1.92.7 (lut2p): 3. Deutsch-französische Handelsvertragsverhandlungen.

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3. Deutsch-französische Handelsvertragsverhandlungen.

Ministerialdirektor Ritter berichtete über das französische Angebot und die deutschen Gegenvorschläge5.

5

In der Kabinettsvorlage des AA vom 11. 1. wurde dargelegt: Bei den letzten Besprechungen StS Trendelenburgs mit dem frz. HandM Daniel-Vincent (vgl. Dok. Nr. 257, P. 10) sei von frz. Seite der Wunsch nach einem Teilabkommen vorgebracht worden, das Frankreich die meistbegünstigte Ausfuhr von Kartoffeln, Frühgemüse und Südfrüchten ermögliche. Das RWiMin., das RFMin. und das AA seien im Gegensatz zum REMin. grundsätzlich geneigt, die Meistbegünstigung unter der Voraussetzung ausreichender Gegenkonzessionen zu bewilligen. Bisher hätten die Franzosen aber nur die meistbegünstigte Einfuhr dt. Wurstwaren, Sämereien und Haushaltswaren in Aussicht gestellt, was nicht annähernd dem Wert der von Frankreich geforderten Konzessionen entspreche. Deutscherseits würde daher die frz. Delegation zu fragen sein, ob Frankreich geneigt sei, Gegenkonzessionen für eine erheblich erweiterte dt. Liste, die auch einige wichtige Industrieerzeugnisse enthalten müßte, zu gewähren. Die dt. Delegation müsse zur Fortsetzung der Verhandlungen bereits am 13. 1. wieder nach Paris abreisen (R 43 I /1119 , Bl. 175).

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft ersuchte, die Frage des Frühgemüses zunächst noch völlig auszuschalten. Er könne es nicht verantworten, daß bereits in einem Vorvertrag für das Frühgemüse derart ungünstige Sätze bewilligt würden, wie sie jetzt in Aussicht genommen wären. Über Blumen[1036] könnte man sprechen. Übrigens läge der Industrie gar nicht so sehr an diesem Vorvertrag6.

6

Zum Standpunkt des REM vgl. auch die Aufzeichnung über die Sitzung des Handelspolitischen Ausschusses vom 7. 1. in: ADAP, Serie B, Bd. I, 1, Dok. Nr. 29.

Staatssekretär Trendelenburg und Ministerialdirektor Posse widersprachen der letzteren Auffassung; der Reichsverband der Deutschen Industrie sei durchaus für den Vorvertrag.

Ministerialdirektor Posse begründete darauf die deutschen Gegenvorschläge im einzelnen. Der Grundgedanke sei der, gegenüber den französischen Forderungen Konzessionen auf industriellem Gebiete zu erhalten7.

7

Das RWiMin. hatte sich mit Schreiben an die Rkei vom 11. 1. sehr unzufrieden über den Wert der frz. Zugeständnisse geäußert. Die frz. Liste enthalte fast durchweg Waren, für deren Ausfuhr kein vordringliches Interesse bestehe. Die dt. Vorschlagsliste müsse daher durch folgende Warengruppen ergänzt werden: landwirtschaftliche Maschinen, Elektrogeräte, pharmazeutische Erzeugnisse, Spielwaren (R 43 I /1119 , Bl. 171-174).

Der Reichsarbeitsminister war bezüglich der Frühgemüseforderungen Frankreichs sehr bedenklich gestimmt. Man könne nicht jetzt bei der gegenwärtigen schweren Lage erneut den Gemüsebau anderen Interessen opfern. Es müsse doch berücksichtigt werden, daß es sich jetzt nur um ein Provisorium handele, daß Frankreich außerdem ein starkes Valutadumping treibe, daß es sich drittens um Konzessionen handle, die gerade das Rheinland in erster Linie träfen, und daß viertens die Konzessionen, die Frankreich überhaupt einräumen wolle, doch recht minderwertig seien.

Ministerialdirektor Posse erwiderte, daß die Konzessionen, die Frankreich angeboten habe, allerdings minderwertig seien. Die Deutsche Regierung werde aber jetzt Gegenvorschläge von beträchtlicher Höhe überreichen, und es werde darauf ankommen, bei den Verhandlungen möglichst viel herauszuholen.

Nach längerer Aussprache, insbesondere über die Art der von Deutschland zu fordernden Konzessionen und über die Valutadumpingfrage, beschloß das Kabinett, nachdem der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft den förmlichen Antrag gestellt hatte, über Frühgemüse jetzt noch nicht verhandeln zu lassen, da er dafür die Verantwortung nicht übernehmen könne:

Die Delegation solle abreisen, eine Zustimmung bezüglich Frühgemüse wird noch nicht erteilt; diese Frage wird vielmehr offen gelassen und soll nochmals eingehend, vor allem zahlenmäßig geprüft werden. Auch ist zu klären, was unter Frühgemüse verstanden werden soll. Ebenso soll die Dumpingschutzfrage vor Aufstellung bestimmter Kontingente nochmals einer Prüfung unterzogen werden.

Die Instruktionen werden der Delegation nach Paris nach Prüfung der genannten Fragen übermittelt werden8.

8

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 266, P. 2.

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