2.40.5 (sch1p): 5. [Verhaftung Landsbergs]

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[143]5. [Verhaftung Landsbergs]

Die aus Magdeburg eingetroffene Nachricht, daß Reichsminister Landsberg von den Aufständischen verhaftet worden sei, wurde erörtert. Es bestand Einverständnis, daß sofort alle Schritte eingeleitet werden sollten, um ihn zu befreien und die Aufständischen zu bestrafen. Der Reichswehrminister wurde ersucht, die erforderlichen militärischen Maßnahmen sofort in die Wege zu leiten.

Auf Vorschlag des Reichsministers Erzberger wurde ferner beschlossen, dem Regierungspräsidenten von Magdeburg zu telegrafieren, daß der Minister sofort freizulassen sei, daß der Präsident für die Durchführung dieses Befehls haftbar sei und daß er ihn weitergeben solle an diejenigen Stellen, welche die momentane Macht in Händen hätten unter der Mitteilung, daß die Regierung alle in Frage kommenden Personen persönlich haftbar machen werde. – Die von anderer Seite eingegangene telefonische Mitteilung, daß Landsberg nach Braunschweig transportiert werde, soll nachgeprüft werden5.

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Anfang April war der Magdeburger Soldatenratsvorsitzende Brandes verhaftet und nach Berlin abtransportiert worden, da er den Sturz der RReg. und die Absetzung aller Reichsbeamten in Magdeburg gefordert hatte. Daraufhin wurde am 7.4.1919 in Magdeburg der Generalstreik ausgerufen und der Kommandierende General v. Kleist, eine Reihe von Offizieren sowie der zufällig in Magdeburg befindliche RJM Landsberg von aufständischen Soldatenräten festgenommen. Auf das Gerücht hin, regierungstreue Truppen seien im Anmarsch, versuchte der Magdeburger Soldatenrat, die Verhafteten nach Braunschweig abzuschieben; die Transportautos wurden jedoch bei Helmstedt von regierungstreuer Polizei angehalten, und die Verhafteten in Freiheit gesetzt. Siehe: Vorwärts, Nr. 180, 8.4.1919. Telegrammwechsel zwischen der RReg. und dem RegPräs. Magdeburg betr. die Verhaftung Landsbergs in: R 43 I /2665 , Bl. 178 f., 181, 184 f.. Landsberg selbst schilderte in einem Zeitungsinterview seine Verhaftung folgendermaßen: „Ich wollte am Montag, mittag 1.30 Uhr, über Magdeburg nach Berlin zurückkehren, zu einer Zeit, als in der Stadt Demonstrationszüge vor sich gingen. Auf dem Wege zum Bahnhof kam ich an der Ravensberger Kaserne vorbei, in der das Wachregiment, das sich zum größten Teil aus Unabhängigen und Spartakisten zusammensetzt, befand. Ich wurde erkannt und von einer großen Menschenmenge umringt. Man forderte meine Legitimation. Als ich mich auswies, rief man mir zu: Wo sind unsere Gefangenen. Dann erklärte man mich für verhaftet. Ich berief mich auf meine Immunität als Mitglied der Nationalversammlung. Es wurde mir jedoch entgegnet, diese komme nicht in Betracht. Man brachte mich dann in die Schreibstube, in der sich mehrheitssozialistische Unteroffiziere befanden, die über den Vorfall sehr betreten waren. Als die Menschenmenge immer größer wurde, erklärten die Unteroffiziere, daß sie die Garantie für mein Leben nicht mehr übernehmen könnten, und daß es das beste sei, wenn ich nach dem Generalkommando gebracht werde. Auf dem Wege dahin wurde ich in der gemeinsten Weise angepöbelt; zu Tätlichkeiten ist es jedoch nicht gekommen, weil dies meine Begleiter verhindern konnten. Im Generalkommando wiesen mehrere meiner Parteigenossen auf den vormittags gefaßten Beschluß, vorläufig keine Geiseln gefangen zu nehmen, hin. Doch erklärten unabhängige und spartakistische Soldaten: Beschlüsse gibts jetzt nicht mehr […]. Um 4 Uhr fuhr ein offenes Auto vor, das mich fortbringen sollte. Eine große aufs höchste erregte Menschenmenge hatte sich vor dem Gebäude angesammelt. Absperrungsmaßnahmen waren nicht erfolgt. Den Weg zum Auto mußte ich mir selbst bahnen. Wie meine Begleiter, die Unabhängigen, unterwegs erzählten, hatten auch einige Soldaten auf mich angelegt, die von vernünftigeren Elementen nur mit Mühe vom Feuern zurückgehalten worden waren […]. Kurz vor Helmstedt war durch zwei Leitern auf der Chaussee eine Barrikade errichtet. Ein Wachtmeister aus Helmstedt kam im Laufschritt an, erhob einen Revolver und rief: ‚Halt! Hände hoch! Es sind noch mehr!‘ Außer einem Polizeidiener, der nicht in Aktion trat, war aber niemand mehr da. Die acht kümmerlichen Heldengestalten folgten sehr bereitwillig der Aufforderung des Wachtmeisters […]. Der Wachtmeister und ich, jetzt mit einem Beuterevolver bewaffnet, eskortierten die tapferen Unabhängigen ins Gebäude der Polizeidirektion. Meine Begleiter beteuerten ein über das andere Mal, daß sie nur mein Leben hätten retten wollen. Vorher hatten sie sich allerdings anders ausgedrückt […].“ (DAZ, Nr. 170, 8.4.1919).

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