1.10 (bau1p): Wirtschafts- und Sozialpolitik

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Text

Wirtschafts- und Sozialpolitik

Die Ausführungen des Reichsbank-Direktoriums verdeutlichten, daß von der Finanzpolitik des Kabinetts Bauer keine durchgreifenden Impulse zur Überwindung der deutschen Nachkriegskrise ausgegangen waren. Sie erweckten vielmehr den Eindruck, als habe das Reich in den zurückliegenden Monaten von seiner wirtschaftlichen Substanz gezehrt. So muß sich nun die Frage nach den wirtschaftspolitischen Entscheidungen stellen, mit denen die Reichsregierung auf die ihr obliegenden Aufgaben reagiert hat.

Die Arbeit des Kabinetts Scheidemann war von der bevorstehenden Friedensregelung weitgehend absorbiert worden. Eine grundsätzliche Entscheidung über die zukünftige Wirtschaftsordnung hatte die erste Regierung der Weimarer Regierung bewußt vertagt, um nicht Gefahr zu laufen, im Streit der in ihren Reihen miteinander konkurrierenden Anhänger einer liberalen, gemeinwirtschaftlichen oder sozialistischen Wirtschaftspolitik vorzeitig zu zerbrechen241. Nach der Konstituierung des Kabinetts Bauer schien dem im Amt verbliebenen Reichswirtschaftsminister Wissell die Zeit des Zuwartens verstrichen. Für ihn standen die Chancen, der von ihm verfolgten, privat- und planwirtschaftlichen Ordnungsprinzipien zugleich verpflichteten Gemeinwirtschaft zum Durchbruch zu verhelfen, auf des Messers Schneide. Die vehementen Verfechter des Wirtschaftsliberalismus, die Demokraten Gothein, Schiffer und Dernburg, waren aus der Reichsregierung zwar ausgeschieden, doch bezogen sie jetzt, frei von ihrer Regierungsverantwortung, offen Stellung gegen die Politik Wissells und seiner ideellen Mitstreiter im Reichswirtschaftsministerium. Die Front der ihnen von der sozialistischen Position des Erfurter Programms her widersprechenden sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder war durch die Regierungsneubildung kaum aufgeweicht worden. Von Reichsministerpräsident Bauer erwartete Wissell keine Unterstützung; ihm unterstellte er aufgrund seiner Herkunft aus Angestelltenkreisen „wenig Verständnis für die Produktionsseite“ der Wirtschaft. In dem als Reichsarbeitsminister neu ins Kabinett eintretenden Metallarbeiterführer Schlicke glaubte er dagegen einen potentiellen Verbündeten finden zu können242.

241

Siehe dazu zusammenfassend diese Edition: Das Kabinett Scheidemann, Einleitung, S. XLIV ff.

242

Dok. Nr. 18.

Noch bevor die endgültige Entscheidung über den Friedensvertrag gefallen war, konfrontierte Wissell den Regierungschef mit seiner Forderung, die[LXIX] Gemeinwirtschaftspläne einer definitiven Prüfung zu unterziehen243. Die Absicht der Kabinettsmehrheit, den sich anbahnenden Konflikt durch eine dilatorische Behandlung der Streitfrage zu entschärfen244, wurde unterlaufen, als die Reichsregierung nach einer rechtsoppositionellen Nationalversammlungsanfrage zur Wirtschaftspolitik einer Stellungnahme nicht länger ausweichen konnte. Wissell formulierte seine Vorstellungen in einem Antwortentwurf noch einmal programmatisch; dem Kabinett gab er bekannt, daß er sein Verbleiben im Amt von einer positiven Entscheidung über sein Programm abhängig machen werde245. Diese Entscheidung fiel im Reichskabinett nach längerer Aussprache am 8. Juli 1919.

243

Dok. Nr. 2.

244

Dok. Nr. 12, P. 11.

245

Dok. Nr. 19a und b.

