1.177.4 (ma32p): 2. Aufstellung des Nachtragsetats für 1927 und des Ergänzungsetats für 1928.

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2. Aufstellung des Nachtragsetats für 1927 und des Ergänzungsetats für 1928.

[Das Kabinett setzte die am 14. Februar begonnene Beratung3 über die für den Nachtragshaushalt 1927 angemeldeten Sachausgaben fort. Nach Abschluß der Beratung wurde beschlossen, „daß der Nachtragssachetat unter Berücksichtigung der vom Kabinett gefaßten Beschlüsse dem Reichsrat unverzüglich zugeleitet werden könne“.]

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Siehe Dok. Nr. 418, P. 2.

Sodann stellte der Reichsminister der Finanzen zur Erörterung, welche Richtlinien bei der Aufstellung des Nachtragsetats 1927 und des Ergänzungsetats zum Reichshaushaltsplan für 1928 hinsichtlich der Personaltitel innezuhalten seien. Er empfahl, entsprechend seiner schriftlichen Vorlage vom 30. Januar 1928 – Rk 923 – in dem Stellenplan nur die unmittelbaren und zwangsläufigen Auswirkungen der Besoldungs-Neuregelung zu berücksichtigen, darüber hinaus aber grundsätzlich weder Zulagen, noch Stellenumwandlungen oder Höherstufungen zuzugestehen4.

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In seiner Kabinettsvorlage vom 30.1.28 hatte RFM Köhler ausgeführt, daß die Vorarbeiten für die Aufstellung eines Nachtragshaushalts für 1927 und eines Ergänzungshaushalts für 1928 hinsichtlich der Personaltitel erheblichen Schwierigkeiten begegneten. „Von fast allen Ressorts sind in weitgehendem Umfange Forderungen auf personellem Gebiete angemeldet worden, die einen großen Teil der Wünsche erfüllen sollen, die anläßlich der Besoldungsreform [Besoldungsgesetz vom 16.12.27: RGBl. I, S. 349 ] vom Gesetzgeber nicht befriedigt worden sind. Hierzu gehören in erster Linie die Ausbringung von Zulagen, Höherstufungen durch Umwandlung von Stellen, Vermehrung der Planstellen und dergleichen. Die Berücksichtigung dieser Wünsche oder auch nur eines Teiles von ihnen würde eine Vorlage zeitigen, die einer Ergänzung des nach schweren Kämpfen zustande gekommenen Besoldungswerks gleichkäme und sowohl im Reichstag wie auch in der breiten Öffentlichkeit zu einer für die Reichsregierung gefährlichen Kritik führen müßte. […] Durch den Nachtrag für 1927 und die Ergänzung für 1928 können daher meines Erachtens lediglich die unmittelbaren und zwangsläufigen Auswirkungen der Besoldungsneuregelung erledigt werden. […] Bevor nicht über diese grundsätzliche Frage eine Klärung durch das Kabinett herbeigeführt ist, ist ein Weiterarbeiten an der Vorlage unmöglich.“ (R 43 I /878 , Bl. 249–250).

[1308] In der nachfolgenden Aussprache unterschied das Kabinett zwischen a) Stellenvermehrungen, b) Zulagen, c) Stellenumwandlungen.

Zur Frage der Stellenvermehrung beschloß das Kabinett, eine Vermehrung nur dann für zulässig zu erklären, wenn sie zur Vermeidung einer Stagnation der ganzen Geschäftserledigung unbedingt notwendig sei und auf andere Weise (durch Hilfsarbeiter) nicht geholfen werden könne.

Bei der Frage der Zulagen beschränkte sich die Debatte auf die Ministerialdirigentenstellen. Es wurde festgestellt, daß eine Neubesetzung erledigter Ministerialdirigentenstellen nicht mehr stattfinden könne, nachdem die neue Besoldungsordnung5 diese Stellen als „künftig wegfallend“ bezeichnet habe.

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In der Anlage zum Besoldungsgesetz vom 16.12.27 (RGBl. I, S. 349 ).

Der Reichsminister der Finanzen erklärte jedoch, daß er in bestimmten Ausnahmefällen durch eine weitherzige Interpretation der in Frage kommenden Bestimmung des neuen Besoldungsgesetzes helfen wolle, indem er der Wiederbesetzung freigewordener Dirigentenstellen im Rahmen der in der Anlage 6 zum Besoldungsgesetz festgelegten Stellenzahlen in bestimmten Ausnahmefällen nicht widersprechen wolle. Gedacht war dabei an eine Stelle im Reichsarbeitsministerium und 3 Stellen im Reichswehrministerium.

Von verschiedenen Reichsministern wurde angeregt, die Schwierigkeiten und Härten, die in ihrem Ministerium dadurch entstanden seien, daß die Schaffung neuer Dirigentenstellen gänzlich ausgeschlossen ist, dadurch in etwa auszugleichen, daß einzelnen Beamten im Etat eine Stellenzulage gewährt werde. Man war sich jedoch darüber einig, daß dieser Weg nur dann beschritten werden solle, wenn zuvor Gewißheit darüber bestehe, daß für die Annahme derartiger Vorschläge eine Mehrheit im Reichstag vorhanden sei.

Das Kabinett beschloß daher, vor einer endgültigen Stellungnahme zuvor die Auffassung der die Regierung stützenden Parteien zu klären.

Bei der Frage der Stellenumwandlung und Höherstufung wurde ein Unterschied zwischen der generellen Wiederherstellung der alten Ministerialverfassung und der Höherstufung in einzelnen besonders wichtigen Fällen gemacht.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte, daß er den gegenwärtigen Zeitpunkt für eine Wiederherstellung der alten Ministerialverfassung in allen Ministerien aus politischen Gründen für ungeeignet halte6. Er glaubte auch, aus[1309] grundsätzlichen Erwägungen keine Ausnahmen in einzelnen Fällen machen zu können, da jede Ausnahmebewilligung unabweisbare Berufungen von anderer Seite, namentlich auch bei den Etats der Außenverwaltungen zur Folge haben werde.

6

In einem Schreiben an den StSRkei vom 1.2.28 hatte RIM v. Keudell erneut die Auffassung vertreten, „daß die dienstlichen Belange es erforderten, daß die Dauerreferate von Ministerialräten und zum kleinen Teil von Oberregierungsräten verwaltet würden und daß Regierungsräte in den Ministerien nur als Hilfsarbeiter tätig seien“. In der Sitzung des RKab. vom 16.9.27 [siehe Dok. Nr. 297, P. 3] habe der RK festgestellt, „daß das Kabinett grundsätzlich mit dem von mir vertretenen Standpunkt, die Ministerialinstanz wie vor dem Kriege zu organisieren, einverstanden sei, daß aber auf die Verschiedenheit der einzelnen Ministerien Rücksicht genommen werden müsse“ (R 43 I /878 , Bl. 251–252).

Das Kabinett beschloß, vor endgültiger Stellungnahme zur Sache auch diese Frage zuvor mit den Führern der die Regierung stützenden Fraktionen vorzuklären. Das Kabinett beschloß ferner, die Frage der Höhe der Ministerialzulage7 bei den in Aussicht genommenen Besprechungen mit den Parteiführern zur Erörterung zu stellen8.

7

Seit dem 1.4.27 gewährte Preußen eine um 50% höhere Ministerialzulage als das Reich. Eine entsprechende Erhöhung der Reichsministerialzulage war bisher vom RT abgelehnt worden (Vorgänge hierzu in R 43 I /2587 ).

8

Zum Fortgang siehe Dok. Nr. 433, P. 3.

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