2.216.5 (wir1p): 5. Belieferung des Stickstoffwerks Leuna mit Koks.

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5. Belieferung des Stickstoffwerks Leuna mit Koks.

Staatssekretär Huber trägt den Inhalt der Zuschrift des Herrn Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft vom 25. Februar vor5 und beantragt eine Mehrbelieferung der Leunawerke mit Koks, da sonst die Stickstoffproduktion eingeschränkt werden müsse, was für die Landwirtschaft unerträglich sei. Das Kohlensyndikat habe die Mehrbelieferung mit Rücksicht auf den früheren Kabinettsbeschluß abgelehnt6. Er bitte, diesen Kabinettsbeschluß einzuschränken dahin, daß den Leunawerken etwa täglich 260 t Koks mehr geliefert werden könnten.

5

Der REM hatte am 25.2.22 dazu in einem Schreiben an die Rkei ausgeführt: „Nach Mitteilung des Stickstoffsyndikats stehen infolge der unzureichenden Belieferung mit Koks Einschränkungen in der Erzeugung bei dem Leunawerk unmittelbar bevor, andererseits ist eine regelmäßige Stickstofferzeugung gerade jetzt, wo die Frühjahrsbestellung einsetzt, im Interesse einer Steigerung der inländischen, landwirtschaftlichen Erzeugung unbedingt erforderlich. Da selbst die derzeitige Stickstofferzeugung nicht zur völligen Deckung des Bedarfs der deutschen Landwirtschaft ausreicht, ist die Einfuhr von Chilesalpeter, die aus verschiedenen Gründen aber nur in sehr beschränktem Umfange möglich ist, in die Wege geleitet. Umso mehr erscheint eine in naher Sicht stehende wesentliche Einschränkung der inländischen Stickstofferzeugung unerträglich. Vom Stickstoffsyndikat wird für die Kokslieferung im Monat März eine Mehrlieferung von ungefähr 8000 t gefordert.“ (R 43 I /2186 , Bl. 122). In einem Schreiben der Badischen Anilin & Sodafabrik an die Rkei vom 7.3.22 wird über die Auswirkung des Koksmangels näher ausgeführt: „Infolge jeder fehlenden Tonne Koks sinkt automatisch die Stickstoff-Produktion um 440 kg. Die für März verlangten 38 000 t Koks entsprechen der derzeitigen Leistungsfähigkeit der Apparatur. Ein Ausfall von 3000 t Koks ist gleichbedeutend mit einer Einschränkung der Stickstoffproduktion um 1320 t, kommt sie nach einem Ausfall von 528 000 Ztr Getreide im Monat gleich.“ (R 43 I /2186 , Bl. 128 f.).

6

Siehe Dok. Nr. 160, P. 2.

Staatssekretär Müller betont, daß jetzt schon der Entente statt 20 000 t Koks täglich nur 17 000 t geliefert werden könnten. Angesichts dieser Tatsache wäre es unmöglich, von dieser Menge noch weitere Quanten abzuziehen. Er schlage vor, falls es unbedingt notwendig erscheine, für die Leunawerke eine Ausnahme zu schaffen, die Koksmenge der deutschen Industrie abzuziehen.

[594] Geheimrat Brecht führt aus, daß den Leunawerken schlesischer Koks zur Verfügung gestellt worden sei. Diesen Koks könne das Werk noch weiter beziehen, es ziehe aber offenbar vor, den billigeren Ruhrkoks zu erhalten.

Staatssekretär von Simson hält eine Kürzung der Ententelieferung für unmöglich.

VizekanzlerBauer stellt fest, daß

1.

der Stickstoffindustrie unbedingt geholfen werden muß,

2.

daß keine Abzüge von den Ententekohlenmengen stattfinden dürfen, und

3.

daß, da nach Angabe des Reichskohlenkommissars etwa 150 000 t Koks im Ruhrgebiet auf Halden liege, die Überweisung von täglich 260 t Koks an die Leunawerke lediglich eine Transportfrage darstelle.

Das Kabinett beschließt, den Reichskohlenkommissar zu ermächtigen, ohne die Ententelieferungen in irgendeiner Weise einzuschränken, die geforderte Menge [8000 t Koks monatlich] nach Vereinbarung mit dem Reichsverkehrsministerium aus den Haldenbeständen des Ruhrgebiets zu liefern.

Reichsminister Schmidt bittet noch nachprüfen zu lassen, ob tatsächlich die Leunawerke nur aus Preisgründen den schlesischen Koks abgelehnt haben7.

7

Am 10.3.22 hält Kempner in einem Vermerk fest: „GR Brecht (Reichskohlenkommissar) teilt telefonisch auf Befragen mit, daß die Leunawerke z. Z. 36 000 t Koks aus dem Ruhrrevier u. 1500 t aus Schlesien bekommen, also im Ganzen 37 500 t monatlich, das ist 1500 t mehr als durch Kabinettsbeschluß vorgesehen. Die Badische Anilinfabrik habe sich ihm gegenüber heute sehr zufrieden über die Belieferung ausgesprochen. Staatssekretär Huber ist verständigt.“ (R 43 I /2186 , Bl. 130).

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