2.141 (bru1p): Nr. 141 Abgeordneter Drewitz an den Reichskanzler. 13. Oktober 1930

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Nr. 141
Abgeordneter Drewitz an den Reichskanzler. 13. Oktober 1930

R 43 I /1308 , Bl. 619–621

[Zurückziehung des Reichsjustizministers aus dem Kabinett.]

Hochverehrter Herr Reichskanzler,

im Verfolg der Beschlüsse des Reichsausschusses meiner Partei hat die neugewählte Reichstagsfraktion bei ihrem heutigen Zusammentritt Stellung zur derzeitigen politischen Lage genommen. Ich habe die Ehre, Ihnen das Ergebnis dieser Besprechungen zur Kenntnis zu bringen.

Meine Fraktion ist einerseits der Auffassung, daß dem Ergebnis der Wahl vom 14. September durch Umbildung oder Neubildung des Kabinetts politisch Rechnung getragen werden muß, andererseits scheint es uns dringend notwendig, die Zahl der Ministerien zu verringern und die Vollmachten der im besonderen die Wirtschaft beeinflussenden Ministerien, in der Hand von Fachleuten, zu vergrößern. Um Ihnen die Durchführung dieser unseres Erachtens notwendigen Maßnahmen zu erleichtern, hat die Fraktion beschlossen, den Herrn Reichsjustizminister Professor Dr. Bredt zu ersuchen, sein Portefeuille zur Verfügung zu stellen.

Der Beschluß meiner Fraktion hat den Sinn, den Weg freizumachen für die notwendige Neubildung eines Kabinetts, das, auf Fachleute gestützt, dem Mehrheitswillen des deutschen Volkes in höherem Maße entspricht, als das bei der heutigen Zusammensetzung der Reichsregierung der Fall ist.

Sollte bei der Neubildung des Kabinetts die Mitwirkung von Herrn Professor Dr. Bredt unabhängig von reinen Parteigesichtspunkten erwünscht oder notwendig erscheinen, so glaube ich versichern zu dürfen, daß meine Fraktion etwaigen Bedenken gegen eine solche Beteiligung an der heute ganz besonders schwerwiegenden Verantwortung zurückstellen würde, wenn die Gewähr dafür geboten ist, daß den grundlegenden Gesichtspunkten für Gesundung von Staat, Volk und Wirtschaft, die in unseren Erklärungen vom 26. 9. und vom 2.10.30 niedergelegt sind (in der Anlage beigefügt)1, bei allen Maßnahmen einer künftigen Regierung Rechnung getragen wird.

1

Die Anlagen sind hier nicht abgedruckt; sie sind, zusammen mit Drewitz’ Brief an den RK, bereits veröffentlicht in: „Erinnerungen und Dokumente von Joh. Victor Bredt 1914–1933“ (1970), S. 359–362; vgl. auch Bredts eigene Darstellung a.a.O., S. 252–254.

[536] Zu mündlicher Besprechung über die durch diese Erklärungen meiner Fraktion geschaffene neue politische Lage stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung2.

2

Pünder fertigte über das Schreiben von Drewitz folgenden Vermerk an, der auch als Pressemitteilung publiziert wurde: „Reichskanzler Dr. Brüning wurde im Laufe des heutigen Nachmittags von dem Beschlusse der Wirtschaftspartei auf Zurückziehung des Reichsjustizministers Professor Dr. Bredt durch den Fraktionsführer Drewitz in Kenntnis gesetzt, worauf er dem Herrn Reichspräsidenten sofort Bericht erstattete. Reichspräsident von Hindenburg hat darauf, in voller Übereinstimmung mit dem Vorschlage des Reichskanzlers, den Reichsjustizminister Professor Dr. Bredt ersucht, trotz dieses Beschlusses seiner Partei im Ministeramte zu bleiben. Der Herr Reichspräsident wies dabei darauf hin, daß die gegenwärtige Reichsregierung nicht auf Grund von Fraktionsbeschlüssen von Reichstagsparteien zustande gekommen sei, und daß er – der Reichspräsident – daher auch nicht in der Lage sei, in der Zusammensetzung dieses Reichskabinetts auf Grund solcher Beschlüsse Änderungen eintreten zu lassen. Reichsjustizminister Dr. Bredt erklärte sich darauf bereit, dem Appell des Herrn Reichspräsidenten Folge zu leisten und von der Einreichung eines Abschiedsgesuches abzusehen“ (Vermerk Pünders vom 13.10.30, R. 43 I/1308, Bl. 627).

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung bin ich

Ihr ganz ergebener

Hermann Drewitz

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