2.187.2 (ma31p): 2. Gewährung von Krediten an Genossenschafts- und Bankinstitute in der Tschechoslowakei.

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2. Gewährung von Krediten an Genossenschafts- und Bankinstitute in der Tschechoslowakei.

Staatssekretär von Schubert trug den Inhalt der Vorlage des Auswärtigen Amts vom 14. Februar 1927 – 11. Ts. 338 – vor. Das Auswärtige Amt schlägt vor, 35 Millionen Reichsmark zur Verfügung zu stellen, durch die auf 2 sudetendeutsche Genossenschaften bzw. Bankinstitute Einfluß gewonnen werden kann. Es handelt sich 1) um die Kreditanstalt der Deutschen und 2) um die Deutsche Agrar- und Industriebank15.

15

Die Bereitstellung von 35 Mio RM zur Stützung der „Kreditanstalt der Deutschen“ und der „Deutschen Agrar- und Industriebank“ wurde in der Denkschrift des AA, die StS v. Schubert mit Schreiben vom 14.2.27 der Rkei als Kabinettsvorlage übersandte, unter Hinweis auf den Kabinettsbeschluß vom 22. 1. (Dok. Nr. 174, P. 3) beantragt. Zur Begründung wurde in der Denkschrift ausgeführt: Die „Kreditanstalt der Deutschen“ in Prag habe sich zu einer Großbank mit einem Netz von 80 Filialen entwickelt, deren Anteilseigner und Kreditnehmer hauptsächlich den sudetendeutschen landwirtschaftlichen und industriellen Klein- und Mittelbetrieben entstammten. Die „Kreditanstalt“ habe teils unverschuldet, teils infolge von Organisationsfehlern schwere Verluste erlitten und sei dem Zusammenbruch nahe. Ein Konkurs würde auch andere dt. Genossenschaften und Sparkassen in Mitleidenschaft ziehen und eine Reihe wertvoller Existenzen vernichten. „Vor allem aber würde wiederum eine Erweiterung der tschechischen Einflußsphäre eintreten, da sich die Tschechen die Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen würden, die dem Deutschtum verloren gegangene Position ihrerseits einzunehmen“. Die Stützung der „Kreditanstalt“ müsse daher „als im gesamtdeutschen Interesse liegend bezeichnet werden“. Nach dem eingeholten Gutachten könne die „Kreditanstalt“ saniert werden, wenn eine Umorganisation stattfände und ein langfristiges unverzinsliches Darlehn von 25 Mio RM gewährt würde. Der Kredit solle „durch einen Treuhänder in einer nach außen nicht erkenntlichen Form verwaltet und kontrolliert“ werden. Bei der geplanten Umorganisation sollen die bankmäßigen Geschäfte der „Kreditanstalt der Deutschen“ auf die „Deutsche Agrar- und Industriebank“ übertragen werden. Zu deren Erwerb und Ausbau seien weitere 10 Mio RM notwendig (R 43 I /546 , Bl. 170–173). Vgl. dazu ADAP, Serie B, Bd. IV, Dok. Nr. 50.

[547] Staatssekretär Popitz wies darauf hin, daß etwaige Kreditmaßnahmen des Reichs der Zustimmung des Reichstags bedürfen. Die politische Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Stützungsaktion solle vom Reichsfinanzministerium nicht angezweifelt werden, dagegen halte das Reichsfinanzministerium eine Nachprüfung der Höhe des vom Auswärtigen Amt für erforderlich gehaltenen Kredits für geboten.

Das Kabinett erklärte sich mit der in Aussicht genommenen Stützungsaktion für die beiden Institute grundsätzlich einverstanden. Vor der Bereitstellung von Reichskrediten soll die Genehmigung des Haushaltsausschusses herbeigeführt werden, und zwar in einer die unbedingt gebotene vertrauliche Behandlung der Angelegenheit wahrenden Form. Die Höhe der Kredite bleibt einer Vereinbarung zwischen dem Reichsfinanzminister und dem Auswärtigen Amt vorbehalten16.

