2.92 (str1p): Nr. 92 Der Reichswehrminister an sämtliche Landesregierungen, Berliner Vertretungen, Gruppenkommandos und Wehrkreise. 29. September 1923

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[406] Nr. 92
Der Reichswehrminister an sämtliche Landesregierungen, Berliner Vertretungen, Gruppenkommandos und Wehrkreise. 29. September 1923

R 43 I /2708 , Bl. 171 Umdruck1

1

Das Schreiben ist dem nicht abgedruckten Aktenzeichen nach im Truppenamt entworfen worden.

[Betrifft: Einsetzung von Regierungskommissaren.]

Von verschiedenen Landesregierungen ist der Wunsch geäußert worden, für ihr Gebiet einen eigenen Regierungskommissar zu erhalten2. Dieser Wunsch entspringt dem berechtigten Verlangen, nur solchen Persönlichkeiten einen Einfluß auf die internen Angelegenheiten der Länder zuzugestehen, die mit den örtlichen Verhältnissen vertraut sind.

2

Vgl. Dok. Nr. 85 u. 88. – Nach einer nicht gezeichneten, wahrscheinlich von StS von Rheinbaben stammenden Aufzeichnung über ein Gespräch mit dem sächs. Gesandten in Berlin Poetzsch hatte der Ausnahmezustand in Sachsen Überraschung hervorgerufen und MinPräs. Zeigner habe die Einsetzung des Innenministers Liebmann als Zivilkommissar gewünscht. Andere Ernennungen wie etwa die des früheren Ministerpräsidenten Buck würden als unfreundlicher Akt angesehen, es werde dann dagegen protestiert werden. Nach Auskunft von Schleichers sei die Angelegenheit dem RWeM bereits bekannt. Damit keine Schwierigkeiten entstünden, werde für Sachsen voraussichtlich kein Zivilkommissar ernannt (R 43 I /2309 , Bl. 120).

Es liegt hier jedoch offensichtlich eine nicht ganz zutreffende Beurteilung des Wesens des militärischen Ausnahmezustandes und insbesondere der Aufgaben des Regierungskommissars vor.

Der militärische Ausnahmezustand soll für Zeiten gespannter Lage die sonst fehlende Reichsexekutive schaffen.

Die Interessen der Länder werden hierbei dadurch am besten gewahrt, daß die Militärbefehlshaber und die Landesregierungen in engem unmittelbarem Einvernehmen arbeiten. Die Militärbefehlshaber haben entsprechende Anweisung und es wäre nur erwünscht, wenn auch die Landesregierungen ihrerseits engste Fühlungnahme mit den Militärbefehlshabern anstreben würden.

Die Tätigkeit des Regierungskommissars liegt auf einem ganz anderen Gebiet; sie hat mit dem Verhältnis der Landesregierungen zu den Militärbefehlshabern nichts zu tun.

Der Regierungskommissar, – der ein Organ des Reiches ist –, vertritt weder die Interessen eines bestimmten Landes, noch berät er den Militärbefehlshaber bei Maßnahmen, die ein bestimmtes Land angehen. Er vertritt in verwaltungstechnischen Fragen dem Militärbefehlshaber gegenüber lediglich ganz allgemein die Interessen der zivilen Auffassung3.

3

S. hierzu Dok. Nr. 139.

[407] Die Ernennung von besonderen Regierungskommissaren für die einzelnen Länder ist deshalb nicht möglich, sondern sie kann nur für das gesamte Gebiet eines Militärbefehlshabers in Betracht kommen4.

4

Vgl. dazu Dok. Nr. 83, P. b.

gez. Dr. Geßler.

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