2.75.9 (cun1p): 9) Austausch von Zucker gegen Chilesalpeter. [abgesetzt]

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Das Kabinett Cuno Wilhelm Cuno Bild 183-1982-0092-007Französischer Posten Bild 183-R43432Posten an der Grenze des besetzten Gebietes Bild 102-09903Käuferschlange vor Lebensmittelgeschäft Bild 146-1971-109-42

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9) Austausch von Zucker gegen Chilesalpeter. [abgesetzt]5

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Der betr. Antrag Luthers war vom Kabinett bereits am 3. 1. (Dok. Nr. 33, P. 1) und dann am 7. 2. beraten worden (Dok. Nr. 67). Am 9. 2. schrieb Luther an Cuno: „Was […] die Frage des Austausches von Zucker gegen Chilesalpeter anbetrifft, so hatten Sie neulich die Absicht geäußert, sie in einer endgültigen Besprechung mit den Herren Kollegen Dr. Hermes, v. Rosenberg und mit mir zu erledigen. Ich möchte Sie nunmehr bitten zu prüfen, ob es nicht besser ist, auch diese Angelegenheit auf die nächste Kabinettssitzung zu stellen. In Wirklichkeit hängen beide Sachen eng zusammen. Ich gehe bei beiden Vorlagen [P. 8 und P. 9] von der Grundauffassung aus, daß wir ungeachtet der außerordentlichen Nöte der Gegenwart mit allem Nachdruck an die Ernte des nächsten Jahres denken müssen. Nun wären vielleicht beide Vorlagen nicht erforderlich, wenn wir jetzt die Erklärung abgeben könnten, daß die Zuckerwirtschaft im nächsten Jahre frei sein wird. Eine solche Erklärung alsbald herauszugeben, dürfte aber auf mancherlei Schwierigkeiten stoßen und die Erörterungen über die an sich ja noch viel wichtigere Freigabe der Getreidewirtschaft kaum günstig beeinflussen. Deshalb suche ich mir, um den Rückgang des Zuckerrübenanbaues so gering als möglich zu gestalten, mit Hilfsmitteln zu helfen. Solche Hilfsmittel sind die beiden Vorlagen.“ (R 43 I /1261 , Bl. 318). Beide Vorlagen werden nicht wieder auf die TO gesetzt. Lt. Vermerk vom 17. 2. wird der Antrag zu P. 8 „erledigt durch Besprechung beim RK“; der Austausch von Zucker gegen Chilesalpeter kommt nicht zustande (vgl. Dok. Nr. 161, P. 3).

[256] Außerhalb der Tagesordnung:

1) Versorgung des Ruhrgebiets unter amerikanischer Flagge.

Der Herr Reichsminister f. Ernährung u. Landwirtschaft verliest ein Telegramm des Botschafters in Washington über eine etwaige Versorgung des Ruhrgebiets mit Lebensmitteln unter amerikanischer Führung. Er ist der Auffassung, daß eine derartige Versorgung gegenwärtig sowohl innen- wie außen- politisch ungünstig wirken würde. Immerhin müsse man in Amerika das Interesse für die Ruhraktion wachzuhalten versuchen. Eine Steigerung der Quäkerspeisungen sei in diesem Zusammenhang durchaus erwünscht.

Das Kabinett teilt die Auffassung des Herrn Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft. Das Telegramm des deutschen Botschafters soll entsprechend beantwortet werden6.

6

Der Depeschenwechsel mit dem dt. Botschafter Wiedfeldt über diese Frage war in R 43 nicht zu ermitteln.

2) Auf eine Frage des Herrn Reichsschatzministers, wie sich der Herr Reichswirtschaftsminister das Verhalten zu dem Ausfuhrverbot der Franzosen7 denke, erwiderte der Herr Reichswirtschaftsminister daß keinerlei Ausfuhr mit Genehmigung der Franzosen erfolgen dürfe. Irgendwelche Zollverhandlungen mit den Franzosen seien nicht denkbar8.

7

Nach dem Ausfuhrverbot für Kohlen und Koks vom 31. 1. hatte die frz. und belg. Reg. mit Note vom 11. 2. erklärt: „Aufgrund der Anordnungen, die die Deutsche Regierung ihren Beamten im Ruhrgebiet gegeben hat, sowie der Unruhen jeder Art, die die Deutsche Regierung dort hervorzurufen versucht, haben die Belgische und Französische Regierung beschlossen, vom 12. Februar ab die Ausfuhr der in den besetzten Gebieten hergestellten metallurgischen Erzeugnisse und sonstigen Fabrikate nach dem unbesetzten Deutschland zu sperren.“ (RT-Drucks. Nr. 5651, Bd. 377, S. 24 ). Durch VO Nr. 143 vom 12. 2. untersagt die Irko für eine Reihe von Artikeln jede Ausfuhr ins unbesetzte Gebiet, für die übrigen Artikel fordert sie nach jeweiliger Beantragung und Bewilligung der Ausfuhr eine Ausfuhrabgabe von 10% (RT-Drucks. Nr. 5651 , S. 24 ff.).

8

Die frz.-belg. Note vom 11. 2. wird durch die RReg. mit Note vom 13. 2. zurückgewiesen als neuerlicher Willkürakt, der lediglich die Folge haben kann, die dt. Wirtschaftskraft weiter zu zerstören. In einer über WTB verbreiteten Regierungserklärung wird am 22. 2. nochmals betont, daß die VO über die Beschlagnahme der Kohlen, der Forsten, der Zölle, der Ausfuhrabgaben und Devisen sowie die Knebelungen der Ein- und Ausfuhr völkerrechtswidrig und rechtsungültig seien. „Wer sich den Verordnungen unterwirft, macht sich zum Helfer der gegnerischen Gewaltpolitik. Jede Zoll- und Steuerzahlung, jede Devise, jede Ausfuhrabgabe, die den Kassen der interalliierten Organe zufließt, jeder Antrag, der bei einer solchen Behörde aufgrund jener Verordnungen gestellt wird, bedeutet ein Verbrechen am deutschen Vaterlande. […] Die RReg. verbietet daher hiermit ausdrücklich jede Befolgung dieser Anordnungen.“ (RT-Drucks. Nr. 5651 , S. 27).

3) Der Herr Reichsminister des Auswärtigen bat die Herren Reichsminister, ihm vorher Mitteilung zu machen, falls sie beabsichtigten, in die von Engländern besetzte Zone am Rhein zu reisen9.

9

Die beiden folgenden Sätze sind im Protokoll gestrichen worden: „Der Antrag entspreche einem Wunsche des englischen Botschafters. Er selbst halte es für zweckmäßig, wenn er dem englischen Botschafter von der Einreise deutscher Reichsminister vorher Kenntnis gebe.“

Das Kabinett beschloß, daß der Bitte des Herrn Reichsministers des Auswärtigen entsprochen werden soll10.

10

Mit Note vom 10. 2. hatte die frz. und belg. Reg. den Ministern des Reichs und der Länder die Einreise ins Ruhrgebiet untersagt und zur Begründung auf den Besuch des RK im Ruhrgebiet verwiesen, der ausschließlich den auch erreichten Zweck verfolgt habe, „eine gefährliche Erregung besonders bei den Großindustriellen, den Beamten und Staatsangestellten hervorzurufen.“ (RT-Drucks. Nr. 5651, Bd. 377, S. 16  f.). Die RReg. erklärte darauf mit Note vom 12. 2., „daß die RReg. und die Regierungen der deutschen Länder es ablehnen, Vorschriften über das Verhalten ihrer Minister von fremden Regierungen entgegenzunehmen.“ (ebd.).

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