2.26.7 (vsc1p): 7. Außerhalb der Tagesordnung: Zuziehung von Sachbearbeitern zu Ministerbesprechungen.

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7. Außerhalb der Tagesordnung: Zuziehung von Sachbearbeitern zu Ministerbesprechungen.

Der Reichskanzler erinnerte an die Bestimmung der Geschäftsordnung der Reichsregierung § 30 Abs. 3, in der es heißt:

„Hält ein Reichsminister die Zuziehung eines Beamten seines Ministeriums außer dem Staatssekretär für erwünscht, so hat er dies unter Benennung des Beamten schriftlich anzuzeigen. Über die Zulassung zur Sitzung entscheidet der Vorsitzende. Der Beamte nimmt an der Sitzung nur für die Dauer der Verhandlung über den Punkt, zu dem er zugezogen ist, teil.“

Er bat, von den Möglichkeiten dieser Bestimmung der Geschäftsordnung einen möglichst beschränkten Gebrauch zu machen.

[Anlage zu P. 3: Entwurf einer Verordnung zur Förderung des inneren Friedens11.]

11

Der nachfolgende Text wird sinngemäß in der Tagespresse als amtliche Mitteilung abgedruckt. Wörtlich übernommen sind vor allem die Passagen, die den Inhalt der VO referieren; Abweichungen betreffen die allgemeinen Absichtserklärungen der RReg. sowie eine in der Kabinettssitzung vorgenommene Abänderung des VOEntw. (WTB-Meldung Nr. 2711 vom 20.12.1932 in: R 43 I /2701  b; DAZ, Nr. 596 vom 20.12.1932).

R 43 I /1458 , S. 549–533 Durchschrift

Die Zuspitzung der innerpolitischen Gegensätze hat in den letzten Jahren zu Ausschreitungen geführt, die in immer stärkerem Maße den öffentlichen Frieden gefährdet haben. Die früheren Regierungen haben sich daher gezwungen gesehen, die Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte durch eine Reihe vorbeugender Maßnahmen zu beschränken12. In der Hoffnung, daß die innerpolitischen[123] Gegensätze in unserem Volke sich entspannen werden und daß durch eine Beseitigung der bestehenden Ausnahmevorschriften die Entspannung gefördert wird, hat der Herr Reichspräsident auf Vorschlag der Reichsregierung die Verordnungen gegen politische Ausschreitungen und gegen den politischen Terror aufgehoben. Damit sind außer den verschärften Strafvorschriften dieser Verordnungen u. a. alle diejenigen Bestimmungen in Fortfall gekommen, die das Versammlungsrecht und die Presse über die normalen gesetzlichen Vorschriften hinaus beschränkt haben. Die Reichsregierung gibt sich der Erwartung hin, daß die politischen Meinungsverschiedenheiten künftig in der Öffentlichkeit in einer Form ausgetragen werden, die des deutschen Volkes würdig ist. Sie richtet insbesondere an die Presse aller Richtungen den dringenden Appell, von der wiedergewährten Freiheit von verwaltungsmäßigen Eingriffen den Gebrauch zu machen, der ihrer hohen Aufgabe entspricht, maßgebend an der Bildung der öffentlichen Meinung in Deutschland mitzuarbeiten.

12

Vgl. Dok. Nr. 1, Anm. 8.

In der Aufhebungsverordnung ist bestimmt, daß Verstöße gegen die bisherigen Ausnahmevorschriften, soweit sie nicht etwa schon unter die vom Reichstag beschlossene Amnestie13 fallen, künftig nicht mehr verfolgt werden. Die Strafmilderungsvorschriften der Verordnung gegen politische Ausschreitungen vom 14. Juni 1932 sind ausdrücklich aufrechterhalten. Auch ist das sofortige Außerkrafttreten der auf Grund der bisherigen Vorschriften erlassenen Zeitungsverbote ausgesprochen worden.

13

Vgl. Dok. Nr. 24, P. 3.