Aus der vielschichtigen Diskussion bleibt hervorzuheben, daß vor allem die Zentrumsminister nicht von vornherein gegen die Gemeinwirtschaft Front machten. Maßgebend für diese Haltung waren die in der Zügelung des Kapitalismus und die in der berufsständischen Wirtschaftsorganisation liegenden Gemeinsamkeiten zwischen ihren und Wissells Vorstellungen. Das Experimentieren mit einer neuen Wirtschaftsordnung aber, deren Folgen gar nicht abzusehen waren, lehnten sie angesichts der deprimierenden Wirtschaftslage im Sommer 1919 ab246. Die sozialpolitischen Motive Wissells hob Innenminister David anerkennend hervor. Doch wies er darauf hin, daß mit einer Entscheidung für Wissells Programm das Kabinett seinen eigenen Fortbestand aufs Spiel setze, da eine Nationalversammlungsmehrheit für Wissells Pläne nicht zu finden sein werde. Die sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder befürchteten, daß die Konsequenz der Gemeinwirtschaft die staatlich sanktionierte Konservierung des Kapitalismus sein werde, die einer sozialistischen Umwandlung der deutschen Wirtschaft nach ihrem Wiederaufbau im Wege stehen werde. Das gesamte Kabinett sprach sich daraufhin gegen die Umgestaltung des Wirtschaftslebens nach gemeinwirtschaftlichen Prinzipien aus. Einigkeit bestand darin, die Sozialisierungspolitik – einschränkend verstanden als Verstaatlichung der Produktionsmittel – voranzutreiben und über weitere Reformen den noch zu schaffenden Reichswirtschaftsrat befinden zu lassen247. Wissell fühlte sich nach dieser Abstimmungsniederlage von seinen Kabinetts- und Parteigenossen im Stich gelassen. Nachdem der Versuch der SPD-Fraktion, eine Angleichung der Standpunkte herbeizuführen, fehlgeschlagen war, schied er am 12. Juli 1919 aus der Reichsregierung aus248.

246

Dok. Nr. 20, P. 4 nebst Anlage; vgl. dazu auch die dem Kabinett zur Vorbereitung dieser Sitzung vorgelegte Denkschrift RSchM Mayers über die „Planwirtschaft“ (Dok. Nr. 16).

247

Dok. Nr. 20, P. 4 nebst Anlage.

248

Dok. Nr. 23.

 

Am 23. Juli 1919 entwickelte Reichsministerpräsident Bauer sein Regierungsprogramm vor der Nationalversammlung249. In seinen wirtschaftspolitischen Ausführungen unterzog er die Gemeinwirtschaft erneut einer scharfen Kritik. Er[LXX] kündigte eine Kursänderung in der Wirtschaftspolitik insofern an, als nach einem Stadium doktrinärer Erörterungen nun zu praktischer Arbeit geschritten werden solle. Verhüllt brachte er zum Ausdruck, daß die von ihm geführte Koalitionsregierung ein alternatives, in sich geschlossenes Wirtschaftsprogramm nicht anzubieten habe bzw. sich, wie der neue Reichswirtschaftsminister Schmidt am folgenden Tag ausführte, „auf ein allgemeines, bestimmtes Arbeitsprogramm“ nicht festlegen lassen wolle250. Aus dem Maßnahmenkatalog der Reichsregierung ragte die Ankündigung heraus, sozialisierungs„reife“ Stromerzeugungs- und Bergbauunternehmen in Reichsbesitz zu überführen und kriegswirtschaftlich bedingte Zwangsmaßnahmen schrittweise abzubauen. Diese Ankündigungen basierten auf zwischenzeitlich gefaßten Kabinettsbeschlüssen251. Der Wirtschaftspolitik der Regierung Bauer war mit diesen Entscheidungen eine Richtung gewiesen, die sich in ihrer Sozialisierungsentschlossenheit an sozialistischem Gedankengut einerseits und in ihrer Liberalisierungsbereitschaft an vorrevolutionären Wirtschaftsanschauungen andererseits orientierte. Ihrer Tendenz nach standen die sich hier manifestierenden Wirtschaftsprinzipien in einem fundamentalen Spannungsverhältnis zueinander. Konflikte, die die praktizierte Wirtschaftspolitik der sozialliberalen Regierung Bauer empfindlich lähmen sollten, waren damit vorprogrammiert.

249

NatVers.-Bd. 328, S. 1843  ff.

250

Ebd., S. 1866 ff.

251

Dok. Nr. 12, P. 5; 14, P. 5, , 6 und 11; 25, P. 4 und 10; 30, P. 8; 31, P. 2.

