2.206.1 (ma31p): Restpunkte der Besprechung vom 18. März.

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Restpunkte der Besprechung vom 18. März1.

1

In der Besprechung zwischen Mitgliedern der RReg. und Vertretern der Regierungsparteien am 18.3.27 waren Vorschläge der RReg. zur Deckung von Mehrausgaben im Reichshaushaltsplan für 1927 erörtert worden. Nach dem Kurzprotokoll von MinR Vogels wurde in der Besprechung „grundsätzliches Einverständnis der Regierungsparteien mit den Absichten der Regierung erzielt“, mit Ausnahme folgender vier Punkte, die am 21. 3. weiterbehandelt werden sollten: 1) Kanalbauprogramm, 2) Invalidenversicherung, 3) Grenzfonds, 4) Wehretat (R 43 I /878 , Bl. 51).

Für die Besprechungen mit den Regierungsparteien am 18. 3. und 21. 3. legte der RFM vor: eine „Übersicht über die Mehrausgaben gegenüber dem Haushaltsentwurf 1927 und ihre Deckung“; dazu Anlage 1: Im Haushaltsausschuß zu stellende Anträge zum Reichshaushaltsplan für 1927; Anlagen 2 bis 11: Änderungsanträge zur dritten Beratung des GesEntw. über die Feststellung des Reichshaushaltsplans für 1927 (R 43 I /878 , Bl. 55–68). Die auf den Anlagen 1 bis 11 formulierten Anträge sollten auf Wunsch der RReg. von den Regierungsparteien bei den Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuß bzw. im Plenum des RT gestellt werden.

1. Kanalbauprogramm.

Nach längerer Aussprache wurde Einverständnis über die Änderungsanträge auf Anlage 8 zur Übersicht über die Mehrausgaben gegenüber dem Haushaltsentwurf 1927 und ihre Deckung erzielt2, mit der Maßgabe jedoch, daß der bei Ziffer 3 zu streichende Betrag von 4 Millionen3 auf 8 Millionen Mark erhöht wird; ferner, daß der bei Ziffer 5 zu streichende Betrag von 12 Millionen4 auf 20 Millionen erhöht wird.

2

Der Änderungsantrag auf Anlage 8 bezieht sich auf den Haushalt des RVMin.; beantragt wird die Herabsetzung von Ausgaben für Kanalbauten. Vgl. dazu Dok. Nr. 205.

3

Ziffer 3 sieht die Herabsetzung der Ausgaben für die Weserkanalisierung von 8 auf 4 Mio RM vor.

4

Ziffer 5 sieht die Herabsetzung der Ausgaben für den Weiterbau des Mittellandkanals (östlich Hannover) von 40,3 auf 28,3 Mio RM vor.

2. Invalidenversicherung.

Über die Annahme der in der Übersicht unter Ziffer 4 b) und c) vorgeschlagenen Beträge5 konnte eine abschließende Einigung nicht erzielt werden.

5

Die anliegende „Übersicht über die Mehrausgaben gegenüber dem Haushaltsentwurf 1927 und ihre Deckung“ sieht unter Ziffer 4b) Ausgaben für die Invalidenversicherung in Höhe von 82 Mio RM und unter Ziffer 4c) Ausgaben für die Kleinrentnerfürsorge in Höhe von 25 Mio RM vor.

[650] Abg. Scholz vertrat namens seiner Partei den Standpunkt, daß es nicht gutgeheißen werden könne, im Haushaltsplan lediglich der Invalidenrentner und Kleinrentner zu gedenken, die Beamten und Kriegsbeschädigten sowie die Liquidationsgeschädigten aber leer ausgehen zu lassen und in mehr oder weniger bestimmter Form auf Berücksichtigung in einem Nachtragsetat zu vertrösten. Nach Auffassung der Deutschen Volkspartei müßten die 3 großen Gruppen der a) Invaliden- und Kleinrentner, b) Beamten und Kriegsbeschädigten, c) Liquidationsgeschädigten paritätisch behandelt werden, d. h. entweder sämtlich im Haushaltsplan 1927 bedacht, oder sämtlich auf einen Nachtragsetat verwiesen werden. Von seiten der Regierung wurde demgegenüber betont, daß eine Ausscheidung der Kleinrentner- und Invalidenversicherung aus dem Haushalt mit Rücksicht auf die bereits verbindlich abgegebenen Versprechungen unmöglich sei.

