1.38.5 (mu22p): 5. Bericht über die letzten Vorbereitungen der Arbeiten der auf der Haager Konferenz eingesetzten Kommissionen.

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Kabinett Müller II. Band 2 Hermann Müller Bild 102-11412„Blutmai“ 1929 Bild 102-07709Montage  von Gegnern des Young-Planes Bild 102-07184Zweite Reparationskonferenz in Den Haag Bild 102-08968

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5. Bericht über die letzten Vorbereitungen der Arbeiten der auf der Haager Konferenz eingesetzten Kommissionen.

a) Der Reichsminister der Finanzen berichtete über den Sachstand hinsichtlich der Kommission für die Reichsbank. Die Frage sei zu entscheiden, wie die Bestimmungen mit internationaler Bindung abgeändert werden könnten. Dies sei noch wichtiger für die Reichsbahn, als für die Reichsbank.

Es sei vorgeschlagen worden, die Änderung der Bestimmungen mit internationaler Bindung solle nur mit Zustimmung des Auslandes erfolgen können. Die Bank für den internationalen Zahlungsausgleich solle eingeschaltet werden. Berufung an ein Schiedsgericht solle möglich sein.

Ein anderer Vorschlag gehe dahin, daß Änderungen mit Zustimmung der Reichsbank erfolgen könnten. Dies wäre eine verfassungsändernde Bestimmung. Die Reichsbank würde mitwirkendes Organ der Gesetzgebung. Dies sei politisch schwer zu ertragen.

Delacroix schlage vor, die Abänderung könne erfolgen, wenn Reichsregierung und Reichsbank über die Änderung einig seien. Dann bedürfe es keiner ausländischen Mitwirkung oder Kontrolle. Es würde eingewendet, die Stellung der Reichsbank würde dadurch übermäßig verstärkt.

Eine Bestimmung dieser Art sei zwar ungewöhnlich, sie sei aber den anderen Vorschlägen vorzuziehen. Die Reichsbank würde nicht das Recht haben, bei einer Meinungsverschiedenheit über die vorgeschlagene Abänderung an den internationalen Schiedshof zu gehen. Hierzu seien nur die Staaten zuständig. Die Reichsbank müsse also gegebenenfalls einen fremden Staat veranlassen, gegen das Reich den internationalen Schiedshof anzurufen. Einen solchen Schritt werde die Reichsbank wohl nicht vor der Öffentlichkeit verantworten können.

[948] Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft fürchtete gegebenenfalls ein Eingreifen des Generalrats der Reichsbank. Demgegenüber wies der Reichsminister der Finanzen darauf hin, daß der Generalrat auf das Reichsbankdirektorium als kollegialer Instanz keinen Einfluß habe.

Das Reichsministerium erklärte sich mit dem Vorschlage des Reichsministers der Finanzen einverstanden, bei den Verhandlungen über die Reichsbank auf den Vorschlag Delacroix einzugehen, nach dem international gebundene Bestimmungen des Reichsbankgesetzes geändert werden können, wenn die Reichsregierung und die Reichsbank über die Abänderung einig sind.

b) Der Reichsminister der Finanzen berichtete weiter, daß der Reichsbankpräsident beabsichtige, in das Organisationskomitee für die Bank für den internationalen Zahlungsausgleich selbst einzutreten und den Reichsbankdirektor Vocke als weiteren Vertreter zu benennen.

Nach dem Young-Plan werde das Komitee von den Bankpräsidenten benannt14. Auch Frankreich und England benennen Mitglieder ihrer Notenbanken. Der Reichsbankpräsident habe zugesichert, daß keine Entscheidung, die die Interessen des Reichs berühre, getroffen werden solle, bevor nicht mit der Reichsregierung eine Verständigung herbeigeführt worden sei. In diesem Sinne solle an den Reichsbankpräsidenten geschrieben werden.

14

Siehe Anlage I Abschnitt III des Berichts des Sachverständigenausschusses (RGBl. 1930 II, S. 470  ff.).

Weiter nahm das Kabinett davon Kenntnis, daß der Reichsbankpräsident in das Komitee für die Bank für den internationalen Zahlungsausgleich eintritt und als weiteres Mitglied dieses Komitees den Reichsbankdirektor Vocke benennt15.