Um einen übersichtlichen Rechtszustand zu schaffen, erschien es angebracht, im Zusammenhang mit der Aufhebung der politischen Notverordnungen schon jetzt das Republikschutzgesetz außer Kraft zu setzen, dessen Geltungsdauer am 31. Dezember d.J. ablief14. Ein ersatzloser Fortfall dieses Gesetzes war allerdings nicht möglich, da in ihm Vorschriften enthalten sind, die zur Sicherung des öffentlichen Lebens gegen friedenstörende Angriffe nicht entbehrt werden können15. Es sind daher in die neue Verordnung einige Vorschriften des Republikschutzgesetzes übernommen worden, für deren dauernde Beibehaltung ein Bedürfnis besteht. Es handelt sich hierbei in erster Linie um Ergänzungen des Strafgesetzbuchs nach drei Richtungen hin: Die Verabredung zu Verbrechen gegen das Leben bleibt weiterhin unter Strafe gestellt. Dasselbe gilt für Gewalttätigkeiten gegen den Reichspräsidenten und öffentliche Beschimpfung oder Verleumdung des Reichspräsidenten. Ferner war zur Aufrechterhaltung der Staatsautorität ein dauernder Schutz des Staates, seiner Symbole und der sich in der Wehrmacht verkörpernden Hoheitsbefugnisse des Staates gegen Verhetzungen notwendig. Es ist daher in das Strafgesetzbuch eine Strafvorschrift gegen den eingefügt, der öffentlich das Reich oder eines der Länder, ihre Verfassung, ihre Farben oder Flaggen oder die deutsche Wehrmacht beschimpft oder böswillig und mit Überlegung verächtlich macht. Abgesehen von diesen drei Strafvorschriften[124] sind aus dem Republikschutzgesetz mit gewissen Modifikationen nur diejenigen Vorschriften übernommen worden, die der Sicherung des Staates gegen hochverräterische Angriffe dienen. Es sind dies die Vorschriften über Zuständigkeit und Verfahren bei Auflösung von Vereinen, die hochverräterische Zwecke verfolgen und die Möglichkeit, periodische Druckschriften dann auf gewisse Zeit zu verbieten, wenn durch ihren Inhalt die Strafbarkeit einer der in den §§ 81 bis 86 StGB bezeichneten Handlungen begründet wird16.

14

Vgl. Ges. zum Schutze der Republik vom 25.3.1930 (RGBl. I, S. 91 ).

15

Die gleiche Ansicht war Ende November in Ressortbesprechungen geäußert worden, aus denen unter Federführung des RIMin. ein VOEntw. zur Verlängerung und Verschärfung der VO des RPräs. gegen politische Ausschreitungen hervorgegangen war (RIM v. Gayl an alle Reichsminister, 1.12.1932, R 43 I /2701  b, Bl. 303–309).

16

Die in Anm. 11 zit. WTB-Meldung geht an dieser Stelle über die Vorlage wie folgt hinaus: „Diese Vorschriften sind dahin ergänzt worden, daß ein Verbot periodischer Druckschriften auch wegen einer landesverräterischen Veröffentlichung zulässig ist.“

Abgesehen hiervon enthält die neue Verordnung nur noch zwei Vorschriften, auf deren dauernde Beibehaltung im Interesse des Staatswohles nicht verzichtet werden kann: Die schon im Reichsvereinsgesetz ausgesprochene, vor einiger Zeit aber vom Reichsgericht aus formellen Gründen für nicht mehr anwendbar erklärte Befugnis der Polizei, Beauftragte in öffentliche Versammlungen zu entsenden, muß auch weiterhin gegeben sein. Ebenso mußte aus Gründen der öffentlichen Sicherheit die am 31. Dezember d.J. endende Geltungsdauer des § 3 des Waffenmißbrauchgesetzes17 bis auf weiteres verlängert werden, wonach eine erhöhte Mindeststrafe den trifft, der bewaffnet gemeinsam mit anderen zu politischen Zwecken an öffentlichen Orten erscheint.

17

Ges. gegen Waffenmißbrauch vom 28.3.1931 (RGBl. I, S. 77 ).

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