Den Ministern wurde die Diskrepanz deutlich vor Augen geführt, als die Ilseder Hütte AG. sich anschickte, einen bereits ausgearbeiteten Gesetzentwurf zur Sozialisierung dieses bedeutenden Montanunternehmens zu unterlaufen. Mit dem Ziel, die privatwirtschaftliche Organisationsform der Ilseder Hütte zu erhalten, bot die Unternehmensleitung der Reichsregierung an, aus dem Krieg herrührende Ansprüche des Reichs ebenso wie die Frage der zukünftigen öffentlichen Einflußnahme auf die Unternehmenspolitik in einem für das Reich finanziell günstigen Privatvertrag zu regeln. Reichskanzler Bauer wies dieses Ansinnen zurück. Er habe in seiner Programmrede an die Adresse der Arbeiterschaft die Zusage gemacht, daß auf die gescheiterten Gemeinwirtschaftspläne Wissells eine zielbewußte Sozialisierungspolitik folgen werde. Reichsschatzminister Mayer hielt es dagegen nicht für sinnvoll, den zur Debatte stehenden Gesetzentwurf, „nur um dem Prinzip der Sozialisierung gerecht zu werden“, zu verabschieden. Dem Streit der hier offen an den Tag tretenden Grundsatzhaltungen in der Sozialisierungsfrage setzte das Votum des Interfraktionellen Ausschusses der Regierungsparteien ein Ende. Das Kabinett unterwarf sich der von den Parlamentariern zugunsten der privatwirtschaftlichen Lösung getroffenen Entscheidung und zog sein Sozialisierungsgesetz zurück252.

252

Dok. Nr. 42, P. 10; 45, P. 5; 49, P. 1 und 9; 75, P. 2; 78; 112, P. 11.

 

Noch vor diesem Einbruch in die Sozialisierungspolitik der Regierung Bauer legte Reichswirtschaftsminister Schmidt dem Kabinett im September 1919 die Grundzüge seiner Wirtschaftspolitik dar253. Er kleidete seine Ausführungen bewußt in die Form von „Richtlinien“. Ein langfristiges Programm glaubte er[LXXI] wiederum nicht vorlegen zu dürfen, da es ein Gebot der Stunde sei, die Wirtschaftspolitik auf die Bewältigung der „dringendsten Gegenwartsfragen“ abzustellen. In der Tat mußte sich, darauf ist bereits hingewiesen worden, das Reichskabinett mit einer Fülle aktueller Wirtschaftsprobleme, oftmals hastig improvisierend, befassen254. Schmidt bezeichnete die in erster Linie mit marktwirtschaftlichen Mitteln zu betreibende Steigerung der Arbeitsproduktivität als sein vorrangiges binnenwirtschaftliches Ziel255. Seine außenwirtschaftlichen Überlegungen waren vornehmlich der Lockerung zwangswirtschaftlicher Ein- und Ausfuhrbeschränkungen gewidmet. Zukunftsorientierte sozialistische oder sozialreformerische Perspektiven – Ausführungen zur Teilsozialisierung und über die in der öffentlichen Diskussion auf der Tagesordnung stehende Betriebs- und Wirtschaftsrätegesetzgebung – traten demgegenüber in den Hintergrund. Den gärenden sozialen Kräften und Stimmungen glaubte der Minister durch eine bessere Verzahnung und wirksamere Kontrolle der Preis- und Lohnbewegungen Rechnung tragen zu können.

253

Dok. Nr. 65.

254

Die vom Kabinett zu bewältigenden Aufgaben können, soll der Rahmen der Einleitung nicht gesprengt werden, an dieser Stelle nicht erschöpfend aufgeführt werden. Stichwortartig lassen sich die Problemkreise wie folgt zusammenfassen: Versorgungs-, Transport- und Rohstoffengpässe; Arbeitsproduktivität und Arbeitsmoral; Lohn- und Preisauseinandersetzungen; Arbeitsniederlegungen, gewaltsame Arbeitskämpfe und Generalstreikdrohungen; Arbeitermangel und Arbeitszeitregelungen, insbesondere im rheinischen Kohlebergbau; wirtschaftspolitische Folgen des Versailler Vertrags. – Einzelheiten s. im Sachregister am Schluß dieses Bandes.

255

Dok. Nr. 65; s. dazu auch Dok. Nr. 36, P. 2; 44, P. 2; 63, P. 5; 153, P. 1; 173.

