1.225.1 (mu22p): 1. Außerhalb der Tagesordnung: Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich.

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1. Außerhalb der Tagesordnung: Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich.

Der Reichsminister der Finanzen trug vor, daß Preußen im Reichsrat bei der Beratung der Novelle zum Finanzausgleich beantragt habe, dem § 35 des Finanzausgleichsgesetzes folgende Fassung zu geben:

[1583] Wenn die Anteile eines Landes, auf den Kopf seiner Bevölkerung berechnet, in einem Rechnungsjahr um mehr als zwanzig vom Hundert hinter dem Durchschnittssatze zurückbleiben, der von der Summe der Anteile der Länder auf den Kopf der Gesamtbevölkerung entfällt, so sind die Anteile des Landes für dieses Rechnungsjahr bis zur Erreichung der Grenze von zwanzig vom Hundert, jedoch nicht über ein Fünftel der Anteile des Landes hinaus, nachträglich aus den dem Reiche verbliebenen Einnahmen an Einkommensteuer und Körperschaftssteuer zu ergänzen1.

1

Der PrMinDir. Hog hatte den preußischen Antrag damit begründet, daß das Reich durch die bisherigen Abgaben im Finanzausgleich übermäßig belastet werde und nicht lebensfähige Staaten künstlich erhalten würde. Preußen fordere überhaupt die Abschaffung des § 35 (R 43 I /2389 , S. 179-183, hier: S. 179-183). Gegen die Streichung war von Lippe Einspruch erhoben worden, da sonst der Landesetat umgeworfen werde und die Lage des Landes durch die Arbeitslosigkeit der Wanderarbeiter trostlos sei (19.3.30; R 43 I /2389 , S. 169 f., hier: S. 169 f.). Zum Finanzausgleich siehe RGBl. 1926 I, S. 208  und die Novelle im RGBl. 1927 I, S. 93 . Der Abänderungsantrag Preußens betrifft die Herabsetzung von einem Drittel auf ein Fünftel der Anteile des Landes.

Er habe sich mit diesem Antrag in der Ausschußsitzung des Reichsrats einverstanden erklärt, lege aber Wert darauf, diese Erklärung des Einverständnisses in der heute stattfindenden Vollsitzung des Reichsrats, in welcher die Novelle vom Reichsrat verabschiedet werden soll, namens der gesamten Reichsregierung wiederholen zu können.

Das Kabinett war hiermit einverstanden.

Der Reichsminister der Justiz hatte in der Aussprache erklärt, daß nach seiner Meinung die Bestimmung des § 35 vollständig verschwinden müsse. Er widerspreche dem Grundsatz der Eigenstaatlichkeit, wonach kein Land aus dem Steuereinkommen des Reichs mehr erhalten dürfe, als in dem Lande selbst aufkomme.

Der Reichspostminister erklärte, daß er gegenteiliger Auffassung sei. Nach seiner Meinung müsse im Finanzausgleich den individuellen Verhältnissen der Länder Rechnung getragen werden.

Der Reichskanzler wies darauf hin, daß es sich im gegenwärtigen Stadium der Dinge ja nur um eine Zwischenlösung des Finanzausgleichs handele, und daß die endgültige Bereinigung der Frage für die Beratung des endgültigen Finanzausgleichs vorbehalten bleiben müsse. Er bat daher, das Thema jetzt nicht weiter zu vertiefen2.

2

Der RR nahm den vorläufigen Finanzausgleich am 26. 3. mit 49 gegen 17 Stimmen an. Bayern, Thüringen, Mecklenburg-Schwerin und Oldenburg gaben Protesterklärungen ab, außerdem drohte Mecklenburg-Schwerin mit einer Verfassungsklage (WTB vom 26. 3.; R 43 I /2389 , S. 171, hier: S. 171).

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