2.61.2 (bru1p): 2. Bericht über den Stand der Saarverhandlungen.

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2. Bericht über den Stand der Saarverhandlungen1.

1

Vgl. hierzu Dok. Nr. 10 und Dok. Nr. 38, Anm. 10.

Der Reichsminister des Auswärtigen berichtete, gestützt auf die Berichtstelegramme der deutschen Delegation in Paris, über den gegenwärtigen Stand der Saarverhandlungen2.

2

In einer Unterredung mit ArbM Pernot hatte StS v. Simson ein dt. Nachgeben in der Grubenfrage abgelehnt (Telegramm v. Simsons vom 24.6.30 in R 43 I /249 , Bl. 192–194). Auch Botschafter v. Hoesch hatte Außenminister Briand gegenüber „mit großem Nachdruck ausgeführt, daß Zugeständnisse in Frage Eigentum und Ausbeutung Minen unsererseits jetzt und auch später ausgeschlossen seien und daß es deshalb nötig sei, daß Französische Regierung endgültig verzichte, wenn nicht Verhandlungen zum Stillstand kommen sollten. Briand erklärte vertraulich, er habe niemals an Möglichkeit geglaubt, daß deutscherseits Konzessionen in Frage Mineneigentums gemacht werden würden, wohl aber habe er Herbeiführung einer Zusammenarbeit im Wege gemeinschaftlicher Ausbeutung gewünscht und wünsche das auch heute noch. In seinen Unterredungen mit Stresemann sei auch immer Rede von ‚collaboration‘ gewesen. Ich entgegnete, Wahrung Eigentums unter auch nur teilweiser Preisgabe der Ausbeutung würde ‚camouflage‘ bedeuten, den Reichsregierung und Preußische Regierung ebensowenig mitmachen könne wie Eigentumsabtretung“ (Telegramm Hoeschs Nr. 629 vom 26.6.30 in R 43 I /249 , Bl. 196–198). Der Generalsekretär im frz. Außenministerium, Berthelot, hatte am 27. 6. eine Verhandlungspause vorgeschlagen (Telegramm Hoeschs Nr. 634 vom 27.6.30 in R 43 I /249 , Bl. 202–204). Am 28. 6. hatte ArbM Pernot StS v. Simson mitgeteilt, daß für die frz. Reg. „ein Verzicht in der Grubenfrage nicht möglich sei. Zur Begründung führte er neben dem bekannten wirtschaftlichen Gesichtspunkt das Moment an, daß Herr Tardieu bei einer anderen Stellungnahme gestürzt werden würde. Ich erwiderte ihm, daß mit dieser Erklärung die Verhandlungen vorläufig als tatsächlich gescheitert betrachtet werden müßten, denn auch für uns gäbe es in der Grubenfrage kein Nachgeben“ (Telegramm Simsons Saardel. Nr. 101 vom 28.6.30 in R 43 I /249 , Bl. 205–206). Botschafter v. Hoesch teilte Pernots Ansicht: „Es wäre irrig anzunehmen, daß französische Haltung nur auf Verständnislosigkeit, Unnachgiebigkeit und Habgier zurückzuführen sei. Französische Erklärung, Regierung würde einen Saarvertrag, der Verzicht auf französische Wünsche in Minenfrage enthalte, nicht durch Parlament bringen können, beruht vielmehr auf durchaus reeller Grundlage“ (Telegramm Hoeschs Nr. 638 vom 30.6.30 in R 43 I /249 , Bl. 207–209).

[252] Zusammenfassend erklärte er, daß die Arbeiten der Zollkommission einigermaßen vorangekommen seien, daß dagegen in den Arbeiten der Grubenkommission ein sachlicher Fortschritt nicht zu erreichen gewesen sei. Der deutsche und der französische Standpunkt stünden sich hier unüberbrückbar gegenüber. Der Führer der deutschen Delegation, Staatssekretär a. D. v. Simson, sei im Einvernehmen mit dem französischen Delegationsführer Pernot zu der Überzeugung gekommen, daß es angesichts der augenblicklichen Unmöglichkeit, sich zu einigen, richtig sei, die Verhandlungen zu unterbrechen. Es könne sich daher jetzt nur noch um die Form der Unterbrechung handeln. Er halte es für das beste, so zu taktieren, daß ein Scheitern der Verhandlungen nach außen hin nicht offenkundig werde. Man könne die Verhandlungen aus irgendeinem Vorwande vertagen mit der Abrede, sie zu einem bestimmten Zeitpunkt – etwa im November – wieder aufzunehmen. Es sei anzunehmen, daß auch die Franzosen an einer derartigen Lösung der gegenwärtigen Schwierigkeiten ein Interessen hätten.

Das Kabinett ermächtigte den Reichsminister des Auswärtigen nach kurzer Aussprache, den Führer der deutschen Delegation in Paris im Sinne seiner Vorschläge mit Weisungen zu versehen3.

3

In einem gemeinsamen Kommuniqué stellten die beiden Delegationen fest, daß in beiderseitigem Einvernehmen die Verhandlungen demnächst suspendiert würden; beide Regierungen würden prüfen, ob eine Erfolg versprechende Wiederaufnahme der Verhandlungen, die für Oktober in Aussicht genommen sei, möglich sein werde (Telegramme Simsons Saardel. Nr. 104 und 105 vom 6.7.30 in R 43 I /249 , Bl. 226–229; veröffentlicht von WTB Nr. 1361 vom 7.7.30 in R 43 I /249 , Bl. 230). Die Saarverhandlungen sind nicht wieder aufgenommen worden.

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