2.111.1 (ma11p): [Parlamentarische Lage.]

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[Parlamentarische Lage.]

Der Reichskanzler teilte die Auffassung der Regierung über die Behandlung des Gesetzgebungswerkes unter dem Ermächtigungsgesetz mit1 und fügte hinzu, daß er jederzeit den Parteien zur Verfügung stünde, um über Wünsche hinsichtlich einzelner Notverordnungen Rücksprache zu nehmen. Ferner bezeichnete der Reichskanzler diejenigen Notverordnungen, welche von der Reichsregierung als lebenswichtig angesehen würden.

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S. Dok. Nr. 107, P. 2.

[381] Der Abgeordnete Müller-Franken erklärte für seine Person (die Fraktion habe noch nicht getagt), daß die Haltung der Regierung schroff und diktatorisch erscheine. Die völlige Ablehnung der Ausschußberatung für Anträge zu den Notverordnungen werde wie im ganzen Reichstage so auch in seiner Fraktion sehr verstimmend wirken. Es müßten eine Menge der erlassenen Verordnungen beanstandet werden, so z. B. die zahlreichen sozialpolitischen Verordnungen, die Personalabbauverordnung, Teile der dritten Steuernotverordnung usw. Die Haltung der Reichsregierung diesen Anträgen gegenüber treibe unmittelbar zur Krisis, und er sähe daher die Lage für äußerst ernst an. Mit Bezug auf einen etwaigen Konflikt mit Auflösung gäbe er zur Erwägung, ob nicht eine Hinausschiebung der Wahlen bis Mai oder Juni aus allgemein politischen Gründen erwünscht sei.

Der Abgeordnete Wels bezeichnete die Haltung der Reichsregierung als stärksten Druck auf die Parteien. Sie würde im Reichstag und unter der Bevölkerung als Diktaturpolitik angesehen werden und gerade die umgekehrte Wirkung, nämlich Beunruhigung anstelle von Befriedung, auslösen als diejenige, die die Reichsregierung als ihr Ziel angebe.

Der Abgeordnete Dittmann unterstrich die Ausführungen des Vorredners und wies auf die bedenkliche außenpolitische Wirkung der Haltung der Reichsregierung hin. Ebenso der Abgeordnete Dr. Breitscheid, der von seinen bei einem Besuch in England jüngst dort empfangenen Eindrücken berichtete. Bei dieser Regierungspolitik werde die Wahlparole lauten: „Für die Demokratie, gegen die Diktatur“, was doch fraglos nicht der Regierung erwünscht sein könne.

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