2.54.1 (sch1p): 1. [Deutscher Völkerbundsentwurf]

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Das Kabinett ScheidemannReichsministerpraesident  Philipp Scheidemann Bild 146-1970-051-17Erste Kabinettssitzung der neuen deutschen Reichsregierung am 13.2.1919 in Weimar Bild 183-R08282Versailles: die deutschen Friedensunterhändler Bild 183-R11112Die Sozialisierung marschiert! Plak 002-005-026

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1. [Deutscher Völkerbundsentwurf]

Die Beratung des Völkerbundsentwurfs wird fortgesetzt1. Der Entwurf ist inzwischen von den Vertretern des Auswärtigen Amtes mit Prof. Schücking, den Reichsministern Erzberger und Gothein und dem Botschafter Graf Bernstorff nochmals durchgearbeitet worden.

1

Siehe Dok. Nr. 50, P. 2.

MinDir. Simons trägt die Änderungen vor2 .

2

Der abgeänderte Entwurf findet sich ohne Anschreiben in der Anlage des Kabinettsprotokolls., R 43 I /1348 , S. 593-607

Die Einfügung des Weltparlaments war gestrichen worden.

Reichsminister Dernburg beantragt sie wiederherzustellen in der Weise, daß das Weltparlament aus je 10 Abgeordneten der Parlamente der einzelnen Staaten zusammengesetzt wird, von denen aber jeder mindestens eine Million Einwohner vertreten [soll], so daß kleinere Staaten weniger Abgeordnete entsenden. Der Antrag wird nach kurzer Aussprache einstimmig angenommen3.

3

Im ersten Entwurf, s. Dok. Nr. 50, Anm. 4, hieß es unter Art. 10: „Das Weltparlament setzt sich zusammen aus den Vertretern derjenigen internationalen Organisationen, in denen gemeinsame geistige oder materielle Interessen von Bundesvölkern gepflegt werden.“ Dieser Art. wurde, ohne daß sich im Protokoll der Sitzung vom 22.4.1919 eine Bestätigung findet, gestrichen. Die neue, endgültige Fassung in der Anlage des vorliegenden Kabinettsprotokolls lautet: „Das erste Weltparlament setzt sich zusammen aus Vertretern der einzelnen Parlamente der Völkerbundsstaaten. Jedes einzelne Parlament wählt für je eine Million der Bewohner seines Staates einen Vertreter; doch darf kein Parlament mehr als zehn Vertreter entsenden.“

Reichsminister Landsberg äußert Bedenken gegen die Verpflichtung zur Bekämpfung der Völkerverhetzung in Nr. 55 wegen der Unbestimmtheit des Begriffs der Verhetzung.

Reichsminister Erzberger und MinDir. Simons treten für die Beibehaltung der Nr. 55 ein.

Es wird beschlossen, an Stelle des Wortes „Verhetzung“ „Beschimpfung“ zu sagen4 .

4

Im ersten Entwurf lautete Art. 55: „Die Völkerbundstaaten sind verpflichtet, durch ihre Gesetzgebung und Verwaltung jede Verhetzung der Völker in Wort und Schrift und Bild zu bekämpfen. […]“ , R 43 I /1348 , S. 586Im endgültigen Entwurf ist die Abänderung in Art. 38 berücksichtigt.

Auf Anregung des Reichsministers Landsberg werden ferner in Ziffer 58 b[207] die Worte „Beschränkung der Angehörigen des schuldigen Staates im Wirtschaftsbetrieb und Rechtsschutz“ gestrichen5.

5

Im ersten Entwurf sah der die Zwangsvollstreckung betreffende Art. 58 unter b) vor: „Einschränkung oder Abbruch der wirtschaftlichen Beziehungen, namentlich Ein- und Ausfuhrverbote, ungleichmäßige Zollbehandlung, Beschränkung der Angehörigen des schuldigen Staates im Wirtschaftsbetrieb und Rechtsschutz, Sperrung des Personen-, Güter- und Nachrichtenverkehrs, Beschlagnahme von Schiffen.“, R 43 I /1348 , S. 601<a> Im entsprechenden Art. 63 des endgültigen Entwurfs war die von RM Landsberg kritisierte Passage weggelassen.

Die übrigen Änderungen ergeben sich aus der Anlage.

Der Entwurf soll am Nachmittag um 6 Uhr der Presse vorgelegt und erläutert werden6.

6

Siehe Vorwärts, Nr. 207, 24.4.1919; DAZ, Nr. 196, 24.4.1919; WTB-Meldung vom 24.4.1919 in: R 43 I /483 , Bl. 44-48, 49-51; Materialien betr. die Friedensverhandlungen, 2. Beiheft, hrsg. v. AA: „Die Pariser Völkerbundsakte vom 14.2.1919 und die Gegenvorschläge der dt. Reg. für die Errichtung eines Völkerbundes“, Charlottenburg 1919, S. 5 ff. Eine Inhaltsangabe der dt. Vorschläge für den Völkerbund, die die wesentlichen Punkte zusammenfaßt, enthält: Schultheß 1919, I, S. 195 f. Zu den Vorarbeiten für den dt. Völkerbundsentwurf im AA s. PA, AA Weimar, IV. 7; zu den Vorarbeiten Prof. Schückings s. Nachl. Schücking , Nr. 88.

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