2.25.2 (str1p): 2. [Aufhebung der ¼jährlichen Vorauszahlung der Beamtengehälter.]

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Die Kabinette Stresemann I und II. Band 1Gustav Stresemann und Werner Freiherr von Rheinhaben Bild 102-00171Bild 146-1972-062-11Reichsexekution gegen Sachsen. Bild 102-00189Odeonsplatz in München am 9.11.1923 Bild 119-1426

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2. [Aufhebung der ¼jährlichen Vorauszahlung der Beamtengehälter.]10

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In mehreren Pressekonferenzen war gegen die Beamtengehälter Stellung genommen worden und zwar, wie von der Presseabteilung in einem Schreiben an den StSRkei vom 23.8.23 mitgeteilt worden war, nicht so sehr gegen die Höhe „wie gegen die Auszahlungsmethoden, durch die sehr große Geldsummen in die Hände der Beamten gelangten“. Wunsch der Pressekonferenz sei es gewesen, daß sich das RKab. mit diesem Fragenkreis befasse. In der Pressekonferenz vom 25.8.23 hatte RegR Olscher vom RFMin. ausgeführt, die Beamten hätten nach § 20 des Besoldungsgesetzes einen Anspruch auf vierteljährliche Zahlung. Überlegungen, diese Zahlungsweise aufzuheben, seien bisher aus banktechnischen Erwägungen der Reichsbank zurückgestellt worden. Dem war von einem Pressevertreter entgegengehalten worden, tatsächlich sei von Beginn des Vierteljahres an gezahlt worden: „1) am 1. Juli die Vierteljahresgehälter in ungeheurer Höhe, 2) eine weitere Nachzahlung von 3 Monaten am 8. Juli, 3) auf Grund des Abkommens vom 19. Juli eine Nachzahlung am 23. Juli für die zweite Hälfte des Monats, 4) eine Nachzahlung am 8. August für die erste Hälfte des August, 5) am 15. August diese Zahlung noch einmal in vierfacher Höhe, 6) am 23. August wiederum vertragswidrig die Nachzahlung für 6 Wochen von der Differenz zwischen 1760 und 13520%. Dadurch haben tatsächlich eine Reihe von mittleren Beamten auf ihrem Bankkonto Summen von 450 und 500 Millionen vorgefunden“ (R 43 I /2565 , Bl. 314–320, 325–351). – Bereits am 27.7.23 hatte der Verleger des „Hannoverschen Kuriers“, Walter Jaenecke in einer Denkschrift Stresemann vorgetragen: „Ein besonderer Skandal stellt die Wirtschaft des Reiches hinsichtlich der Bezahlung der Beamten dar. Die vierteljährliche Vorausbezahlung der Gehälter ermöglicht dem Gros der Beamten deren wertbeständige Anlage in irgendeiner Form. Unter Nichtbeachtung dieser Tatsache werden jedoch die Gehälter in halbmonatlichen bzw. monatlichen Abständen außerdem noch der Geldentwertung ‚angepaßt‘. Diese Auszahlungen ermöglichen den Beamten zu leben, ohne die vorher angelegte Vorausbezahlung überhaupt anzutasten. […] Die Gehälter werden von den hieran selbst beteiligten Ministerialdirektoren errechnet. […] Bis in die weitesten Bevölkerungskreise hinein wird hierin eine der Hauptursachen der beschleunigten Geldentwertung erblickt“ (Pol.Arch.: NL Stresemann  260). S. a. P. 5 der Vorstellungen von Raumers für die Kabinettsarbeit in Anm. 2 zu Dok. Nr. 1.

[129] Außerhalb der Tagesordnung verliest der Reichskanzler eine geplante Pressenotiz, derzufolge das Reichskabinett sich für eine Aufhebung der ¼jährlichen Vorauszahlung der Beamtengehälter eingesetzt hat11.

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In R 43 I konnte eine derartige Pressenotiz nicht ermittelt werden, doch meldete „Die Zeit“, Nr. 198 v. 29.8.23, unter der Überschrift „Die Bezüge der Beamten“, in einer Besprechung im RFMin. mit Vertretern der Länderregierungen und Kommunalorganisationen sei die Notlage von Ländern und Gemeinden auf Grund der Wirtschaftslage, Geldentwertung und der daraus resultierenden Gehalts- und Lohnveränderungen erörtert worden. Von allen Seiten sei gefordert worden, „daß die vierteljährlichen Vorauszahlungen der Beamtenbezüge mit Rücksicht auf diese Entwicklung und die Unmöglichkeit der Beschaffung der erforderlichen Zahlungsmittel künftig eingestellt werden sollten wobei auf die besonderen Verhältnisse des besetzten Gebietes Rücksicht zu nehmen sei.“ In beinahe allen Punkten sei Einigkeit erzielt worden.

Der Reichsminister des Innern regt an, die Vertreter der Presse zu dieser Frage zusammenzuberufen.

Das Kabinett beschließt dementsprechend12.

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Mitteilungen über die Pressekonferenz waren in R 43 I nicht zu ermitteln. Stresemanns Referent Ehlers teilte dem RFM am 31. 8. mit, die VO zur Stornierung der Vierteljahreszahlungen müsse bis zum 12. 9. in Kraft treten, „um die Sache überhaupt technisch durchzuführen“ (R 43 I /2565 , Bl. 352). In den Beamtenverbänden löste die entsprechende Pressemitteilung vielfältige Proteste aus. Und die Abteilung Fulda der Reichszentrale für Heimatdienst charakterisierte die Folgen der Veränderung in der Beamtenschaft: „Geringe Dienstfreudigkeit, vielfach unfreundliches Verhalten gegenüber dem Publikum, starke Verstimmung gegen die Republik. Äußerungen wie: ‚In der Republik ist kein Platz für ein Berufsbeamtentum‘ oder ‚für eine Regierung und eine Republik, die uns unsere Rechte nehmen will, braucht man sich kein Bein auszureißen‘ und noch schlimmere hört man allenthalben von Beamten“ (R 43 I /2566 , Bl. 7–22). Zum Fortgang s. Dok. Nr. 40, P. 5.

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