2.222.2 (bru1p): 2. a) Entwurf eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für die notleidenden Gebiete des Ostens. b) Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung.

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2. a) Entwurf eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für die notleidenden Gebiete des Ostens.
b) Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung.

Nach einleitenden Erklärungen des Reichsministers Treviranus gab Ministerialdirektor Wachsmann eine ausführliche Darstellung des vorgelegten Entwurfs eines Osthilfegesetzes1 sowie der Gegenvorschläge des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft2.

1

Der GesEntw. war gemäß dem Kabinettsbeschluß vom 19.12.30 (Dok. Nr. 208) ausgearbeitet und in zwei Ressortbesprechungen beraten worden (1. Entw. vom 31.12.30, R 43 I /1805 , Bl. 292–306, Aufzeichnungen über die Besprechungen vom 6. und 12.1.31 in R 43 I /1805 , Bl. 343–357, Bl. 421–428). Der GesEntw. sah die besondere Förderung der Neusiedlung vor. Zur Umschuldung sollten in den Jahren 1931–1936 insgesamt 200 Mio RM bereitgestellt werden; für die Betriebssicherung sollten 1932–1935 mindestens 100 Mio RM aufgebracht werden. Zur Lastensenkung (Realsteuern, Frachtenerleichterung, Senkung der Schiffahrtsabgaben auf dem Königsberger Kanal) sollten 1932–1935 Reichsmittel in mindestens gleicher Höhe wie 1931 bereitgestellt werden. Für sonstige wirtschaftliche, soziale, gesundheitliche und kulturelle Zwecke waren 100 Mio RM für die Jahre 1932–1935 vorgesehen. Zum Bau von Eisenbahnstrecken sollten der RB 130 Mio RM als Darlehen vom Reich zur Verfügung gestellt werden. Ein besonderer GesEntw. zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung ermächtigte die RReg., Bürgschaften für Siedlungen zu übernehmen. Die Gesamthöhe der Bürgschaften sollte jährlich durch das Reichshaushaltsgesetz festgestellt werden. Für das Rechnungsjahr 1931 sollte die Bürgschaft 150 Mio RM nicht übersteigen (Gesetzentwürfe mit Anschreiben von Treviranus und StS Krüger vom 13.1.31 in R 43 I /1805 , Bl. 385–403).

2

Der REM hatte mit Schreiben vom 14.1.31 an den StSRkei die Gesetzentwürfe als unzureichend für die Bedürfnisse der Landwirtschaft abgelehnt. Er hatte eine Ausdehnung der Osthilfe auf ganz Pommern, Brandenburg, Niederschlesien und auf Mecklenburg spätestens ab 1.4.32 gefordert. Ebenfalls ab 1.4.32 sollte nach den Vorstellungen des REM die Industrieaufbringungsumlage zur Kreditgewährung an die Landwirtschaft verwendet werden. Mindestens 150 Mio RM sollten für die Lastensenkung ausgegeben werden. Die übrigen Vorschläge deckten sich mit den Anregungen, die der REM dem RK in seinem Schreiben vom 23.12.30 (Dok. Nr. 208, Anm. 8) mitgeteilt hatte (Schreiben des REM vom 14.1.31 in R 43 I /1805 , Bl. 411–419). MinR Feßler hatte in seinem Referentenvortrag vom 20.1.31 zu den Vorschlägen des REM bemerkt, daß die Industrie kaum ihr Angebot, die Aufbringungsumlage zugunsten der Landwirtschaft weiter zu erheben, aufrechterhalten werde, wenn die Landwirtschaft sich den Forderungen der Grünen Front (s. Dok. Nr. 221) anschließe (R 43 I /1805 , Bl. 407–408).

[795] Der Vizekanzler der die Leitung der Sitzung übernahm, nachdem sie der Reichskanzler verlassen hatte, hielt es für notwendig, daß der Entwurf mit den Vorschlägen des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft zusammengearbeitet würde, da die Vorlage für das Kabinett keine ausreichende Verhandlungsbasis bilden könnte.

Reichsminister Treviranus trat für eine Entscheidung darüber ein, daß

1.

über die Gesetzesvorlage hinaus keine weitere Belastung des Reichsetats vorgesehen werden dürfe und

2.

vom 1. April 1932 an die Industrieobligationen für die Osthilfe freigegeben würden bis auf 80 Millionen, die dem Reichsetat zufließen sollten. Im übrigen sollte diese Frage in Ressortbesprechungen geklärt werden.

3.

