2.28.1 (ma11p): Rheinische Goldnotenbank.

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Rheinische Goldnotenbank.

Generalkommissar Schmid teilte einleitend mit, daß heute um 9 Uhr eine Vorbesprechung im Reichsfinanzministerium mit den Herren der Kölner Bankenvereinigung[118] stattgefunden habe1. Die Frage der rheinischen Goldnotenbank habe eine rechtliche und eine wirtschaftliche Seite.

1

In den Akten des PrJMin. (P 135/1673) findet sich neben dem Entwurf der Statuten der „Rheinisch-Westfälischen Notenbank AG“ eine „Aufzeichnung über das Ergebnis der Ressortbesprechung im RFMin. am 17.12.23“. Es heißt darin: „Das Projekt der rhein. Goldnotenbank verstößt, soweit es die Ausgabe von Scheidemünzen vorsieht, gegen die Münzhoheit des Reiches und das Münzschlagrecht der Länder. Die Gründung der Rhein. Goldnotenbank und die Ausgabe von Banknoten durch sie bedarf nach den bestehenden reichsgesetzlichen Bestimmungen der Genehmigung durch ein Reichsgesetz. Das Projekt greift in das Notenprivileg der Rbk, der Bayer. Notenbank und der Bad. Bank ein. […] Die Verwirklichung des Plans ist geeignet, die Währungseinheit des Dt. Reiches zu zerstören und die wirtschaftliche Einheit zu gefährden. Sie ist aber auch von Gefahr für die Reichseinheit und politische Einheit des Dt. Reiches. Die Zulassung der Rhein. Goldnotenbank würde der Lösung des dt. Währungsproblems in unerträglicher Weise vorgreifen und eine einheitliche Zins- und Diskontpolitik des dt. Zentralnoteninstituts unmöglich machen. Diese Folgen werden dadurch verschärft, daß irgendwelche staatliche Aufsicht über das Institut nicht vorgesehen ist. […] Die Leitung der Bank liegt tatsächlich und rechtlich ausschließlich beim Aufsichtsrat, der gemäß § 31 Abs. 3 im einzelnen Höhe und Art der Kredite (durch einen besonderen Ausschuß) bestimmt. Nach § 30 (Schlußsatz) ‚sind die Beschlüsse nur gültig, falls sie mit ⅔ Stimmenmehrheit gefaßt sind‘. Selbst ein dt. Vorstand und die gesamte dt. Aktionärgruppe würde also gegen den Willen der Franzosen und Belgier (zusammen über  33⅓ %) machtlos sein. Mit dieser Kräfteverteilung im Aufsichtsrat wird ein maßgeblicher Einfluß der Franzosen und Belgier auf die von Kreditabgabe abhängigen Wirtschaftskreise erreicht. Es ist bekannt, in wie starker Weise die frz. Banken sich in den Dienst der frz. Regierungspolitik stellen. […]“

In rechtlicher Beziehung sei hervorzuheben, daß ein besonderer gesetzlicher Akt für die Gründung der Bank und für die Ausgabe von Banknoten erforderlich sei. Auch wegen der Ausgabe der Scheidemünzen sei der Erlaß gesetzlicher Bestimmungen erforderlich.

In wirtschaftlicher Beziehung müsse man sich darüber klar sein, daß die Gründung der Bank auf die Schaffung einer besonderen Währung hinauslaufe. Damit werde die Währungseinheit in Deutschland durchbrochen werden. Die Genehmigung der Bank würde auch Änderungen auf dem Gebiete des Handels- und Wechselrechts erforderlich machen. Es entstehe die Frage, in welcher Währung Reich und Länder Zahlungen an das besetzte Gebiet leisten sollten. Überaus schwierig sei die Frage, wie sich die Kommunen finanzieren sollten. Er befürchte für die Finanzlage der Kommunen das Allerschlimmste.

In Hamburg lägen die Dinge ganz anders als im besetzten Gebiet. Man könne die beiden Banken nicht miteinander vergleichen2. Aus dem Statut sei hervorzuheben, daß eine deutsche Mehrheit nicht mehr bestehe. 50% des Aktien-Kapitals sollten nach dem Statut deutsch sein, 50% ausländisch. Das Statut sei beherrscht von dem Gedanken der Koordination. Die gesamte Wirtschaft stehe hinter der Bank. Er halte das Zustandekommen der Bank für wichtig, damit würde die deutsch-französische Zusammenarbeit gefördert werden.