15

Als Regierungsvertreter für die Mitarbeit in der Kommission wurden MinR Berger, Ronde und Paasche benannt (RFM an RbkPräs., 1. und 2.10.29; R 43 I /671 , Bl. 6, 8, hier: Bl. 6, 8).

c) Der Reichsminister für die besetzten Gebiete wies erneut auf die große innerpolitische Bedeutung der Sanktionsfragen hin.

Nach eingehender Aussprache beschloß das Kabinett sodann die Reparationsminister zu ermächtigen, die Frage der Sanktion nochmals eingehend zu prüfen und dem Kabinett Vorschläge über die Behandlung der Fragen bei den Reparationsverhandlungen zu machen. Der Reichsminister der Finanzen wird zu der Besprechung der Reparationsminister einladen. Der Wortlaut von Vorschlägen des Reichsministers für die besetzten Gebiete wird den Reparationsministern rechtzeitig zugehen.

Der Reichsminister der Finanzen äußerte ebenso wie der Reichsminister der besetzten Gebiete und der Reichsverkehrsminister Bedenken, ob die zuständige Kommission, die sich in der Hauptsache aus Juristen zusammensetzt, in der Lage sei, die politischen Fragen zu entscheiden. Sie waren darüber einig, daß gegebenenfalls die politische Schlußkonferenz die letzte Entscheidung haben werde. Jedenfalls aber müsse vermieden werden, daß aus dem Stillschweigen der deutschen Vertreter in der Kommission auf Zustimmung zu den Anschauungen der anderen Staaten geschlossen werden könne. Deutschland müsse deswegen in der Kommission seine Forderungen anmelden. Möglicherweise[949] würden die Fragen bereits in den nächsten Tagen auch diplomatisch in Angriff genommen werden müssen.

Das Ziel müsse sein, für Verfehlungen gegen den Young-Plan bestimmte Instanzen zu schaffen, durch deren Anerkennung Sanktionen ausgeschlossen werden würden. Auch die Repko müsse beseitigt werden16.

16

In einem Telegrammentwurf an die dt. Delegation in Paris heißt es hierzu: „1. Die Verpflichtungen, die in dem Young-Plan und dem Haager Abkommen 1929 enthalten sind, ersetzen vollständig alle noch nicht getilgten Verbindlichkeiten Deutschlands, die unter den Abschnitt XI des ersten Teils des Dawes-Plans fallen (nach näherer Maßgabe der Entscheidung des Auslegungschiedsgerichts). Mit Inkrafttreten des Young-Plans werden alle noch bestehenden Kontrollen, Sicherheiten, Pfänder oder Belastungen aufgehoben. Die neuen Verpflichtungen haben den Charakter einer normalen internationalen Schuld. In Anerkennung dieser Tatsache werden die Gläubigermächte in Zukunft keine Befugnis, welcher Art auch immer ausüben, die etwa zur Zeit zulässig sein sollte, sofern sie nicht nach den allgemein anerkannten Regeln des internationalen Rechts gegen jeden anderen Staat wegen der aus der finanziellen Liquidation des Kriegs verbliebenen finanziellen Verpflichtungen ebenso zulässig sein würde. In Ausführung dieses Grundsatzes werden etwaige Meinungsverschiedenheiten und Streitfragen nach Ziffer 3 behandelt. 2. Die Funktionen der Repko, soweit sie Deutschland betreffen, sind mit dem Inkrafttreten des neuen Vertrags beendet. Der Übergang einzelner dieser Funktionen auf die internationale Bank ist im einzelnen zu regeln, die übrigen Funktionen der Repko sind ausdrücklich für erloschen zu erklären. 3. Zur vollständigen Regelung aller Meinungsverschiedenheiten und Streitfragen, insbesondere für die Fragen über eine etwaige Nichterfüllung oder Erfüllungsverweigerung Deutschlands ist die Zuständigkeit schiedsgerichtlicher Instanzen, insbesondere des Ständigen Internationalen Gerichtshofs, als ausschließliche Zuständigkeit vorzusehen“ (wahrscheinlich 18. 9.; R 43 I /298 , Bl. 59-62, hier: Bl. 59-62).

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