2.100.1 (bau1p): 1. Baltikum.

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Das Kabinett BauerKabinett Bauer Bild 183-R00549Spiegelsaal Versailles B 145 Bild-F051656-1395Gustav Noske mit General von Lüttwitz Bild 183-1989-0718-501Hermann EhrhardtBild 146-1971-037-42

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1. Baltikum.

Der Reichswehrminister und der Reichsminister des Auswärtigen machen eingehende Mitteilungen über die interalliierte Kommission für die baltischen Gebiete2. Der Vorsitzende der Kommission hat unbeschränkte Vollmachten für den deutschen Kommissar Vizeadmiral Hopmann und für die Kommission selbst das Recht auf Einsichtnahme und Benutzung der deutschen Akten gefordert. Er hat nur mit dem Reichswehrminister verhandelt, da seine Aufgabe eine rein militärische sei3. Das Kabinett erklärt sich damit einverstanden, daß dem Vizeadmiral Hopmann eine Vollmacht der Reichsregierung ausgestellt[362] wird, die ihn ermächtigt, an Ort und Stelle an die in Betracht kommenden Militär- und Zivilbehörden Ersuchen zu richten, die er für die schleunigste Räumung des Baltikums von den dort noch befindlichen deutschen und ehemals deutschen Truppen und deren Material für erforderlich hält4. Solchen Ersuchen soll, soweit irgend möglich, von allen Behörden umgehend Folge geleistet werden. Falls die dortigen Behörden im Einzelfalle die Durchführung einer geforderten Maßnahme für unmöglich erachten, soll sofort die Entscheidung der Reichsregierung herbeigeführt werden.

2

Die All. hatten in ihrer an die RReg. gerichteten Note vom 10. 10. (vgl. Dok. Nr. 77, P. 3) dem dt. Vorschlag, eine Kommission zur Überwachung der Baltikumräumung einzusetzen, zugestimmt (vgl. DBFP, 1st Series, Vol. I, No. 71; Vol. II, No. 7 mit Anhang C, der die Instruktionen für die Kommission enthält).

3

Die Kommission unter Leitung des frz. Gen. Niessel war am 7. 11. in Berlin eingetroffen und hatte dort vorbereitende Verhandlungen, u. a. am 10. 11. mit dem RWeM, geführt (vgl. dazu sowie zum Gesamtzusammenhang aus der Sicht des frz. Generals A. Niessel: L’évacuation des pays baltiques par les Allemands. S. 34 ff.).

4

VAdm. Hopmann begleitet die interall. Baltikumkommission als dt. RegKom. Als das RWeMin. an der Verhandlungsführung Hopmanns Kritik übt, weil er nicht der „hochfahrenden und verletztenden Art“ Gen. Niessels „mit genügender Schärfe“ entgegengetreten sei (R 43 I /48 , Bl. 127–129), verwahrt sich Hopmann in gleichlautenden Telegrammen vom 23. 11. an den RK, den RWeM und das AA gegen die Vorwürfe unter Hinweis darauf, daß er „Vertreter der Reichsregierung und nicht lediglich des Reichswehrministers“ sei (R 43 I /48 , Bl. 114). – Vgl. auch Hopmanns Stellungnahme zur Baltikumsräumung in: R 43 I /49 , Bl. 117–136.

Das Kabinett beschließt, daß das Auswärtige Amt gegen den Antrag der interalliierten baltischen Kommission auf Einsichtnahme und Benutzung der deutschen Akten bei der Entente Einspruch erheben soll.

Vizeadmiral Hopmann betont, daß seinen Eindrücken nach der größte Teil der Truppen zur Rückkehr zu bewegen sein werde, da die Haltung der interalliierten Kommission und die Rede von Lloyd George5 ihnen den bisher bei ihnen vorhandenen Glauben genommen habe, daß sie mit Einwilligung der Entente gegen die Bolschewisten kämpfen sollten. Die Führer hätten die Truppen sicher in der Hand. Der Reichswehrminister erklärt, daß am 6. Oktober den Truppen fälschlicherweise mitgeteilt worden sei, er wäre mit ihrem Übertritt zu den Russen einverstanden. Diese Mitteilung stamme aus Mitau, nicht aus dem Reichswehrministerium6. Das Kabinett ist damit einverstanden, daß die Truppen bis zur Entlassung in Deutschland beköstigt und verpflegt werden7.

5

Der engl. Premierminister war in einer Rede beim Londoner Lordmayorbankett am 8. 11. für eine Politik der Nichteinmischung in Rußland eingetreten (Schultheß 1919, II, S. 56).

6

Vgl. dazu das in Dok. Nr. 67, Anm. 4 mitgeteilte Telegr. Noskes vom 26. 9. sowie die Hinweise in Dok. Nr. 77, Anm. 6.

7

Die RRegg. stellten bis 1921 finanzielle Mittel für die demobilisierten dt.-russ. Bermondt-Truppen zur Verfügung. Zum Verbleib der Truppen und ihres Kommandeurs s. H. E. Volkmann: Die russische Emigration in Deutschland. S. 72 ff.

Der Reichsminister des Auswärtigen wendet sich gegen die politische Forderung dieser rein militärischen Kommission, daß die Deutsche Regierung ihre Vertreter aus Litauen und Lettland abberufen solle. Bei den voraussichtlich eintretenden Wirren in diesen Ländern würden die dortigen Deutschen im Falle der Abberufung unserer Vertreter schutzlos sein. Sollte die Verwahrung bei dem Vorsitzenden der interalliierten Kommission nicht genügen, so müßte eine entsprechende Note nach Paris gerichtet werden8.

8

Am 30. 11. teilt UStS Haniel dem UStSRkei mit, daß die Baltikumkommission von ihrer ursprünglichen Forderung abgerückt sei und lediglich auf der Abberufung der ehemals zur Okkupationsarmee gehörigen, noch im Baltikum befindlichen Beamten bestehe (R 43 I /48 , Bl. 138).

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