2.75.3 (ma31p): b) Genfer Verhandlungen über Besatzungsfragen.

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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b) Genfer Verhandlungen über Besatzungsfragen.

Der Reichsminister des Auswärtigen berichtete eingehend über die gegenwärtige Lage. Er erbat die Meinungsäußerung des Reichskabinetts für den Fall, daß der französische Außenminister Briand die Mobilisation von 1½ Milliarden Eisenbahnobligationen für Frankreich gegen eine ausreichende Gegenleistung, also etwa die Räumung des gesamten besetzten Gebietes, Rückkauf der Saargruben und Rückgabe von Eupen-Malmedy in irgendeiner Form zur Verhandlung bringe8.

8

Der Plan, eine Tranche der Eisenbahnobligationen des Dawes-Plans zugunsten Frankreichs auf dem Kapitalmarkt unterzubringen (zu „mobilisieren“) und Deutschland dafür politische Gegenleistungen etwa in Form einer Verkürzung der Besatzungsfristen zu konzedieren, war seit der Locarno-Konferenz wiederholt auf verschiedenen Ebenen erörtert worden. Siehe dazu ADAP, Serie B, Bd. I,1, Dok. Nr. 2, 11, 15, 16, 24, 33, 110, 116, 225, 270, 275, 276; Bd. I,2, Dok. Nr. 11, 55.

Der Reichsminister der Finanzen sprach sich grundsätzlich gegen die Mobilisation der Obligationen aus. Er wies auf die Bedenken hin, die das erstmalige Durchbrechen des Transferverfahrens9 und außerdem die sich vielleicht ergebende Verewigung des Poincaré-Regimes durch finanzielle Erfolge in sich schlössen.

9

Gemeint sind die Transferbestimmungen des Dawes-Plans.

Der Reichsminister des Auswärtigen stellte fest, daß er an eine Zusage in Genf nicht denke, vielmehr äußerst vorsichtig verhandeln werde; das Veto des Reichsministers der Finanzen nehme er ausdrücklich als Grundlage für seine Verhandlungen zur Kenntnis.

Er wies ferner darauf hin, wie ungünstig für die gegenwärtigen und zukünftigen außenpolitischen Verhandlungen eine zu rosige Darstellung der deutschen Finanzlage in der Presse wirken müsse.

Der Reichsminister der Finanzen pflichtete der letzteren Ausführung des Reichsministers des Auswärtigen bei und stellte bei einer demnächstigen Rede in Dresden10 Ausführungen in Aussicht, die dem Rechnung tragen würden.

10

Rede des RFM Reinhold auf der Tagung der RdI in Dresden am 3. 9.; siehe Dok. Nr. 76, Anm. 2.

[185] Staatssekretär Trendelenburg erklärte, er habe den ausdrücklichen Auftrag seines Ministers11, festzustellen, daß dieser die Bedenken des Reichsministers der Finanzen gegen eine Mobilisation der Obligationen zum jetzigen Zeitpunkt teile.

11

RWiM Curtius.

Der Reichsjustizminister sprach den Wunsch aus, daß die Kolonialfrage in geeigneter Form gefördert werde. Dies wurde vom Reichsminister des Auswärtigen vorbehaltlich des Zeitpunktes zugesagt.

Der Reichsminister des Auswärtigen führte anschließend aus, daß er es für sehr fraglich halte, ob unter der Ministerpräsidentschaft Poincarés derartig weitgehende Verständigungsverhandlungen überhaupt stattfinden könnten. Sei dies nicht der Fall, so beabsichtige er in der Besatzungs- wie in der Entwaffnungsfrage den Kampf im Kleinen weiterzuführen.

Das Reichskabinett billigte die vom Reichsminister des Auswärtigen vorgetragenen Leitgedanken für die Genfer Verhandlungen12.

12

Zum Verlauf der Genfer Verhandlungen siehe den Zwischenbericht Pünders in der Ministerbesprechung vom 20. 9. (Dok. Nr. 83) sowie den abschließenden Bericht Stresemanns in der Ministerbesprechung vom 24. 9. (Dok. Nr. 84, P. 1).

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