frage kommenden deutschen Industriegruppen zu verhandeln. Die Übernahme eines Teiles der geforderten Summe würde sich aus der gesamten Lage rechtfertigen. Ein Zollkrieg mit Rumänien würde den Verlust von mindestens 100 Millionen an Aufträgen bedeuten.

Staatssekretär Dr. Schäffer hielt es ebenfalls für unmöglich, für einen Abschluß bis 31.12.8 Millionen zu zahlen. Die Zahlung der 6 Millionen RM müsse auf alle Fälle an die Vergebung von Aufträgen geknüpft, der Betrag müsse von der deutschen Industrie aufgebracht werden. Dann würde es genügen, wenn das Reich eine Garantie leiste. Voraussichtlich würde sich die deutsche Industrie darauf einlassen.

Vortragender Legationsrat Windel wies darauf hin, daß die rumänische Regierung es abgelehnt habe, die Zahlung der 6 Millionen RM an die Erteilung von Aufträgen zu binden. Sie habe dies nur zugesagt in Höhe von 3 Millionen RM. Mit Aufträgen im Werte von etwa 30 Millionen sei bei Abschluß des Provisoriums ziemlich sicher zu rechnen.

Nach eingehender Aussprache stellte der Reichsminister des Auswärtigen fest, daß den Rumänen 2 Millionen RM fest zugesagt werden sollen und die Zahlung von weiteren 6 Millionen RM an die Vergebung entsprechender Aufträge an deutsche Lieferer geknüpft werden soll8 .

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Das vorläufige dt.-rumänische Handelsabkommen wurde am 19.6.30 in Bukarest paraphiert (Telegramm Posses vom 19.6.30 in R 43 I /1113 , Bl. 50–51). Das Kabinett billigte im Umlaufverfahren am 24.6.30 den VertragsEntw. (Beschluß in R 43 I /1113 , Bl. 61). Nach der Verabschiedung durch den RT am 7.7.30 (RT-Bd. 428, S. 6187 ) wurde das Gesetz über das vorläufige dt.-rumänische Handelsabkommen am 14.7.30 im RGBl. II, S. 953 , veröffentlicht.

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