1.247 (bru2p): Nr. 499 Staatssekretär Pünder an Ministerialdirektor Zechlin. 30. September 1931

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Nr. 499
Staatssekretär Pünder an Ministerialdirektor Zechlin. 30. September 1931

Nachl. Pünder Nr. 140, Bl. 127–129 Durchschrift

[Gemeinsame Erklärung deutscher Wirtschaftsverbände vom 29. September 1931]

In der Öffentlichkeit wird naturgemäß die große Eingabe der 12 Wirtschaftsverbände an die Reichsregierung über die Wirtschaftspolitik starke Beachtung finden1. Im Vordergrund steht hierbei natürlich die Frage, ob diese Eingabe als Kampfansage an die Reichsregierung Brüning oder im Gegenteil als eine Stütze der Regierungsarbeit Brüning zu bewerten ist. Wenngleich die maßvolle Fassung des Textes meines Erachtens schon sofort vermuten ließ, daß nur letzteres zutreffen könne, habe ich mich nach den Tendenzen der Verfasser dieser Denkschrift genauestens erkundigt. Ich habe hierbei festgestellt, daß die Eingabe nur als eine Stützung der Reichsregierung Brüning zu werten ist. Der Herr Reichskanzler legt begreiflicherweise besonderen Wert darauf, daß angesichts dieser Feststellung diese Tatsache in den offiziellen Presseerörterungen stark unterstrichen wird.

1

S. Dok. Nr. 496.

Von den Verfassern der Denkschrift bin ich u. a. darauf hingewiesen worden, daß in der Denkschrift nur von Fehlern der Vergangenheit, ebenso von früheren Regierungen gesprochen wird. Dagegen wird die gegenwärtige Reichsregierung mit keinem Wort erwähnt. Viel zu wenig sei bisher in der Öffentlichkeit auch der Satz unterstrichen worden, daß naturgemäß sämtliche Maßnahmen der Selbsthilfe der deutschen Wirtschaft erst ergriffen sein müßten, ehe Regierungshilfe angerufen werden dürfe.

[1776] Wenn die Grüne Front unter den Unterschriften fehle, so hänge dies damit zusammen, daß die Grundtendenz der ganzen Denkschrift gewesen sei, auf keinem einzigen Gebiet einseitige Interessenpolitik in den Vordergrund zu schieben, sondern nur die große Linie aufzuzeigen. Infolgedessen sei es nur möglich gewesen, den Grundbesitzerverband zum Mitverfassen der Denkschrift zu gewinnen2.

2

Zu diesem Absatz hatte Pünder handschriftlich vermerkt: „Dies nur zur vertraulichen Orientierung, nicht zur Bekanntgabe“ (Nachl. Pünder Nr. 140, Bl. 128).

Es würde der Hinweis darauf nichts schaden, daß die Zusammenfassung der 12 Verbände naturgemäß auch parteipolitisch von erfreulicher Bedeutung werden könne. Der Hansa-Bund neige bekanntlich stark hin zur Staatspartei, während z. B. der Grundbesitzerverband mehr oder weniger als eine deutsch-nationale Organisation betrachtet werden kann. Andere Verbände enthalten in sich bereits mehr links und mehr rechts stehende Persönlichkeiten und Einzelorganisationen. Es ist daher auch der Hinweis vielleicht nicht ohne Wert, daß diese Denkschrift – parteipolitisch gesehen – eine Zusammenfassung von Staatspartei bis zu den Deutschnationalen enthält.

Umso wertvoller ist die Tatsache, daß die Gesamttendenz der Denkschrift, wie bereits eingangs erwähnt, in keiner Weise eine Kampfansage gegen die Regierung Brüning darstellt, sondern nur als Stütze der schweren Arbeit der gegenwärtigen Regierung gewertet zu werden wünscht. Die Verfasser legen großen Wert darauf, daß sie Kampftendenzen gegen die Reichsregierung Brüning strikte ablehnten.

Pünder

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