1.198 (bru3p): Nr. 712 Vermerk des Ministerialdirektors v. Hagenow über eine Beschwerde des Reichswirtschaftsministers, 7. April 1932.

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Nr. 712
Vermerk des Ministerialdirektors v. Hagenow über eine Beschwerde des Reichswirtschaftsministers, 7. April 1932.

R 43 I /1141 , Bl. 40–41

Im Auftrage seines Ministers rief mich Herr Pohl (Reichswirtschaftsministerium) an und teilte mir folgendes mit:

Herr Minister Dietrich habe gestern eine große Rede gehalten, in der er auch Ausführungen über Belebung der Wirtschaft gemacht habe1. Sein Minister sei[2422] über die Ausführungen des Herrn Ministers Dietrich sehr ungehalten und habe versucht, sich dieserhalb mit Herrn Minister Dietrich in Verbindung zu setzen. Dies sei aber nicht möglich gewesen, da nach Mitteilung des Reichsfinanzministeriums Herr Minister Dietrich im Bett liege. Die von Herrn Minister Warmbold angestellten Versuche, in der Angelegenheit mit Herrn Staatssekretär Schäffer die Fühlung aufzunehmen seien auch gescheitert, weil Herr Schäffer nicht im Büro anwesend gewesen sei. Desgleichen habe Herr Minister Warmbold versucht, Herrn Staatssekretär dieserhalb zu sprechen, aber auch dies ohne Erfolg. Infolgedessen habe Herr Minister Warmbold ihn beauftragt, mit mir in der Angelegenheit Fühlung zu nehmen.

1

Der Berliner Börsen-Courier Nr. 161 vom 7.4.32 hatte unter der Schlagzeile „Dietrich über eine Belebung der Wirtschaft“ über die Rede des RFM vor dem Gesamtvorstand der DtStP berichtet (R 43 I /1141 , Bl. 42).

Herr Minister Warmbold sei über die Ausführungen des Herrn Ministers Dietrich über Belebung der Wirtschaft aufs äußerste betroffen, zumal Herr Reichsarbeitsminister Stegerwald und er einem Arbeitsbeschaffungsprogramm sehr skeptisch gegenüberstünden. Die betreffende Stelle in der Rede laute:

„Die Reichsregierung sei bereit, den vorsichtigen Versuch einer Wirtschaftsbelebung zu machen. Die verschiedenen Auffassungen und Interessen müßten zwar noch ausgeglichen werden, aber ein solcher Ausgleich werde erfolgen.“

Nach Meinung seines Ministers sei es aber besonders bedauerlich, daß Herr Reichsminister Dietrich in seiner Rede noch folgendes gesagt habe:

„Bei diesem Versuch werde auch die Zinsfrage noch eine Rolle spielen. Es käme aber darauf an, daß die Dinge einfacher gesehen werden, und daß zur rechten Zeit die rechten Entschlüsse gefaßt würden.“

Seinem Minister sei es unerklärlich, wie Herr Reichsminister Dietrich dazu komme, über die Zinsfrage, d. h. Zinssenkung Andeutungen zu machen. Dieser Satz des Ministers bedeute für die deutsche Wirtschaft einen schweren Verlust, schon jetzt habe sich gezeigt, daß die Pfandbriefe erneut ins Rutschen kommen. Herr Minister Warmbold lege den größten Wert darauf, daß Herr Staatssekretär Pünder unverzüglich über seine Meinung unterrichtet werde. Die Rede sei wiedergegeben in dem „Berliner Börsen-Courier“ vom 7. April. Die „Frankfurter Zeitung“ habe bereits in ihrem heutigen Morgenblatt die Rede Dietrichs aufgenommen und die Frage gestellt: „Was will Herr Minister Dietrich2?“

2

Die Frankfurter Zeitung Nr. 257 vom 7.4.32 hatte Dietrichs Rede folgendermaßen kommentiert: „Weder innerhalb des Gesamtkabinetts, noch insbesondere in dem für diese Fragen zuständigen Ministerium ist etwas für derartige Pläne bekannt. Es liegen weder irgendwelche Entschlüsse über ein Arbeitsbeschaffungsprogramm vor (vielmehr haben gerade die Beratungen der zuständigen Stellen in der letzten Zeit die Schwierigkeiten eines derartigen Versuches voll ins Licht gerückt) noch denkt irgend jemand daran, die Zinsfrage neu aufzurollen, abgesehen von den Verhandlungen über überhöhte Zinsen bei Auslandskrediten, um deren Herabsetzung man sich bemüht. Aus der vorliegenden Meldung wird leider nicht deutlich genug erkennbar, daß der Reichsfinanzminister mit seiner Äußerung diese ausländischen Zinsen im Auge gehabt hat“ (R 43 I /1141 , Bl. 43).

In der gleichen Angelegenheit hat mich soeben der Privatsekretär des Herrn Dr. Silverberg, Herr Meynen, angerufen und ebenfalls auf die bedenklichen Ausführungen des Herrn Ministers Dietrich hingewiesen3.

3

Hagenow notierte handschriftlich am 9.4.32: „Herr StaatsS hat Kts. Er hat inzwischen mit Herrn Min. Warmbold gesprochen“ (R 43 I /1141 , Bl. 41).

H[a]g[enow]

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