1.40.3 (ma12p): 3. Außerhalb der Tagesordnung: Sozialdemokratie und Achtstundentag

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[892]3. Außerhalb der Tagesordnung: Sozialdemokratie und Achtstundentag

Der Reichsarbeitsminister teilte mit, daß eine Konferenz der Gewerkschaften gegenwärtig tage, welche darüber Beschluß fassen solle, daß die Frage der Ratifizierung des Washingtoner Abkommens betr. den Achtstundentag durch Volksentscheid entschieden werde. Er halte eine solche Entschließung für innen- und außenpolitisch bedenklich und schlage daher eine sofortige Einwirkung auf die Gewerkschaften durch die Reichsregierung vor. Er sei bereit, dem Kabinett über diese ganze Angelegenheit in einer besonderen Sitzung ausführlichen Vortrag zu halten.

Der Reichskanzler bezeichnete es als in hohem Maße erwünscht, daß das Kabinett zu dieser Frage Stellung nehme. Bei dem gestrigen Empfange der Führer der Sozialdemokratischen Fraktion11 hätten diese auf die Frage des Achtstundentages besonderen Wert gelegt und dargetan, daß die ablehnende Haltung Deutschlands gegenüber dem Washingtoner Abkommen eine ernstliche außenpolitische Belastung für die Reichsregierung bedeute.

11

Eine Aufzeichnung hierüber war in R 43 I nicht zu ermitteln.

Der Reichsarbeitsminister führte demgegenüber aus, daß vom Standpunkt seines Ressorts aus die Ratifikation des Washingtoner Abkommens im Einklang mit der bestehenden deutschen Arbeitszeitverordnung12 ohne weiteres erfolgen könne. Schuld an dem Unterbleiben eines solchen Schrittes sei lediglich die strenge Interpretation, welche die Sozialdemokratische Partei dem Washingtoner Abkommen beilege und welche das Abkommen als mit dem deutschen Arbeitszeitgesetz unvereinbar erscheinen lasse. Die Haltung der französischen Regierung bei der letzten Tagung in Bern13 habe ergeben, daß diese einschränkende Interpretation des Washingtoner Abkommens zum mindesten nicht von allen anderen Regierungen geteilt werde.

12

VO über die Arbeitszeit vom 21.12.23 (RGBl. I, S. 1249 ).

13

Gemeint ist wohl die Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf Ende Juni 1924; vgl. Dok. Nr. 248, P. II , 1.

Nach einer weiteren Aussprache wurde auf Vorschlag des Reichskanzlers beschlossen, daß der Reichsarbeitsminister oder gegebenenfalls der Reichskanzler zunächst mit den Führern der Sozialdemokratischen Fraktion in der Angelegenheit Fühlung nehmen solle.

Der Reichsarbeitsminister bat, vorerst die Ergebnisse der heutigen Gewerkschafts-Tagung abzuwarten, über die er alsdann dem Reichskanzler berichten werde.

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