2

Hierzu die Aufzeichnung in den Akten des PrJMin. (s. Anm. 1): „Der von den Vertretern des Projekts [der Rhein.-Westfäl. Goldnotenbank] geäußerte Hinweis auf die Hamburger Bank von 1923 und die Schleswig-Holsteinische Bank geht fehl. Diese Banken geben lediglich übertragbare Bescheinigungen über Giroguthaben aus. Sie haben nicht die Befugnis zur Ausgabe nicht voll gedeckter Noten, sind also keine Notenbanken, sondern lediglich Verrechnungsinstitute mit Notgeldausgaberecht. Überdies ist das Notgeldausgaberecht dieser Institute befristet bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Zahlungsmittelverkehr mit Rentenmark ausreichend gesättigt ist.“ Zur „Hamburger Bank von 1923 AG“ und zur „Schleswig-Holsteinischen Gold-Girobank AGvgl. „Material für ein Studium von Deutschlands Wirtschaft, Währung und Finanzen“, S. 52, 67; Schacht, Die Stabilisierung der Mark, S. 99 f.

[119] Der Reichsminister des Auswärtigen führte aus, daß die englische Regierung ihrem Befremden darüber Ausdruck gegeben habe, daß Deutschland das Zustandekommen der rheinischen Goldnotenbank noch nicht verhindert habe. England habe sich auch darüber beschwert, daß Deutschlands Haltung in der Frage der Goldnotenbank bisher unklar sei. Eine Beteiligung habe England abgelehnt, um die französische Politik an der Ruhr nicht mitzumachen. In Wirklichkeit schaffe das Rheinland eine neue Währung und tue damit einen Hauptschritt zur Separation. Durch die Gründung der Goldnotenbank könne er sich für eine Besserung der deutsch-französischen Beziehungen nichts versprechen, höchstens für eine Besserung der rheinisch-westfälischen Beziehungen. Für das deutsche Wirtschaftsleben sehe er in dem Projekt keinen Vorteil. Die Verträge der deutschen Kohlenindustrie mit Frankreich3 seien etwas ganz anderes. Deutschland habe kein Interesse daran, die Bank zu genehmigen.

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Gemeint ist der Mantelvertrag zwischen der Micum und dem Ruhrkohlenbergbau vom 23.11.23.

Ministerialdirektor Bail teilte mit, daß die Bank nach dem Statut auch Scheidemünzen ausgeben werde. Nach dem Statut solle der Sitz der Bank in Koblenz sein4. Die Aktien zerfielen in 2 Gruppen, in eine deutsche Gruppe zu 50% und in eine ausländische Gruppe zu 50%. An der Spitze der Bank stehe ein Vorstand, bestehend aus drei Personen. Vorgesehen sei ferner ein Aufsichtsrat und in dem Aufsichtsrat wiederum ein engerer geschäftsführender Ausschuß von drei Personen, von denen 2 Personen Ausländer sein müßten, wenn der Vorstand ausschließlich oder vorwiegend aus Deutschen bestehe. Wenn Streitigkeiten unter den Organen der Bank entstünden, die auf andere Weise nicht beizulegen wären, solle eine Entscheidung durch ein Schiedsgericht getroffen werden.

4

Hierzu die Aufzeichnung in den Akten des PrJMin. (s. Anm. 1): „Der Sitz der Bank soll Koblenz sein. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß dieser Ort in sehr viel höherem Maße als das ursprünglich in Aussicht genommene Köln der Fremden-, insbesondere der frz. Einwirkung die Türen öffnet.“

Fraglos werde durch die Notenbank in die Münzhoheit des Reiches und in das Münzschlagsrecht der Länder eingegriffen. Berührt werde das Banknotenprivileg der Reichsbank und der bayerischen Notenbank. Das Statut enthalte keinerlei Vorschriften über das Verhältnis der Goldnotenbank zu einer künftig zu schaffenden deutschen zentralen Goldnotenbank. Wenn die Bank ohne Genehmigung der Reichsregierung errichtet würde, dann würde nach deutschem Recht die Errichtung nichtig und die Ausgabe der Banknoten strafbar sein.

Der Reichsminister des Auswärtigen wies noch darauf hin, daß die französische Presse ein großes Interesse an dem Zustandekommen der Bank bekunde. Wesentlich sei nach seiner Auffassung der engere Ausschuß des Aufsichtsrats. Wenn der Vorstand, wie geplant, ganz oder überwiegend aus Deutschen bestehe, dann müsse nach dem Statut der engere Ausschuß des Aufsichtsrats überwiegend französisch sein. Das aber werde außerordentlich verhängnisvoll wirken.

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