2.172.1 (bau1p): 1. Allgemeine Lage.

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1. Allgemeine Lage.

Die politische Lage infolge der Note der Entente über den vorläufigen Verzicht auf Auslieferung2 wurde besprochen. Eine Antwort auf die Note wurde in Aussicht genommen; diese soll im Auswärtigen Amte vorbereitet werden und, vorbehaltlich näherer Prüfung, darauf eingehen, daß die Deutschen, die[605] bereits in feindlicher Hand sind, ebenso wie die übrigen, denen Kriegsverbrechen zur Last gelegt werden, behandelt werden, also nach Deutschland zurückgelassen werden müssen.

2

In der am 17. 2. vom engl. Geschäftsträger in Berlin, Lord Kilmarnock, überreichten Note des Obersten Rates vom 13. 2. stimmten die All. der von der RReg. in ihrer Note zur Auslieferungsfrage vom 25. 1. vorgeschlagenen Einleitung von strafgerichtlichen Verfahren vor dem Reichsgericht in Leipzig gegen alle Personen, deren Auslieferung zunächst beabsichtigt war, zu. Die Mächte behielten sich aber das Recht vor zu prüfen, ob die Gerichtsverfahren nicht darauf hinausliefen, die Schuldigen der gerichtlichen Bestrafung für deren Vergehen zu entziehen. In einem solchen Fall würden die All. die Schuldigen vor eigene Gerichte stellen (Urkunden zum Friedensvertrage von Versailles vom 28. Juni 1919. Teil II, S. 948).

Die Verfolgung der Beschuldigungen vor dem Reichsgericht soll unbeirrt durch die Stellungnahme der Entente, durch Einwendungen der konservativen Presse oder Bemerkungen der linksradikalen Presse durchgeführt werden3.

3

Nach Zustimmung durch das RKab. am 24. 2., legt der RJM am 26. 2. der NatVers. den Entw. eines Ergänzungsgesetzes zum Ges. zur Verfolgung von Kriegsverbrechen und Kriegsvergehen vom 18.12.19 vor. Durch die Novellierung soll die Verfolgung der bezeichneten Straftaten von früheren Verurteilungen durch die dt. Militärjustizbehörden, von Verjährungsfristen und von der nach der Novemberrevolution erlassenen mil. Amnestie unabhängig gemacht werden. Andernfalls wäre die von den All. erwartete erneute Einleitung von Strafverfahren in einer Reihe von Fällen nach den geltenden dt. Strafbestimmungen unzulässig. Ferner überläßt der GesEntw. für den Fall, daß der Oberreichsanwalt eine Anklage wegen eines möglicherweise begangenen Kriegsverbrechens nicht erheben will, die Entscheidung, ob das Verfahren dennoch durchzuführen sei, dem 1. Strafsenat des Reichsgerichts. Hierdurch soll sichergestellt werden, wie die RReg. in ihrer Antwortnote an den Vorsitzenden des Obersten Rates vom 7. 3. mitteilen läßt, daß die Durchführung, Einstellung oder Wiederaufnahme von Verfahren „nicht durch die in gewissem Umfang von den Weisungen der vorgesetzten Dienststellen abhängige Strafverfolgungsbehörde, sondern nur durch die Entscheidung des Reichsgerichts erfolgen kann“ (Urkunden zum Friedensvertrage von Versailles vom 28. Juni 1919. Teil II, S. 949). – Zu dem GesEntw. s. auch Dok. Nr. 172, P. 1.

Gegenüber der Stellungnahme der konservativen Presse soll auf die einstimmige Zustimmung der Rechtsparteien zu dem Gesetz vom 18. Dezember 1919, durch das die Verfolgung vor dem Reichsgericht vorgeschrieben ist4, hingewiesen werden.

4

Vgl. Dok. Nr. 125, P. 6.

Eine im Verlage von Gersbach & Sohn, Berlin, erscheinende Broschürenfolge „Die Bestie im Weltkriege“ wurde erwähnt. Der Vertreter des Reichswehrministers und der Reichsminister des Äußeren erklärten, daß es sich nach den bisherigen Feststellungen um eine private Herausgabe, ohne amtliches Material, handle, die dementsprechend unzuverlässig sei. Von einem Verbot soll vorläufig, wenn sich nicht besonderer Anlaß dazu ergibt, abgesehen werden.

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