2.175.1 (ma31p): Außerhalb der Tagesordnung: Veröffentlichungen in Sachen Schiele.

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Außerhalb der Tagesordnung: Veröffentlichungen in Sachen Schiele.

Der Staatssekretär in der Reichskanzlei erstattete Bericht über die bisher mit dem Reichsminister a. D. Schiele wegen seines Verlangens nach Veröffentlichung der Kabinettsprotokolle aus der Zeit von Locarno gepflogenen Verhandlungen2. Er unterbreitete dem Reichskabinett den in einer Kommission von Vertretern der Reichskanzlei, des Auswärtigen Amts und des Reichsministers a. D. Schiele entstandenen Entwurf für eine Veröffentlichung in dieser Angelegenheit3.

2

Siehe Dok. Nr. 130, P. 4, bes. Anm. 15.

3

Der Entwurf einer Erklärung der RReg. lautete: „[…] Die Reichsregierung sieht sich zu ihrem Bedauern aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in der Lage, Veröffentlichungen von Kabinettsprotokollen vorzunehmen oder Herrn Reichsminister a. D. Schiele von seiner Schweigepflicht zu entbinden. Die Reichsregierung stellt andererseits fest, daß von keinem der Mitglieder des gegenwärtigen Reichskabinetts, die auch der während der Verhandlungen von Locarno amtierenden Reichsregierung angehört haben, nach außen hin Mitteilungen über die damaligen vertraulichen Verhandlungen des Reichskabinetts gemacht worden sind. Die Reichsregierung stellt ferner folgendes fest: Die damaligen Mitglieder des Kabinetts waren nach Abschluß der Konferenz von Locarno übereinstimmend der Ansicht, daß in den ersten Wochen nach der Rückkehr der Deutschen Delegation eine endgültige Entscheidung über die Annahme oder Nichtannahme des Ergebnisses der Konferenz noch nicht getroffen werden konnte, daß vielmehr zunächst festzustellen war, ob auf Grund der in Locarno getroffenen Abrede diejenige Gestaltung der übrigen politischen Probleme, insbesondere der Rheinlandfragen eintreten werde, die deutscherseits gefordert werden mußte. Schon aus diesem Grunde ist die Behauptung, die deutschnationalen Minister hätten vor ihrem am 25. Oktober 1925 vollzogenen Rücktritt dem Ergebnis von Locarno ausdrücklich mit Ja zugestimmt, nicht zutreffend.“ StS Pünder hatte den Entwurf dieser Erklärung zusammen mit einer erläuternden Aufzeichnung am 19.1.27 dem RAM zur Stellungnahme übersandt (R 43 I /448 , S. 421–425, 429–433). Stresemann teilte in seinem Antwortschreiben an Pünder vom 21. 1. mit, daß er „die lebhaftesten sachlichen Bedenken gegen die Aufrollung dieser ganzen Frage im gegenwärtigen Moment habe. Diese Bedenken sind sowohl außen- wie innenpoliti- scher Natur und namentlich deshalb wohl als begründet anzusehen, weil es unmöglich ist, in dem Augenblick mit einer derartigen Erklärung an die Öffentlichkeit zu treten, in der die Deutschnationalen etwa in die Regierung eintreten.“ (R 43 I /448 , S. 435–436). Siehe hierzu auch: ADAP, Serie B, Bd. IV, Dok. Nr. 64.

[513] Der Reichsminister des Auswärtigen gab den Bedenken Ausdruck, die in Berücksichtigung der inner- wie der außenpolitischen Lage gegen eine Veröffentlichung zu diesem Zeitpunkt beständen. Die Debatte über das Werk von Locarno werde sehr zur Unzeit neu entfacht werden. Außerdem bestünden grundsätzliche Bedenken gegen die Erfüllung des Verlangens, über die Einzelheiten früherer Kabinettsverhandlungen Auskünfte zu geben.

Der Reichsarbeitsminister und der Reichsminister der Justiz schlossen sich diesen Bedenken des Reichsministers des Auswärtigen an.

Das Reichskabinett entschied, daß ohne grundsätzliche Ablehnung seines Verlangens, Herr Reichsminister a. D. Schiele davon benachrichtigt werden solle, daß die gegenwärtige Lage es dem geschäftsführenden Reichskabinett nicht ermögliche, einen Beschluß in dieser Angelegenheit zu fassen4.

4

Nach dem Amtsantritt des Kabinetts Marx IV teilte Pünder am 5.7.27 dem RAM, dem RArbM und dem RWeM mit, daß es, um die Angelegenheit zum Abschluß zu bringen, Schiele genügen würde, „wenn ohne Veröffentlichung nur aktenmäßig die sachliche Zustimmung der zur Zeit der Locarno-Verhandlungen und noch jetzt aktiven Herren Reichsminister zu der Erklärung [Anm. 3] herbeigeführt werden würde, deren Veröffentlichung seinerzeit vorgesehen war“ (R 43 I /448 , S. 451–452). Wie aus späteren Vermerken der Rkei hervorgeht, äußerte RWeM Geßler gegen eine solche Aktennotiz keine Bedenken. RArbM Brauns teilte Pünder dagegen mit, daß er die Erklärung nicht unterschreiben würde (ebd., S. 453–455). Eine Stellungnahme Stresemanns konnte nicht ermittelt werden.

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