1.211.5 (mu22p): 5. Handelsvertragsverhandlungen mit Finnland.

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5. Handelsvertragsverhandlungen mit Finnland.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft trug den Inhalt seiner Kabinettsvorlage vor9.

9

Da in Finnland eine starke Opposition gegen eine Änderung des Zollsatzes für Käse im dt.-finnischen Handelsvertrag bestand und der finn. Außenminister deswegen von der Presse angegriffen worden war (Telegramm der dt. Gesandtschaft in Helsinki vom 3.2.30; R 43 I /1092 , Bl. 84 f., hier: Bl. 84 f.), hatte der RK am 5. 2. schon eine Unterredung mit dem finn. Gesandten gehabt, in der dieser sich gegen eine Änderung des Zollsatzes ausgesprochen hatte (Vermerk Pünders vom 5.2.30; R 43 I /1092 , Bl. 84, hier: Bl. 84). In seiner Vorlage teilte nun der REM mit, daß auch der Handelspolitische Ausschuß des RT an dem Zusatzabkommen Anstoß genommen habe, weil die Zollangleichung der Molkereiprodukte nicht genügend berücksichtigt worden sei und die Landwirtschaft durch die steigende Käseeinfuhr belastet werde. Der REM schlug deshalb vor, entweder über die Vertragsdauer für Käsezoll mit Finnland neu zu verhandeln oder den Vertrag zum nächstmöglichen Termin zu kündigen (6.3.30; R 43 I /1092 , Bl. 97, hier: Bl. 97).

Ministerialdirektor Ritter wies darauf hin, daß der Käsezoll 5 Ländern gegenüber gebunden sei und bei der Schweiz und Holland gleichsam den Eckstein der Verträge bilde. Deswegen sei bewußt im finnischen Vertrag die Bindung eingegangen, die sich aus den anderen Verträgen bereits noch für 5 Jahre ergebe und in dieser Zeit ohne schwerste Gefährdung der Ausfuhr in die genannten Länder nicht beseitigt werden könne. Finnland werde im Käsezoll nicht nachgeben. Es würde zur Kündigung und dann zum Zollkrieg kommen.

Auch der Reichswirtschaftsminister äußerte schwere Bedenken gegen die Kündigung des Finnenvertrages. Er wies auf die Stellungnahme des Reichsverbandes der deutschen Industrie hin, die jede Erhöhung landwirtschaftlicher Zölle ablehne, wenn dadurch das Handelsvertragssystem gefährdet werde.

Der Reichskanzler hielt es für geboten, die Entscheidung des Parlaments herbeizuführen.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft sprach sich ebenfalls dafür aus. Er wandte sich gegen die Ansicht des Auswärtigen Amts, daß es zweckmäßig sei, den inneren Gegensatz innerhalb der Landwirtschaft zwischen den Buttererzeugern und den Käseinteressenten zum Anlaß zu nehmen, die Entscheidung hinauszuzögern, bis die Buttererzeuger die Entscheidung fordern, um in den Genuß des höheren Zolles zu gelangen. Den Schwebezustand hielt er für unerträglich.

Der Reichsminister des Auswärtigen sprach sich dafür aus, daß nach der Entscheidung des Reichstags keinesfalls neue Verhandlungen mit Finnland geführt, sondern daß dann der Handelsvertrag gekündigt werden solle.

Der Reichskanzler stellte nach Aussprache fest, daß alsbald die Entscheidung des handelspolitischen Ausschusses des Reichstags über den deutsch-finnichen Handelsvertrag herbeigeführt werden soll. Die Entscheidung darüber, ob bei einer Ablehnung des Entwurfs in neue Verhandlungen mit Finnland einzutreten oder der Vertrag zu kündigen sei, wurde vorbehalten10.

10

Über die Auswirkungen der Verzögerung notierte Feßler am 21. 3.: „Nach einer Mitteilung des RdI an den Referenten hat die Verzögerung der Entscheidung über den neuen deutsch-finnischen Handelsvertrag in Finnland bereits für die deutsche Einfuhr ungünstige Wirkungen gehabt. Die Finnen verstehen nicht, daß Deutschland erst auf beschleunigte Änderung des alten Vertrages drängt und dann seinerseits die Entscheidung verzögert. Die Gegenwirkungen gegen die deutsche Einfuhr sollen sich bis zu Boykottmaßnahmen finnischer Handelskreise steigern“ (R 43 I /1092 , Bl. 95, hier: Bl. 95).

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