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In einer „Aufzeichnung für die Parteiführerbesprechung betr. die Kreditanstalt der Deutschen in Prag“, die StS Popitz am 21.2.27 der Rkei übersandte, heißt es: Das Kabinett habe beschlossen, für die Erhaltung der Kreditanstalt Mittel des Reichs bis zu einem Betrag von 20 Mio RM zur Verfügung zu stellen. Die für die Stützung des Deutschtums in den abgetretenen und Grenzgebieten bereitgestellten Mittel würden im Etat der Allgemeinen Finanzverwaltung beim sog. Kriegsfonds verausgabt. „Es ist notwendig, daß bei der Beratung der Allgemeinen Finanzverwaltung im Haushaltsausschuß und Plenum zum Kriegsfonds keine Anträge gestellt werden, da die Erörterung dieser Fragen in einem größeren Kreise nicht möglich ist. Die parlamentarische Mitwirkung ist durch einen aus Vertretern der Parteien von den Sozialdemokraten bis zu den Deutschnationalen bestehenden Beirat gewährleistet.“ Da noch nicht zu übersehen sei, ob die Mittel des Kriegsfonds für die Stützung der Kreditanstalt ausreichen, werde es unter Umständen erforderlich sein, die Ausgaben zunächst vorschußweise zu leisten. „Die Parteiführer werden gebeten, sich bei den Parteien dafür einzusetzen, daß einer hierdurch notwendig werdenden Einstellung von Beträgen in den Etat 1928 ohne nähere Besprechung im Plenum oder Haushaltsausschuß zugestimmt wird.“ (R 43 I /546 , Bl. 182–183; siehe auch Bl. 184–186). In einer Parteiführerbesprechung am 25. 2. um 16 Uhr mit den Abg. Cremer, Brüning, Ersing und Oberfohren trugen StS v. Schubert und MinR Schwerin v. Krosigk das Projekt einer Hilfsaktion für sudetendeutsche Kreditinstitute vor; Cremer, Brüning und Oberfohren „erklärten sich für ihre Person mit der geplanten Aktion einverstanden“. In einer anschließenden Besprechung mit den Abg. Graf Westarp, Treviranus, Scholz, Zapf, Kempkes, Brüning und Leicht „äußerten sämtliche nunmehr erschienenen Herren Bedenken und erklärten, daß sie vor weiterer Rücksprache, insbesondere in Anwesenheit des Reichsministers der Finanzen, eine Zustimmung noch nicht aussprechen könnten“. In der Besprechung mit Vertretern der SPD und der DDP am 25. 2. um 17 Uhr erklärte sich der Abg. Hilferding „grundsätzlich gegen die geplanten Hilfsmaßnahmen. Es sei an der Zeit, daß die Subventionspolitik aufhöre. Die Sozialdemokratie würde ganz grundsätzlich gegen sie Stellung nehmen. Außerdem seien die zu unterstützenden sudetendeutschen Institute parteipolitisch eingestellt; die deutsche Subventionierung werde nicht geheim bleiben, es beständen also auch große politische Bedenken abgesehen von den finanziellen. Diesen Ausführungen schloß sich der Abgeordnete Müller-Franken in vollem Umfange an. Die Sozialdemokratische Fraktion könne ihre Zustimmung nicht erteilen. Von den Abgeordneten der Demokratischen Partei [Erkelenz, Dietrich, Koch-Weser] wurde grundsätzlicher Widerspruch nicht erhoben.“ (Niederschriften von Planck und Wienstein in R 43 I /546 , Bl. 189–190). Die abschließende Stellungnahme der Parteien zu der Stützungsaktion ist aus den Akten der Rkei nicht ersichtlich.

Wie aus einer Aufzeichnung Lindeiner-Wildaus über eine Besprechung zwischen Vertretern des AA, des RFMin. und der Ossa GmbH am 21.4.27 hervorgeht, stellte die RReg. für die Sanierung der „Kreditanstalt der Deutschen“ und der „Deutschen Agrar- und Industriebank“ einen Betrag von 20 Mio RM zur Verfügung; mit der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen wurde die Ossa beauftragt. Siehe ADAP, Serie B, Bd. V, Dok. Nr. 96.

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