Die in den „Richtlinien“ offengelegten Liberalisierungstendenzen kamen den wirtschaftspolitischen Vorstellungen der DDP entgegen, so daß die Partei seit Anfang Oktober 1919 die Wirtschaftspolitik der Regierung Bauer mittragen konnte256. Konfliktbeladen blieben hingegen auch in der neuen Weimarer Koalition die durch den Regierungseintrittt der Demokraten nicht aus der Welt geschafften Differenzen über die zu schaffenden Wirtschaftsräte und die auszubauende Betriebsdemokratie. Nachdem die politischen Ansprüche der Rätebewegung in der ersten Jahreshälfte 1919 zurückgedrängt worden waren, zeigten sich die in dieser Frage im Arbeitnehmerlager vielfältigen Spannungen ausgesetzten Sozialdemokraten entschlossen, die sozialpolitischen Chancen, die der zentrale Mitbestimmungsartikel 165 der Weimarer Verfassung eröffnete, praktisch zu nutzen. Während sich die Anhörungen und Beratungen über den als eine Art Wirtschaftsparlament gedachten Reichswirtschaftsrat hinzogen257, hatte die SPD in den Koalitionsverhandlungen mit der DDP den bereits ausgearbeiteten Entwurf eines Betriebsrätegesetzes258 zum „Minimum ihrer Forderungen“ erhoben. Als dann das Gesetzgebungsverfahren bei der Diskussion der Bestimmungen über die Einsichtnahme der Betriebsräte in die Bilanz der Unternehmen und ihre Aufnahme in den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaften durch Interventionen der Demokraten ins Stocken geriet, schien eine Regierungskrise vorübergehend[LXXII] unabwendbar zu sein259. Letztlich konnten die strittigen Einzelfragen innerhalb der Regierungskoalition auf dem Kompromißwege gelöst werden.

256

Dok. Nr. 69.

257

Dok. Nr. 42, P. 9; 62, P. 5; 101; 131, P. 9.

258

Dok. Nr. 12, P. 5; 27; 36, P. 1; 39, P. 1.

259

Dok. Nr. 112, P. 14.

In seiner endgültigen Fassung reduzierte das Gesetz die wirtschaftliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer im wesentlichen auf die beratende Unterstützung und eine den Betriebsfrieden sichernde Mitarbeit der Betriebsräte im Einzelunternehmen. Diese „Entschärfung“ der Mitbestimmungsfrage trug nicht dazu bei, die grundsätzliche Ablehnung, die sowohl die Anhänger des wirtschaftlichen Rätegedankens und des klassenkämpferischen Sozialismus als auch die Arbeitgeber dem Gesetz entgegenbrachten, zu überwinden. Die heftigen parlamentarischen und außerparlamentarischen Auseinandersetzungen um seine Verabschiedung gipfelten am 13. Januar 1920 schließlich in einer blutigen Straßenschlacht vor dem Reichstagsgebäude260. Zusammen mit der Abwahl des für die Sozialpolitik in erster Linie zuständigen Reichsarbeitsministers Schlicke aus dem Vorstand des Metallarbeiterverbandes im Oktober 1919 und dem Ausschluß Reichswehrministers Noske aus dem Holzarbeiterverband setzten diese Vorkommnisse ein deutliches Zeichen für die an doktrinärer Schärfe zunehmenden Spannungen zwischen der organisierten Arbeiterschaft und dem gouvernementalen Flügel der Mehrheitssozialdemokratie. Von den Gewerkschaften unter Rechtfertigungszwang gestellt, hatte Reichskanzler Bauer im Januar 1920 keinen leichten Stand, die von seiner Regierung betriebene Politik des wirtschafts- und sozialpolitischen Kompromisses zu verteidigen und die Abwehr sozialrevolutionärer Tendenzen und Kräfte – auch mit den gewaltsamen Mitteln des militärischen Ausnahmezustands – zu rechtfertigen261.

260

Dok. Nr. 146.

261

Dok. Nr. 150 und 158.

Vor diesem Hintergrund zeichneten sich im Wirtschaftsleben des Deutschen Reichs, soweit es dem Einfluß der Reichsregierung unterlag, in der zweiten Jahreshälfte 1919 und Anfang 1920 folgende Entwicklungen ab262: Bei Sozialisierungsprojekten wurde kurzgetreten; dafür plante der Reichswirtschaftsminister, der sich dabei auch von fiskalischen Erwägungen leiten ließ, in verschiedenen Wirtschaftsbereichen Monopole zu errichten263. Während binnenwirtschaftlich die Elemente der Zwangswirtschaft – Höchstpreise, Rationierungen, Pflichtablieferungen, Beschlagnahmen usw. – nur zögernd gelockert wurden264, gab die Reichsregierung mit der Aufhebung der restriktiven Devisenan- und -verkaufsbestimmungen265 ein deutliches Signal für den Rückzug des Staates aus der Außenhandelskontrolle. Währungspolitische Gesichtspunkte traten zurück hinter die Absicht, dem Außenhandel durch eine differenzierte und von Kontrollapparaten[LXXIII] nur noch bedingt eingeschränkte Ein- und Ausfuhrpolitik endlich belebende Impulse zu geben266.

