2.130.2 (ma31p): 2. Deutsche Allgemeine Zeitung.

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2. Deutsche Allgemeine Zeitung.

Der Reichsminister des Auswärtigen erstattete Bericht über die Verhandlungen, die zum Erwerb der Mehrheit bei der Deutschen Allgemeinen Zeitung und zur Zahlung von Subventionen führten9. Außenpolitisch habe sich der Erwerb[379] der Zeitung sehr bewährt. Es sei hierdurch möglich geworden, einem großen Leserkreise des In- und Auslands Ausführungen im Sinne der Regierung zur Kenntnis zu bringen. Die finanzielle Lage der Zeitung sei zur Zeit schlecht, habe sich aber letzthin gebessert. Verschiedene Kaufangebote lägen auch jetzt noch vor. Der Reichsminister des Auswärtigen schlug vor, zunächst noch einige Zeit, etwa 8 Wochen abzuwarten, um festzustellen, ob sich die Abonnentenzahl nach Bekanntwerden der Besitzverhältnisse wesentlich ändern werde. Trete eine erhebliche Verschlechterung ein, so könne man dann zum Verkauf schreiten.

9

Im April 1926 hatte das Reich von der Pr. Reg. die Mehrheitsbeteiligung an der DAZ erworben und damit zugleich die Verpflichtung übernommen, die laufenden Betriebsdefizite der DAZ aus Reichsmitteln abzudecken. Der Kauf, der zur Verschleierung der Besitzverhältnisse über die Danat-Bank abgewickelt worden war, ging auf eine Absprache zwischen Stresemann und Luther zurück. Auf Vortrag Stresemanns hatte Luther sich damit einverstanden erklärt, die DAZ-Anteile für 500 000 RM zu kaufen, die erforderlichen Mittel aus den Dispositionsfonds des RAM und des RK zu entnehmen, von einer Mitteilung an das Kabinett aber abzusehen (undatierte Aufzeichnung des AA – vermutlich aus dem Sept. 1926 – in R 43 I /2470 , Bl. 140–146). Nach der Regierungsumbildung scheint selbst RK Marx über die Ankaufsmodalitäten zunächst nicht vollständig informiert worden zu sein. Als das AA die Rkei um Überweisung von 20 000 RM zur Tilgung eines Fehlbetrags bei der DAZ ersuchte, teilte Pünder mit Schreiben an den RAM vom 17. 7. mit, daß der RK „nur unter Überwindung schwerer Bedenken“ der Zahlung des Betrages zugestimmt habe; die Bedenken gründeten sich darauf, daß dem RK „über die seitens des Auswärtigen Amtes mit den Vorbesitzern der Deutschen Allgemeinen Zeitung vor einiger Zeit getroffenen Vereinbarungen keinerlei nähere Mitteilungen zugegangen“ seien; der RK lege Wert darauf, „alsbald in authentischer Weise über den gegenwärtigen Stand der Angelegenheit in allen Einzelheiten orientiert zu werden“ (R 43 I /2470 , Bl. 86). Am 4. 8. schrieb Pünder an den RAM, daß er auf Wunsch des AA einen weiteren Betrag von 22 000 RM zur Subventionierung der DAZ aus dem Geheimfonds des RK überwiesen habe; dadurch sei jedoch eine Verpflichtung des RK „zur Deckung weiterer Fehlbeträge dieser Art zu etwa gleichen Teilen zusammen mit dem Auswärtigen Amt unter keinen Umständen übernommen worden“ (ebd., Bl. 87). Am 7. 9. vermerkte Pünder schließlich, er habe ein Ersuchen des AA, erneut 30 000–35 000 RM zur Deckung des August-Defizits der DAZ zur Verfügung zu stellen, abgelehnt und betont, daß er namens des RK „vor weiteren Zahlungen unter allen Umständen auf endgültige Klärung dieser Angelegenheit nach der politischen und wirtschaftlichen Seite hin unbedingt Wert legen müsse“. Er habe mit dem Vortr.LegR Schneider vereinbart, daß zwischen dem AA und der Rkei Richtlinien über die politische Zusammenarbeit mit der Redaktion der DAZ sowie über die Finanzierung aufgestellt werden sollen. Eine „Tragung des Fehlbetrages allein durch das Auswärtige Amt und die Reichskanzlei ist für die Zukunft ausgeschlossen. Wenn z. B. der demokratische Reichsfinanzminister [Reinhold] nach der vertraulichen Orientierung der Reichsminister in den Plan eingespannt ist, ist eine ganz andere Basis für etwaige neue haushaltsrechtliche Beratungen mit den Parteiführern geschaffen. Dadurch würde die Möglichkeit gegeben sein, die finanzielle Belastung des Reichs durch die DAZ auf den Reichsetat zu nehmen, wenn auch natürlich nicht in einem der Öffentlichkeit sofort erkennbaren Sondertitel.“ (ebd., Bl. 90). Im Nov. 1926 löste der „Sozialdemokratische Pressedienst“ eine öffentliche Diskussion über die DAZ aus, als er an die RReg. die Frage richtete, ob es zuträfe, daß das monatliche Defizit des Blattes von 75 000–90 000 RM aus Reichsmitteln gedeckt würde, obwohl die Redaktion der DAZ einseitig die Politik der Rechtsparteien vertrete. Daraufhin gab Stresemann im Auswärtigen Ausschuß am 22. 11. bekannt, daß die Ausgaben für die DAZ aus dem Dispositionsfonds des RK und des RAM bestritten würden, nachdem die Mehrheitsanteile der Zeitung auf das Reich übergegangen seien. Am 24. 11. äußerte sich Stresemann auch auf einer Pressekonferenz über Kauf und Situation der DAZ (Presseausschnitte in R 43 I /2470 ). Eine Beratung der Angelegenheit durch das Gesamtkabinett hatte bisher nicht stattgefunden. – Zur Vorgeschichte siehe diese Edition, Die Kabinette Luther I/II, Dok. Nr. 137 unter a, Nr. 139, P. 2 und Nr. 145, P. 1. Vgl. auch Koszyk, Deutsche Presse 1914–1945, S. 143 ff.