Abg. Scholz erbat sich darauf für seine Partei weitere Bedenkzeit aus. Er glaubte in Aussicht stellen zu können, daß die Volkspartei sich schließlich mit dem Regierungsvorschlag abfinden werde, sofern das Reichskabinett bei der Verabschiedung des Etats bestimmte Zusagen für eine Berücksichtigung der Beamten und Kriegsbeschädigten einerseits sowie der Liquidationsgeschädigten andererseits in einem in sichere Aussicht gestellten Nachtragsetat mache.

Abg. Graf Westarp schloß sich namens seiner Partei dem Standpunkt der D.V.P. im wesentlichen an.

Der Reichskanzler erklärte, daß das Kabinett über die gestellte Forderung wegen Abgabe einer Erklärung für einen Nachtragsetat am 22. März beraten werde6.

6

Siehe Dok. Nr. 207, P. 1.

3. Grenzfonds.

Die Parteien waren damit einverstanden, daß im Haushaltsplan ein Grenzfonds in Höhe von insgesamt 25 Millionen eingestellt wird, und zwar beim Haushalt des Reichsministeriums des Innern.

Über die Verteilung des Fonds auf den Westen und den Osten wollen die Parteien sich mit dem Reichsministerium des Innern einigen7.

7

Auf Antrag des Haushaltsausschusses (RT-Bd. 414 , Drucks. Nr. 3214 ) beschloß der RT am 2.4.27, als „einmalige Beihilfen für wirtschaftlich oder kulturell besonders bedrängte Grenzgebiete“ beim Haushalt des RIMin. für 1927 einen Betrag von 25 Mio RM einzusetzen (RT-Bd. 393, S. 10369  ff.). Aus diesem „Grenzfonds“ sollten nach einem vom RIMin. vorgeschlagenen Verteilungsschlüssel erhalten: Preußen 15 Mio, Bayern 4 Mio, Baden 3,25 Mio und Sachsen 2,75 Mio RM. Dieser Verteilungsplan löste bei seinem Bekanntwerden in Ostpreußen und anderen östlichen Grenzprovinzen Preußens heftige Proteste aus; siehe dazu Dok. Nr. 225.

4. Wehretat.

Der Abg. Scholz erklärte namens seiner Partei, daß die vorgeschlagene Kürzung des Wehretats um weitere 15 Millionen für seine Partei unannehmbar sei.

Abg. Graf Westarp schloß sich im Namen seiner Partei dieser Erklärung an.

Nach längerer Aussprache einigte man sich dahin, daß von der Streichung des Betrages von 15 Millionen beim Wehretat Abstand genommen wird. Dadurch erhöht sich das in der Übersicht vorgesehene Defizit von 26 Millionen[651] auf rund 41 Millionen. Dieses Gesamtdefizit soll dadurch vollständig ausgeglichen werden, daß der Betriebsmittelfonds über den vorgesehenen Betrag von 150 Millionen8 um weitere 41 Millionen in die Einnahmeseite des Haushalts eingesetzt wird (nicht eingesetzter Rest des Betriebsmittelfonds mithin rund 60 Millionen).

8

Nach der anliegenden „Übersicht über die Mehrausgaben gegenüber dem Haushaltsentwurf 1927 und ihre Deckung“ sollten die zu erwartenden Mehrausgaben gedeckt werden durch: 270 Mio RM Mehreinnahmen aus der Einkommen- und Körperschaftssteuer, 200 Mio RM Überschüsse aus dem Jahr 1926 sowie 150 Mio RM aus dem Betriebsmittelfonds des Reichs.

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