2.47.1 (ma31p): Politische Lage. [Fürstenabfindung].

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Politische Lage. [Fürstenabfindung]1.

1

Am 29. und 30.6.26 hatte im Plenum des RT die 2. Lesung des GesEntw. „über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den deutschen Ländern und den vormals regierenden Fürstenhäusern“ (Fürstenabfindung) stattgefunden. Der RT hatte den GesEntw. paragraphenweise durchberaten und ihn nach Ablehnung sozialdemokratischer bzw. deutschnationaler Änderungsanträge mit einfacher Mehrheit angenommen; der § 2 des Entwurfs war abgelehnt worden (RT-Bd. 390, S. 7665  ff., 7704 ff.). Bei der entscheidenden 3. Lesung, die auf den 2. 7. angesetzt war, war zur Annahme des verfassungsändernden GesEntw. eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. RIM Külz hatte am 29. 6. vor dem RT erklärt, die RReg. werde entsprechend ihren früheren Ankündigungen „aus dem Nichtzustandekommen dieses Gesetzes die Konsequenzen ziehen“ (RT-Bd. 390, S. 7673 ).

Nach längerer Debatte stellte der Reichskanzler als übereinstimmende Auffassung des Reichskabinetts folgendes fest:

Wenn ungefähr 120 Sozialdemokraten bei der Endabstimmung sich für den Regierungsentwurf über die Fürstenabfindung aussprächen und der Entwurf durch die Haltung der Deutschnationalen abgelehnt werde, dann werde der Reichskanzler den Reichspräsidenten bitten, die Auflösungsordre zu geben. Sollte der Reichspräsident hierzu nicht bereit sein, so werde das Reichskabinett, wie bereits angekündigt, die Konsequenzen ziehen, d. h. zurücktreten2. Der Reichskanzler[108] solle dies sogleich bei seiner bevorstehenden Besprechung mit dem Abgeordneten Müller-Franken diesem klar mitteilen3.

2

In einem Privatbrief des RArbM Brauns vom 27. 6. an den in Lindenberg/Allgäu weilenden RWeM Geßler heißt es u. a.: „In dieser Woche fallen schwere und bedeutungsvolle Entscheidungen. Das Zentrum kann kaum von seinem Standpunkt: ‚Durchsetzung des Fürsten-Abfindungs-Gesetzes mit allen Mitteln, d. h. Rücktritt von der Regierung und Auflösung des Reichstages‘ abgehen. Ich bin wenigstens der Meinung. […] Alles hängt davon ab, daß sich einige 10–20 Abgeordnete der Rechten absentieren, da das Gesetz unbedingt mit der Sozialdemokratie gemacht werden muß und wir die begründete Hoffnung haben, daß die Sozialdemokratie bei dieser Gelegenheit keine Auflösung des Reichstages erzwingen will. In dieser Lage hängt auch sehr viel von der Haltung des hohen Herrn ab. Bisher hat er seinen Freunden keinerlei Versprechen auf Nicht-Auflösung gegeben (Vertraulich!), freilich auch noch keine umgekehrte Handhabe dem Reichskanzler (soviel ich weiß!). Ob die Parteien ohne derartige Druckmittel aber zum Einschwenken zu bringen sind, ist schwer zu sagen.“ (Nachlaß Geßler , Nr. 9, Bl. 1–4; Abkürzungen der Vorlage vom Bearbeiter aufgelöst). Der Brief ist weitgehend, jedoch ohne Datumsangabe, abgedruckt bei Deuerlein, Heinrich Brauns – Schattenriß eines Sozialpolitikers, in: Staat, Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik, Festschrift für Heinrich Brüning, S. 66–68.

3

Zur Stellungnahme der SPD-Fraktion siehe Dok. Nr. 48, Anm. 2.

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