2.4.1 (ma11p): 1. Außerhalb der Tagesordnung: Ermächtigungsgesetz.

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1. Außerhalb der Tagesordnung: Ermächtigungsgesetz.

Der Reichskanzler machte Mitteilung über einige neue Gesichtspunkte, die sich bei den Besprechungen mit den Sozialdemokraten und den Deutschnationalen ergeben hätten.1 Danach scheine im Vordergrunde die Frage der Reichstagsauflösung zu stehen, und zwar läge vor allem den Deutschnationalen sehr viel daran, gewisse Zusicherungen über den Termin der Wahlen für den nächsten Reichstag zu erhalten. Auch die Sozialdemokraten hätten sich dahin geäußert, daß eine Erklärung über den Termin der Auflösung und der neuen Wahlen erwünscht wäre. Für das Ermächtigungsgesetz könne bei den Sozialdemokraten mit der Möglichkeit der Annahme gerechnet werden.

1

Aufzeichnungen über diese Besprechungen in R 43 I nicht ermittelt.

Der Reichsminister der Finanzen teilte mit, daß er bei seinen Verhandlungen keinen Zweifel darüber gelassen habe, daß der Reichstag aufgelöst werde, falls das Ermächtigungsgesetz nicht in vollem Umfange angenommen würde. Er schlage vor, an dem gestern gefaßten Beschluß2 festzuhalten.

2

S. Dok. Nr. 2.

Staatssekretär Weismann machte Mitteilungen über die Instruktionen, die er für den Reichsrat von seiner Regierung erhalten habe. Danach sei damit zu rechnen, daß der Reichsrat seine Zustimmung zu dem Ermächtigungsgesetz nur geben werde, wenn in dieses die Bestimmung hinein käme, daß die Verordnungen nur mit Zustimmung des Reichsrats erlassen werden können. Der Vorteil einer derartigen Erweiterung liege darin, daß damit der Sozialdemokratie die Annahme des Ermächtigungsgesetzes erleichtert werde, weil ihr über den Reichsrat durch die Länder, in deren Regierungen sie vertreten sei, eine Einflußmöglichkeit gesichert wäre.

Der Reichsarbeitsminister verkannte nicht den Vorteil einer derartigen Erweiterung des Ermächtigungsgesetzes, glaubte aber gleichwohl, schwere Bedenken dagegen hegen zu sollen, daß der Reichstag und der Reichsrat in dem Ermächtigungsgesetz unterschiedlich behandelt werden sollen. Außerdem bestehe die Gefahr, daß bei Befolgung dieses Vorschlags die partikularistischen Interessen bei den künftigen Entscheidungen allzu großes Gewicht erhalten würden. Man müsse dann schon erwägen, ob nicht auch der ständige Ausschuß des Reichstags3 in das Verfahren eingegliedert werden solle.

3

Gemeint ist offenbar der ständige Ausschuß des RT zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung (Art. 35, Abs. 2 der RV).

[18] Der Reichsminister der Finanzen hielt diese Wege für unmöglich, weil es einfach Tatsache sei, daß weder der Reichsrat noch der Reichstag in der Lage wären, die Fragen mit der Dringlichkeit4 zu beurteilen, die die Verhältnisse erforderten. Beiden Körperschaften fehle angesichts der trostlosen Verhältnisse das volle Verantwortungsgefühl, beide Körperschaften hätten noch nicht erkannt, daß wir tatsächlich am Rande des Abgrunds ständen und schon in wenigen Wochen nicht mehr über Zahlungsmittel verfügten.

4

Geändert aus „mit dem Ernst“.

Der Reichskanzler stellte fest, daß das Kabinett an dem gestern gefaßten Beschluß festhalte.

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