262

Zusammenfassend berichtet der RWiM in monatlichen Berichten über die Wirtschaftslage im Deutschen Reich. Ausgewählte Berichte sind als Dok. Nr. 118 und 154 in diesem Band abgedruckt.

263

Dok. Nr. 20, P. 4 nebst Anlage; 65; 68, P. 10; 86, P. 5.

264

Dok. Nr. 5, P. 7; 10, P. 4; 14, P. 5; 22, P. 4; 37, P. 7; 42, P. 6; 56, P. 11; 60, P. 3; 63, P. 6; 66, P. 7 und 8; 75, P. 4 und 5; 84, P. 6; 97, P. 5; 112, P. 6; 131, P. 3; 169, P. 1; 171, P. 3; 181, P. 1; 182, P. 1.

265

Dok. Nr. 12, P. 11; 22, P. 3; 129, P. 5.

266

Dok. Nr. 42, P. 6; 56, P. 13; 65, insbesondere Anm. 9 und 12; 84, P. 15; 85, P. 4; 100, P. 3; 101, P. 3; 112, P. 7; 154, insbesondere Anm. 9.

Diese Maßnahmen waren leichter zu fordern, als praktisch zu fördern. In den besetzten Rheinlanden konnten die deutschen Zollhoheitsrechte nur teilweise wahrgenommen werden, so daß durch dieses „Loch im Westen“ Waren- und Kapitalströme ohne die regulierende Einflußnahme seitens des Reichs hin- und herflossen. Einer gezielten deutschen Außenhandelspolitik waren daher von vornherein, zumindest bis zur Anerkennung deutscher Ein- und Ausfuhrlisten durch die Besatzungsmächte, enge Grenzen gesetzt267. Kapitalbesitzern fiel es nun leichter, „aus der Mark“ zu fliehen; ausländische Luxusgüter drangen auf dem deutschen Markt vor, während deutsche Waren unter Ausnutzung des Währungsgefälles zu Schleuderpreisen im Ausland „ausverkauft“ wurden. Der auf Deutschland lastende Inflationsdruck verschärfte sich rapide; Preissprünge auf dem Binnenmarkt waren keine Seltenheit268.

267

Dok. Nr. 62, P. 1 und 2; 65, insbesondere Anm. 8; 118; 119, P. 1.

268

Dok. Nr. 22, P. 3; 39, P. 2; 41, P. 7; 43, P. 3; 47; 79, P. 3; 88, P. 8; 91, P. 5; 95, P. 2; 112, P. 2 und 5; 117, P. 6; 154, Anm. 7; 184, P. 6, insbesondere Anm. 7.

Angesichts der gegen Ende 1919 allgemein als katastrophal empfundenen Wirtschafts- und Ernährungslage269 nimmt es nicht wunder, daß neben dem Außenhandelskonzept270 auch das Amt und die Person des derzeitigen Reichswirtschaftsministers sich innerhalb und außerhalb des Kabinetts einer über das Normalmaß oppositionellen Widerspruchs hinausgehenden Kritik ausgesetzt sahen. Durchgreifende Abhilfe versprach sich zum Beispiel Innenminister Koch von der Ernennung eines „Wirtschaftsdiktators oder doch eines überragenden Ministers für diese Dinge“. Bei Reichskanzler Bauer arbeiteten deshalb die deutsch-demokratischen Minister im Januar 1920 auf die „Erschütterung“ der Position Schmidts, zumindest aber auf die Feststellung seiner „Verantwortung“ für die Misere hin271. Mit Beschlüssen über verstärkte Außenhandelskontrollen und erneute Kapitaltransferbeschränkungen korrigierte die Reichsregierung vorangegangene Entscheidungen und kehrte damit um die Jahreswende 1919/1920 zu einer strafferen Wirtschaftslenkung zurück272.

269

Dok. Nr. 93; 139; 151, P. 2.

270

Dok. Nr. 62, P. 2; 82, P. 3; 119, P. 1, insbesondere Anm. 5; 125, P. 12.

271

Dok. Nr. 125, Anm. 7; 151, Anm. 4.

272

Außenhandelsbeschränkungen: Dok. Nr. 119, P. 1; 125, P. 12; 154, Anm. 9; 171, P. 5; 181, P. 1; 184, P. 6; 186, P. 9; Kapitaltransferbeschränkungen: Dok. Nr. 119, P. 1; 129, P. 5. – Vgl. in diesem Zusammenhang bereits die Ausführungen zur Valutafrage in dem Schreiben des RFM an alle Landesregierungen vom 3.10.1919 (R 43 I /2354 , Bl. 193–195).

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