1.111.1 (bru3p): Stillhalteverhandlungen.

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Stillhalteverhandlungen.

Der Reichsbankpräsident berichtete in großen Zügen über den Stand der Stillhalteverhandlungen1. Aus seinem Bericht ergab sich, daß die Verhandlungen nach wie vor nur recht schleppend vorwärtskommen, daß greifbare Ergebnisse noch nicht vorliegen und sich auch erst in schwachen Umrissen abzuzeichnen beginnen und daß schließlich das Ende der Verhandlungen einstweilen noch nicht abgesehen werden kann2.

1

Vgl. Dok. Nr. 618.

2

Vgl. auch die Aufzeichnung Luthers vom 13.1.32 im Nachl. Luther  Nr. 367, Bl. 210–213 und Tagebuch Schäffers IfZ ED 93, Bd. 17, Bl. 69–75.

Der Reichskanzler erwiderte, daß aus politischen Gründen ein beschleunigter Abschluß der Verhandlungen sehr erwünscht sei. Insbesondere müsse erreicht werden, daß das neue Abkommen noch vor der Lausanner Konferenz zustandekomme. Er sei in diesem Sinne auch von England aus gedrängt worden (Sprague), der der gleichen Auffassung sei3. Er bat daher, mit allen Mitteln auf einen alsbaldigen Abschluß hinzudrängen. Er befürchte auch – nach gewissen Anzeichen – daß große Kreise der deutschen Wirtschaft angesichts des bisherigen negativen Ergebnisses der Verhandlungen nervös zu werden begännen.

3

Nach Schäffers Aufzeichnung sagte der RK: „Sprague hat mir telefonisch sagen lassen, wir müßten die Stillhaltefrage sehr rasch erledigen. Das sei für Lausanne unser schwächster Punkt“ (IfZ ED 93, Bd. 17, Bl. 70).

Diese Befürchtung wurde allerdings von Herrn Staatssekretär Dr. Trendelenburg nicht voll geteilt.

In der nachfolgenden Aussprache wurde sodann sehr eingehend die Frage der Kontrolle der Devisenbewirtschaftung erörtert. Zu dieser Aussprache wurde auch Herr Geheimrat Kastl zugezogen. Bei den Stillhalteverhandlungen haben die Gläubigergruppen immer wieder erkennen lassen, ein wie großes Interesse sie daran haben, daß die für die Durchführung eines neuen Stillhalteabkommens erforderlichen[2159] Devisen auch wirklich zur Verfügung stehen und daß die Devisenanforderungen nicht dadurch notleidend werden, daß Devisen im Übermaß für andere als für Zwecke des Stillhalteabkommens verwendet werden. Die Devisen für das Stillhalteabkommen werden bisher von der Reichsbank bewirtschaftet. An diesem Verfahren soll auch in Zukunft festgehalten werden. Die Bewirtschaftung der Devisen für sonstige Zwecke, insbesondere langfristige Anleihen und für den Warenverkehr, erfolgt durch das Reichswirtschaftsministerium. Um die Einheitlichkeit bei der Zuteilung von Devisen im Rahmen des Stillhalteabkommens zu gewährleisten, denken die ausländischen Gläubigergruppen daran, der Reichsbank ein Komitee, bestehend aus drei Herren, als beratendes Organ an die Seite zu stellen. Gedacht ist dabei an die Herren Jeidels, Schlieper und Kastl. Dieses Komitee soll den Gläubigern für die gradmäßige Durchführung des Stillhalteabkommens verantwortlich sein. Die Sorge der Gläubiger geht nun dahin, daß nicht zu viel Devisen für die vom Reichswirtschaftsministerium verwalteten Zwecke angefordert werden zum Nachteil der Stillhalteverpflichtungen. Um auch hier eine, die Ausländer befriedigende Kontrolle einzuführen, hatte der Reichsbankpräsident an die Bestellung eines Devisenkommissars gedacht4.

4

Vgl. Dok. Nr. 618.

Gegen diesen Plan wandte sich das Reichswirtschaftsministerium. Nach sehr langer Aussprache einigte man sich in großen Zügen dahin, den Ausländern den Gedanken nahezubringen, das vorgenannte Komitee auch mit der Beratung für die Bewirtschaftung der übrigen Devisen zu betrauen. Das Komitee soll zu diesem Zwecke durch ein viertes Mitglied, das die öffentliche Hand vertreten soll, – gedacht ist an den Staatsbankpräsidenten Schroeder – erweitert werden. Ferner soll das Komitee einen Geschäftsführer erhalten, damit die Einrichtung den Charakter eines ständigen Organs erhält. Auf die Einsetzung eines Devisenkommissars soll verzichtet werden.

Der Reichskanzler übernahm es, von den Gläubigergruppen die Herren Wiggin und Tjarks zu sich zu bitten, um mit diesen auch seinerseits in diesem Sinne zu sprechen5. Im übrigen glaubte er sich von dieser Aussprache auch eine Förderung der Gesamtverhandlungen versprechen zu können.

5

Zum Ergebnis dieser Unterredung siehe Dok. Nr. 633.

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