1.124 (str2p): Nr. 238 Peter Klöckner an den Reichsarbeitsminister. Unna-Königsborn, 10. November 1923

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Text

RTF

[1023] Nr. 238
Peter Klöckner an den Reichsarbeitsminister. Unna-Königsborn, 10. November 1923

R 43 I /2058 , Bl. 202/203 Durchschrift1

1

Die Durchschrift ist nicht abgezeichnet. Sie wurde dem RK von Klöckner mit der Bitte zugeleitet, sich für eine Verlängerung der Arbeitszeit einzusetzen: „Die jetzigen Verhältnisse sind unhaltbar und führen zu Zuständen, an die man gar nicht denken darf“ (R 43 I /2058 , Bl. 201).

[Betrifft: Arbeitszeit.]

Sehr verehrter Herr Minister!

Die Lage des rheinisch-westfälischen Wirtschaftslebens wird von Tag zu Tag unerträglicher2. Die Zahl der Arbeitslosen wächst, weil ein Betrieb nach dem anderen gezwungen ist, stillzulegen, zum Teil als Folge der allgemeinen auch Ihnen bekannten Verhältnisse, zum großen Teil aber nur deshalb, weil wir durch die Arbeitsgesetzgebung nicht in der Lage sind, von unseren Arbeitern die Verlängerung der Arbeitszeit zu verlangen, die zwingend notwendig ist, weil ohne diese Mehrarbeit kein Betrieb – und zwar ohne Ausnahme – in Deutschland in der Zukunft existieren kann.

2

Vgl. hierzu Dok. Nr. 233, P. 1 sowie Dok. Nr. 245.

Ich will hier in diesem Schreiben nichts von meinem persönlichen Ärger und der kaum noch zu ertragenden Aufregung sprechen, daß die Reichsregierung noch immer nicht den Weg gefunden hat, um den 17 Doppelschachtanlagen des unbesetzten Gebietes die 8½-stündige Arbeitszeit des Friedens zu ermöglichen3. Tausende und Tausende Tonnen engl. Kohlen müssen täglich mit Devisen eingeführt werden, weil wir hier die Förderung durch die Verlängerung der Arbeitszeit nicht erhöhen dürfen. Ich muß aber hier ausdrücklich erwähnen – ich tue dieses, weil ich als Deutscher hierzu verpflichtet bin –, daß in dem besetzten Gebiet kein Betrieb wieder die Arbeit aufnehmen kann, ohne daß die Arbeitszeit auf die Friedensarbeitszeit erhöht wird. Ich erwähne hier ausdrücklich, daß auch der Phoenix und die Rheinstahlwerke, welche das Abkommen mit den Franzosen bereits vor 4 Wochen unterschrieben haben4, mit sämtlichen Werken noch stilliegen und sich nur darauf beschränken, die frei gewordenen Vorräte zu verkaufen und zu versenden. Auch diese Werke haben sich überzeugen müssen, daß die Unterzeichnung des Abkommens mit den Franzosen allein den Ausweg aus dem Elend nicht bedeutet. Auch diese Werke haben ausgerechnet, daß die Verluste ohne Verlängerung der Arbeitszeit so groß sind, daß die Wirtschaftsgebilde diese nicht tragen können.

3

Zum Stand der Gesetzgebung für Arbeitszeit s. Dok. Nr. 132.

4

S. Dok. Nr. 123 und Dok. Nr. 125, P. 6.

Ich bitte Sie deshalb, sehr verehrter Herr Minister, inständigst und dringend, doch alles aufzubieten, um eine Verfügung herauszubringen, die uns die Einführung der verlängerten Arbeitszeit ermöglicht. – Auf unseren Eisenwerken drängen sich die Arbeiter geradezu zu der Arbeit heran. Ganze Gruppen[1024] wollen gern 10 Stunden und auch 12 Stunden arbeiten, wenn sie nur wieder verdienen und ihre Familien in eine bessere Lebensbedingung bringen können.

Helfen Sie uns also, sehr verehrter Herr Minister, bevor es zu spät ist, und schaffen Sie uns umgehend die Unterlagen für die Wiederaufrichtung des Wirtschaftslebens5.

5

Eine Reaktion auf dieses Schreiben konnte nicht ermittelt werden.

Mit den freundschaftlichsten Grüßen

Ihr sehr ergebener

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