2.205.2 (feh1p): Anlage 2

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Anlage 2

Aufzeichnung über eine Besprechung mit dem Botschafter Laurent am Freitag,

den 4. März 1921.

Nach vorheriger Anmeldung suchte ich den Botschafter Laurent im Hyde Park Hotel auf. Ich leitete die Besprechung damit ein, daß ich sagte, ich wisse, daß er ebenso wie wir den Wunsch habe, einen Abbruch der Verhandlungen zu vermeiden. Es würde mir daher interessant sein, seine Auffassung der Lage kennenzulernen.

Herr Laurent setzte mir auseinander, daß das deutsche Angebot19 allzu weit von den Pariser Beschlüssen abweiche, um für die französische Delegation annehmbar zu sein. Es handele sich dabei sehr wesentlich um eine politische Frage.

19

Botschafter Laurent bezog sich hier auf die dt. Gegenvorschläge, die der Konferenz am 1. 3. mitgeteilt worden waren. Siehe dazu RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366, S. 149 –151.

Ich erklärte ihm zunächst, wie unser Angebot gemeint sei, und hob insbesondere hervor, daß wir an und für sich auch bereit sein würden, einen sehr viel größeren Betrag als acht Milliarden sofort flüssig zu machen20. Wenn wir diesen Betrag in unseren Gegenvorschlägen genannt hätten, so sei dies deswegen geschehen, weil die von uns gehörten Finanzsachverständigen es für ausgeschlossen erklärt hätten, eine höhere Summe sofort aufzubringen. Es[570] würde aber selbstverständlich unser Bestreben sein, die Restschuld gleichfalls möglichst rasch zu mobilisieren.

20

Ein Betrag von 8 Mrd. GM sollte nach den dt. Gegenvorschlägen auf dem Wege einer internationalen Anleihe aufgebracht werden. Die Anleihe sollte nach dt. Vorstellungen von allen Steuern befreit werden. Siehe RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366, S. 149 .

Ich wies dabei auch darauf hin, daß es ein Irrtum sei, wenn die Alliierten annähmen, daß wir verlangten, sie sollten die Anleihe aufbringen. Zunächst sei Deutschland selbst bereit, einen erheblichen Teil der Anleihe zu übernehmen. Gerade in Verbindung mit der Steuerfreiheit und einer Amnestie könnten wir hoffen, dadurch erhebliche Teile des steuerflüchtigen Kapitals zu erfassen und den Reparationszwecken dienstbar zu machen. Wenn einer der alliierten Staaten sich nicht an der Anleihe beteiligen wolle, so stehe ihm dies selbstverständlich frei. Wir hätten begründete Hoffnung, daß in vielen neutralen Ländern eine starke Beteiligung an der Anleihe sein würde. Die Anleihe diene einem idealen Zweck, nämlich dem Wiederaufbau der zerstörten Gebiete Frankreichs und Belgiens; ihr Gesamtbetrag fließe nicht Deutschland, sondern Deutschlands Gegnern zu.

Herr Laurent bemerkte, daß dies allerdings ein wesentlicher Gesichtspunkt sei, und fragte, wie hoch man die möglicherweise in Deutschland aufzubringende Summe einschätzte. Ich erwiderte ihm, daß die Schätzungen unserer Sachverständigen zwischen 1 und 3 Milliarden Goldmark schwankten. Herr Laurent bemerkte alsdann – indem er hervorhob, daß er ohne Auftrag spreche und lediglich seine persönliche Meinung sagte –, daß wir unsere Lage verbessern würden, wenn wir 1. uns bereit erklärten, einen mit dem steigenden Wohlstand Deutschlands gleichfalls steigenden mobilen Faktor einzusetzen21, und daß wir 2. für den Fall, daß die internationale Anleihe nicht zustande komme, den Alliierten ein Äquivalent für den Ausfall anböten. Das deutsche Angebot verliere dadurch stark an Wert, daß es konditional an das Zustandekommen der Anleihe gebunden sei.

21

Dies war der sogenannte Besserungsschein; s. o. Anm. 13.

Ich erwiderte Herrn Laurent, daß nach meiner persönlichen Auffassung in beiden Punkten ein Entgegenkommen durchaus im Rahmen des Möglichen liege und daß Herr Minister Simons gewiß gern bereit sein würde, mit ihm oder mit Herrn Briand oder einem anderen Herrn der französischen Delegation über diese Frage zu sprechen. Der Botschafter griff dies sofort auf und sagte, er werde sich mit Herrn Briand in Verbindung setzen.

Ich habe ferner darauf hingewiesen, daß auch die internationale Steuerfreiheit keine absolute conditio sine qua non sei. Worauf es uns ankäme, sei lediglich, daß die infolge der Anleihe übernommene Zinsenlast nicht zu hoch werde. Gäbe es eine andere Möglichkeit, zu einer niedrig verzinslichen internationalen Anleihe zu gelangen – etwa im Wege der Übernahme bereits bestehender niedrig verzinslicher Anleihen durch Deutschland –, so würde uns auch dieser Weg durchaus recht sein.

Ich habe im übrigen noch besonders betont, daß das deutsche Angebot nicht etwa, wie die englischen Zeitungen behaupten, ein Projekt der Schwerindustrie sei, sondern weit über das hinausgehe, was die Sachverständigen der Regierung empfohlen hätten.

gez. v. Simson

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