Auch über die bisherigen Zugeständnisse hinaus sollten keine Reichsbürgschaften weiter übernommen werden.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte hierzu, daß er nicht in der Lage sei, für das Jahr 1932 und die folgenden Jahre Erklärungen über die Freigabe der Industrieobligationen abzugeben. Sollte der Reichstag den ihm vorgelegten Etat ordnungsmäßig verabschieden, dann würde er allerdings sich mit der Freigabe der Industrieobligationen in dem gwünschten Ausmaße einverstanden erklären können.

Jedenfalls müßten zunächst für 1931 Mittel beschafft werden. Würde der Silverbergsche Plan3 durchgeführt, dann sei eine neue Grundlage für das Verfahren gegeben, da die Bank unter eigener Verantwortung ihre Maßnahmen treffen wolle. Es sei ein Hauptvorteil des Plans, daß dann das Reich aus dieser Angelegenheit ausscheide.

3

S. Dok. Nr. 221, Anm. 14.

Auf die Frage, ob die Änderung des Rentenbankkreditanstaltsgesetzes notwendig sei4, befürwortete der Reichsminister Treviranus diese Änderung.

4

Vgl. dazu Dok. Nr. 195, Anm. 2.

Der Preußische Finanzminister sprach sich entschieden dagegen aus. Die Voraussetzungen der Novelle seien weggefallen. Käme es zur Durchführung des Silverbergschen Planes, dann müßte eine neue Gesetzesänderung eintreten. Über die Ausdehnung des Personalkreditgeschäfts der Rentenbankkreditanstalt ließe sich reden. Im übrigen hielt er es für unmöglich, Vorfinanzierungspläne oder Ausdehnung der Kreditoperationen durchzuführen. Bestimmungen über den Silverbergschen Plan dürften deswegen nicht in den Entwurf aufgenommen werden.

[796] Preußen habe sich bisher an den Bürgschaften des Reiches zur Hälfte beteiligt. Auch an der inneren Umschuldung. Es sei auch weiter bereit, Bürgschaften in dieser Weise zu übernehmen, lehne aber entschieden ab, zugunsten eines Dritten Bürgschaften einzugehen.

Aufwendungen für Siedlung seien denen vor Umschuldung vorzuziehen, da der Ausfall von Großgrundbesitzern volkswirtschaftlich gleichgültig, die Ansetzung von Siedlern aber außerordentlich wichtig sei5.

5

Folgender Absatz des Protokolls wurde nachträglich gestrichen: „4. Auf Vorschlag des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft wird der Entwurf einer Novelle zum Rentenbankkreditgesetz zum Gegenstand von Verhandlungen der Finanzminister des Reichs und der Länder, des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft und des Vorstandes der Rentenbank-Kreditanstalt gemacht werden.“

Der Reichsminister der Finanzen stellte als Ergebnis der Beratungen folgendes fest:

1.

Zur Umschuldung im Osthilfegebiete stehen zur Verfügung

50 Millionen Reichsmark Etatsmittel,

50 Millionen Reichsmark Mittel der Rentenbankkreditanstalt,

25 Millionen Reichsmark Mittel der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse. Hinzu kommen für innere Umschuldung 35 Millionen Reichsmark Reichs- und Staatsgarantie.

2.

Die Gründung einer Ablösungsbank ist nicht beabsichtigt6. Zur Befriedigung der Gläubiger des organisierten Kredites werden aber die Rentenbankkreditanstalt und die Preußenkasse Ablösungsscheine ausgeben, die von der Reichsbank lombardiert werden sollen. Für den Umlauf kommen sie nicht in Frage.

3.

Der Reichsminister der Finanzen machte seine Zustimmung zur Inanspruchnahme der Industrieobligationen für die Umschuldung in Anlehnung an den Silverbergschen Plan von der ordnungsmäßigen Annahme des Etats für 1931 durch den Reichstag abhängig.

4.

Der Entwurf eines Osthilfegesetzes soll unter Beachtung dieser Punkte aufgestellt werden7.

5.

Über die Novelle zum Gesetze über die Errichtung der Deutschen Rentenbankkreditanstalt wird am 22. Januar eine Besprechung der zuständigen Ministerien des Reichs und Preußens mit dem Vorstand der Rentenbankkreditanstalt stattfinden8.

6

Die Gründung einer Ablösungsbank war im ersten OsthilfegesEntw. vorgesehen: s. Dok. Nr. 34, P. 1.

7

Vgl. Dok. Nr. 230 und Dok. Nr. 233.

8

Nicht zu ermitteln.

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