2.105.2 (ma11p): 2. Besatzungskosten.

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2. Besatzungskosten.

Der Reichskanzler bat mit Rücksicht auf den bevorstehenden Besuch des Oberbürgermeisters Adenauer um eine Klarstellung der Haltung der Regierung zu der Frage der Besatzungskosten.

Der Reichsminister der Finanzen führte aus, daß es voraussichtlich möglich sein werde, bis zum 1. April 1924 die Besatzungskosten im gegenwärtigen Umfange aufzubringen. Diese Annahme entfalle jedoch, sobald störende Einwirkungen auf die gegenwärtige Finanzlage in irgendwelcher Form erfolgten, insbesondere bei einem etwaigen starken Rückströmen der in Anspruch genommenen Rentenmarkanweisungen. Für den Etat des Jahres 1924 habe man keinerlei Mittel für die Besatzungskosten einstellen können6.

6

In der gedruckten amtlichen Denkschrift „Material für ein Studium von Deutschlands Wirtschaft, Währung und Finanzen“, die Anfang Februar 1924 den in Berlin weilenden all. Sachverständigenkomitees übergeben wurde, ist auch eine „Vorläufige Übersicht über den Haushalt für das Rechnungsjahr 1924“ enthalten (S. 76). Darin werden die Einnahmen auf 5274 Mio GM, die Ausgaben (einschl. Leistungen auf Grund des VV) auf 5 712 Mio GM veranschlagt. Für die Ausführung des VV sind insgesamt 640 Mio GM eingestellt; davon entfallen auf Besatzungskosten 360 Mio GM. In den erläuternden Vorbemerkungen zu diesem Haushaltsvoranschlag (S. 75) wird ausgeführt, daß Deckungsmittel für die Ausgaben zur Durchführung des VV vorläufig nur in Höhe von 202 Mio GM verfügbar seien.

Der Reichswehrminister führte aus, daß das Reich gegenwärtig mehr an Besatzungskosten zahle, als durch die interalliierte Abmachung vorgesehen7. Im übrigen würden im Monat nur 800 000 GM ausgesetzt für Offiziersgehälter, während allein für die alliierten Offiziere im unbesetzten Gebiet monatlich 1,2 Millionen GM gezahlt würden. Seien genügend Mittel verfügbar, um die Besatzungskosten zu zahlen, so könne man auch einen Teil davon dazu verwenden, die Beamtengehälter zu erhöhen.

7

Gemeint sind anscheinend die Abmachungen der all. Finanzminister auf der Pariser Finanzkonferenz vom 11.3.22; vgl. dazu die „4. Denkschrift über die Besatzungskosten“, RT-Drucks. Nr. 10 , S. 7 f., RT-Bd. 382 .

Der Reichsminister der Finanzen widersprach dieser Auffassung und wies darauf hin, daß das Reich mit fast allen Zahlungen an die Bevölkerung des besetzten Gebietes, insbesondere mit den Bezahlungen im Sonderverfahren usw. seit Monaten im Rückstande sei. Die Frage der Besatzungskosten müsse nicht von der finanziellen, sondern von der politischen Seite gelöst werden; in[368] letzterer Beziehung müsse entweder die ganze Besatzungsfrage aufgerollt oder eine Verminderung der Zahl der Besatzungstruppen erwirkt werden.

Der Reichsminister des Auswärtigen teilte mit, daß die Frage der Besatzungskosten bei den Erörterungen mit dem Sachverständigen-Ausschuß bei mehrfachen Gelegenheiten in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt worden sei. Die Sachverständigen hätten darauf hingewiesen, daß, falls eine Lösung der Reparationsfrage überhaupt erzielt würde, hierbei automatisch auch die Frage der Besatzungskosten Erledigung finden werde, indem die festgesetzte Reparationssumme einen Gesamtbetrag darstellen werde und die einzelnen Regierungen darauf verwiesen würden, ihre Besatzungskosten aus den ihnen zugeteilten Reparationsbeträgen zu bestreiten. Den Regierungen in London und Rom sei bisher nur allgemein gesagt worden, daß die Zahlungen überhaupt demnächst eingestellt werden müßten. Auf eine Herabsetzung der Besatzungstruppen hinzuwirken, sei etwas anderes, aber immerhin in Frage8.

8

Zu den außenpolitischen Verhandlungen über die Besatzungskosten s. die Aufzeichnung Stresemanns vom 19. 2. in: Stresemann, Vermächtnis I, S. 302 ff., bes. S. 311 ff.

Der Staatssekretär in der Reichskanzlei wies darauf hin, daß ein großer Teil der Besatzungskosten den alliierten Truppenmächten gar nicht zum Bewußtsein komme, weil die Zahlung unmittelbar an die belastete Bevölkerung des besetzten Gebietes erfolge, z. B. die Zahlung von Quartierleistung, Heizung, Beleuchtung usw.

Auf eine Anfrage des Reichsministers des Innern bestätigte der Reichsminister des Auswärtigen daß der englischen Regierung kein bestimmter Termin für die Einstellung der Zahlungen mitgeteilt, sondern daß dem englischen Botschafter9 lediglich eröffnet worden sei, daß zur Zeit nur noch für den Monat Februar Mittel zur Bestreitung der Besatzungskosten verfügbar seien.

9

Lord D’Abernon.

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