1.174.1 (ma12p): 1. Behandlung der Note.

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1. Behandlung der Note1.

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Am 5. 1. wurde dem RK durch die Botschafter von England, Frankreich, Belgien, Italien und Japan eine Kollektivnote der all. Regierungen vom 5. 1. überreicht (Aufzeichnung über die Überreichung der Note sowie frz. Text der Note in R 43 I /274 , Bl. 142-144).

In der Note wird der RReg. mitgeteilt, die all. Regierungen hätten den Beweis dafür erhalten, daß Deutschland die in Art. 429 des VV enthaltenen Bedingungen für die Räumung der ersten Rheinlandzone noch nicht erfüllt habe und daß daher die Räumung zum 10.1.25 nicht stattfinden könne. Diese Entscheidung wird damit begründet, daß die IMKK eine Reihe von Vertragsverletzungen auf militärischem Gebiet festgestellt habe: Der Große Generalstab sei in anderer Form wiederhergestellt worden; es seien Zeitfreiwillige eingestellt und ausgebildet worden; die Umstellung der Rüstungsfabriken sei noch nicht vollständig durchgeführt; es seien unerlaubte Vorräte an Kriegsmaterial entdeckt worden; die Umorganisation der staatlichen Polizei habe noch nicht begonnen; Deutschland habe nicht alle in der all. Note vom 29.9.22 geforderten gesetzgeberischen und Verwaltungsmaßnahmen durchgeführt. Sobald der Bericht der IMKK über das Gesamtergebnis der Generalinspektion vorliege, würden die all. Regierungen mitteilen, welche Verpflichtungen auf militärischem Gebiet Deutschland noch zu erfüllen habe.

Die all. Note vom 5.1.25 ist gedruckt in: Materialien zur Entwaffnungsnote, Berlin 1925, S. 50 f.; Ursachen und Folgen, Bd. VI, Dok. Nr. 1319 a; Schultheß 1925, S. 399.

Der Reichskanzler führte aus, daß es sich zunächst nur darum handele, das weitere Verfahren hinsichtlich der Behandlung der Note festzustellen. Er halte es für zweckmäßig, wenn möglichst umgehend eine Antwort erfolge und habe zu diesem Zweck eine Ministerbesprechung für den folgenden Tag um 11 Uhr vormittags in Aussicht genommen2. Hier seien die Richtlinien für die Antwort festzulegen, alsdann werde das Auswärtige Amt eine Antwort entwerfen und dem Kabinett erneut zur Genehmigung vorlegen. Inzwischen sei es erforderlich, sofort der deutschen Presse Richtlinien für die Behandlung der Note zu geben.

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S. Dok. Nr. 387, P. 2.

[1270] Der Reichsminister des Auswärtigen äußerte die Auffassung, daß es zweckmäßig sei, deutscherseits zunächst nur kurz zu antworten und für die weitere Stellungnahme die substantiierten Mitteilungen der Alliierten abzuwarten. Was die Pressebehandlung anlange, so sei es vielleicht zweckmäßig, wenn ein Vertreter des Reichswehrministeriums autoritative Mitteilungen bei einem Presseempfange abgebe.

General v. Seeckt äußerte hiergegen Bedenken, da bei einem solchen Verfahren der deutsche Sachverständige sich leicht gegenüber den unbestimmten Behauptungen der Gegenseite unnötig festlegen könne. Die einzelnen militärisch-technischen Angelegenheiten seien im übrigen schon genügend in der Presse von amtlicher Seite behandelt worden, und es seien zu wiederholten Malen amtliche Widerlegungen erfolgt. Er halte es daher für das richtige, im gegenwärtigen Augenblick nur ein kurz formuliertes Kommuniqué an die Presse herauszugeben.

Staatssekretär v. Schubert wandte hiergegen ein, daß ein solches Kommuniqué wohl nicht viel anderes enthalten könne als die beabsichtigte deutsche Antwortnote; der Inhalt derselben werde somit durch das Kommuniqué vorweggenommen und die Wirkung der Note dadurch vereitelt werden.

Der inzwischen eingetroffene Ministerialdirektor Spiecker erklärte, daß ein Kommuniqué wenig Wert habe, die Presse wolle autoritative Mitteilungen von sachverständiger Seite.

Der Reichsminister des Auswärtigen meinte, daß es auch möglich sei, in dem Kommuniqué einzelne tatsächliche Punkte zu berühren.

Der Vizekanzler pflichtete diesem bei und wies insbesondere auf die Notwendigkeit hin, die zweite, dritte und fünfte Behauptung der Note kurz zu widerlegen.

Nach einer weiteren Erörterung wurde beschlossen, daß der Pressechef in Verbindung mit dem Staatssekretär v. Schubert und, soweit erforderlich, unter Hinzuziehung sachverständiger Referenten ein Kommuniqué entwerfen sollte, das ohne erneute Beratung durch die Minister von der Presse ausgegeben werden könne3.

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Im amtlichen WTB-Kommuniqué heißt es: Die all. Note mache sich offenbar die Vorwürfe zu eigen, die besonders in der frz. Presse im Zusammenhang mit der Generalinspektion und der Räumung der nördlichen Rheinlandzone erhoben worden seien. „Diese in der Note zusammengestellten Vorwürfe sind so allgemein gehalten und so wenig sachlich begründet, daß es an der Voraussetzung für eine sachliche Stellungnahme dazu fehlt.“ Die RReg. werde die Widerlegung der Vorwürfe zurückstellen, bis ihr die angekündigten Mitteilungen zugehen. „Schon jetzt aber stellt die dt. Reg. fest, daß der Stand der Entwaffnungsfrage nach ihrer Überzeugung auf keinen Fall eine so schwerwiegende Maßnahme wie die Verlängerung der Besetzung der ersten Rheinlandzone rechtfertigen kann. Im übrigen wird die dt. Reg. in kürzester Frist ihren Standpunkt den all. Regierungen in einer Antwortnote mitteilen.“ (DAZ Nr. 8 vom 6. 1.; Ausschnitt in R 43 I /274 , Bl. 146).

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