1.162.3 (bru2p): 3. Stillhalteverhandlungen.

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3. Stillhalteverhandlungen.

Der Reichsbankpräsident berichtete über die Verhandlungen, die mit den Ausländern über das Stillhalteproblem gepflogen worden seien14. Sie seien zufriedenstellend verlaufen, umfaßten aber nur die ausländischen Banken, nicht die ausländischen Gläubiger anderer Art. Letztere könnten nicht erfaßt werden. Deswegen werde es notwendig sein, die Devisenverordnung wie geplant zu erlassen und die ausländischen Banken von ihren Bestimmungen auszunehmen15.[1450] Für Einfuhrzwecke und ähnliches müßten Sonderausnahmen möglich sein.

14

Auf Vorschlag des RbkPräs. beriet seit dem 27.7.31 eine dt.-amerik.-brit. Kommission in Berlin über das Stillhalten privater ausländischer Gläubiger (Luther, Vor dem Abgrund, S. 207).

15

S. Dok. Nr. 411, P. 1, Dok. Nr. 413 und Dok. Nr. 425.

Die Vereinbarung ginge dahin, daß die ausländischen Bankgläubiger mit 10–20% ihrer bisherigen Forderungen auf die Golddiskontbank übernommen werden können, und daß für den Rest der Forderungen die alten Schuldner weiter haften. Es habe die Gefahr bestanden, daß die völlige Übernahme der Schulden auf die Golddiskontbank gefordert würde.

Trotz dieser sehr günstigen Vereinbarung habe sich das Sieben-Männerkollegium der Golddiskontbank nicht einverstanden erklärt.

Reichsbankvizepräsident DreyseDreyse berichtete weiter, Anfang Juli sei die Golddiskontbank durch die Wirtschaftsgarantie von 500 Millionen unterbaut worden, damit sie auch für größere Auslandskredite als Durchgangsstelle dienen könne16. Jetzt käme das Stillehalten für etwa 600 Millionen in Frage. Die Golddiskontbank habe in den letzten 8–10 Tagen in diesem Sinne verhandelt.

16

S. Dok. Nr. 370, P. 1 und Dok. Nr. 372, Anm. 3.

In der Sitzung des Sieben-Männer-Ausschusses17, die eben stattgefunden habe, habe Geheimrat Schmitz der vorgeschlagenen Regelung widersprochen. Er wolle die Golddiskontbank gleichsam als unbeschriebenes Grundbuchblatt zur Sicherheit für einen größeren längerfristigen Kredit freihalten. Die Aussichten hierfür seien in London eröffnet worden18. Er halte dies für so wichtig, daß alle anderen Fragen zurücktreten müßten. Eine Verfügung über die Golddiskontbank ohne Kenntnis der zuständigen Gremien sei aber nach seiner Auffassung unmöglich. Geheimrat Schmitz betrachte sich als Vertreter der Industrie, der die Hauptlasten zufielen, wenn es zu Schaden käme. Er verlange deswegen ein Vetorecht. Dem könne die Golddiskontbank nicht zustimmen.

17
 

An den Stillhalteverhandlungen nahmen der amerik. Bankier Cannon, der brit. Bankier Tiarks und als dt. Bankenvertreter Fürstenberg, Jeidels, Löb, Schlieper und Spiegelberg teil (Luther, Vor dem Abgrund, S. 207).

18

Vgl. Dok. Nr. 405, Anm. 2 und Dok. Nr. 408, P. 2.

Es sei unmöglich, den Ausländern zu sagen, der Vorschlag lasse sich nicht verwirklichen. Die Bank sei durch Verhandlungen über einen längerfristigen Kredit blockiert, die in London gepflogen worden seien. Es bestehe die Gefahr, daß die Herren bereits am nächsten Tage abreisen würden.

Geheimrat SchmitzSchmitz führte hierzu folgendes aus: Die Garantie der deutschen Wirtschaft für die Golddiskontbank sei als Unterlage neuer Kredite gedacht. Durch Inanspruchnahme für alte dürfe sie nicht belastet werden. Jedenfalls könne er dafür keine Verantwortung tragen. Die Franzosen hätten erklärt, über die Gewährung neuer Kredite ließe sich sprechen. Er sei aber bereit, sich überstimmen zu lassen.

Dr. Melchior widersprach der Auffassung des Vorredners. Ihm schlossen sich der Reichsbankpräsident, Staatssekretär Dr. Schäffer, Staatssekretär Trendelenburg und insbesondere der Reichskanzler an. Sie beurteilten übereinstimmend die Möglichkeit, längerfristigen Kredit zu erhalten, zur Zeit ungünstig und sahen in einem Scheitern der Stillhaltungsvereinbarungen schwerste Gefahren.

[1451] Der Ausschuß der Golddiskontbank solle sofort zum 29., vorm., einberufen werden, um die Frage im Sinne der Vereinbarungen mit den Ausländern zu regeln19.

19

Über den Fortgang der Stillhalteverhandlungen s. Dok. Nr. 425. Die Sitzung endete nachts um 1.10 Uhr (Tagebuch Schäffer vom 28.7.31, IfZ ED 93, Bd. 12, Bl. 476).

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