2.144.1 (ma31p): [Mieterhöhung.]

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[Mieterhöhung.]

Der Reichsarbeitsminister trägt den Sachverhalt entsprechend der schriftlichen Vorlage vor1.

1

Siehe Dok. Nr. 143, Anm. 1.

Der Preußische Finanzminister erläutert den Standpunkt des Preußischen Kabinetts. Das Preußische Staatsministerium sei in der gestrigen Sitzung zu der Überzeugung gekommen, daß eine Erhöhung der Mieten über 110% im April nächsten Jahres unmöglich sei2. Er habe gegen das ungewöhnliche Maß und[423] Tempo der beabsichtigten Steigerung der gesetzlichen Mieten und der Hauszinssteuer schwerwiegende wirtschaftspolitische, staatspolitische und finanzpolitische Bedenken. Bisher habe man immer ein System stufenweiser Steigerung der gesetzlichen Mieten, und zwar niemals über 10% hinaus verfolgt. Obwohl dieses System bisher zu keinerlei Beanstandung geführt habe, weiche man nunmehr von ihm ab. Er könne keinen zwingenden Grund für eine Änderung des bisherigen auf Erfahrung gestützten Systems sehen. Im Gegenteil halte er es für unzweckmäßig, die gegenwärtige schwierige Wirtschaftslage zu einem Experiment zu benutzen.

2

In einem Schreiben an den PrMinPräs. und sämtliche pr. Minister vom 4.12.26 hatte der PrFM Höpker-Aschoff seine Bedenken gegen eine 20%ige Mieterhöhung auf 120% der Friedensmiete dargelegt. Bisher seien die gesetzlichen Mieten stufenweise erhöht worden, und zwar niemals über 10% hinaus. Eine plötzliche Mietsteigerung um 20% würde auf dem Baumarkt preistreibend wirken, die geplante Hauszinssteuerreform erschweren und außerdem „eine allgemeine Mobilmachung sämtlicher Beamten, Angestellten und Arbeiter, damit steigende Gehälter und Löhne, vermehrte Kaufkraft ohne gleichzeitig vermehrte Produktion, damit voraussichtlich inflationistische Preiswirkungen verursachen“ (R 43 I /2346 , Bl. 134–138).

Auch bezweifle er, daß die mit einer Steigerung der Mieten verbundene Steigerung der Hauszinssteuer eine entsprechende Steigerung des Ertrags dieser Steuer nach sich ziehe. Man müsse überhaupt über die Frage der Gestaltung der Hauszinssteuer allmählich zur Klarheit kommen. Eine abschließende gesetzliche Regelung dieser Materie in Reich und Ländern sei notwendig.

Staatssekretär Popitz antwortet auf diese letztere Frage, daß eine Reform der Hauszinssteuer nur im Rahmen des endgültigen Finanzausgleichs, also erst im Jahre 1927 zur Entscheidung kommen könne.

Der Preußische Minister des Innern und der Preußische Handelsminister beantragen gleichfalls, die Mieten am 1. April nur um 10% zu erhöhen. Sie schließen sich im wesentlichen den Gründen des Preußischen Finanzministers an.

Der Preußische Minister für Volkswohlfahrt bemerkt, eine Mieterhöhung sei im nächsten Jahre nicht zu vermeiden. Er warne jedoch davor, die etwa vorzunehmende Erhöhung dem Hausbesitz restlos zuzuführen. Die Erträge der Mieterhöhung sollten in erster Linie für die Anregung der Neubautätigkeit Verwendung finden.

Nach längerer Aussprache, an der sich die anwesenden Reichsminister beteiligen, stellt der Reichsarbeitsminister fest, daß es nicht gelungen sei, eine einheitliche Linie über die Frage der Mieterhöhung zwischen dem Reichskabinett und dem durch die oben genannten Minister vertretenen Preußischen Kabinett herzustellen3.

3

Ein Beschluß über die Erhöhung der gesetzlich gebundenen Mieten wurde erst nach Umbildung der RReg. in der Kabinettssitzung vom 23.2.27 gefaßt; siehe Dok. Nr. 188, P. 1.

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