Der Reichskanzler der Reichsminister der Finanzen und der Reichsjustizminister sprachen sich für einen baldigen Verkauf aus. Allerdings müsse dann in irgendeiner Form für einen Ersatz gesorgt werden. Es gehe nicht an, daß die Regierung ganz ohne ein offiziöses Organ bleibe.

[380] Das Reichskabinett stimmte dem vom Herrn Reichsminister des Auswärtigen vorgeschlagenen Verfahren zu, vorbehaltlich eines befriedigenden Ausgangs der bevorstehenden Debatte im Haushaltsausschuß10.

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In der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 30.11.26 gab Stresemann Auskunft über die Beziehung des Reichs zur DAZ, weigerte sich aber, genauere Mitteilungen über die aus dem Geheimfonds des AA gezahlten Summen zu machen, da der Fonds nicht parlamentarischer Kontrolle unterliege. Die Abg. v. Guérard und Müller-Franken rieten, das Vertragsverhältnis mit der DAZ zu lösen (Protokoll in R 43 I /2470 , Bl. 172–175). Ein kommunistischer Antrag, den Ankauf der Zeitung sofort rückgängig zu machen, wurde vom Haushaltsausschuß wie auch vom Plenum des RT abgelehnt (RT-Bd. 391, S. 8643 ).

Ende Jan. 1927 erklärte sich der RK auf Vorschlag Stresemanns damit einverstanden, die im Reichsbesitz befindlichen 75% des Aktienkapitals der DAZ an ein Konsortium zum Preis von 600 000 RM zu verkaufen. Am 3.2.27 meldete die DAZ in eigener Sache, daß die Reichsbeteiligung an der Zeitung von einer Gruppe erworben worden sei, die sich aus Industrie, Handel und Schiffahrt zusammensetze (R 43 I /2470 , Bl. 183–185).

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