1.18.1 (bru3p): 1. Deutsch-schweizerische Handelsvertragsverhandlungen.

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1. Deutsch-schweizerische Handelsvertragsverhandlungen.

Ministerialdirektor Ritter führte aus, die Schweiz habe die Kündigung des deutsch-schweizerischen Handelsvertrages bis Dienstag, den 3. November, zurückgestellt. Sie habe gebeten, die Kündigungsfrist auf zwei Monate herabzusetzen und inzwischen noch eine Einigung zu versuchen1.

1

Vgl. zum bisherigen Stand der Verhandlungen Dok. Nr. 523, P. 3.

Er halte es für taktisch richtig, diesen Vorschlag anzunehmen.

Staatssekretär Dr. Trendelenburg sprach sich entschieden dagegen aus. Die maßgebenden Verhandlungen würden nach diesem Vorschlage in den November fallen, während sie sonst vor Ablauf der Kündigungsfrist, also etwa im Januar stattfänden. Zunächst müsse Klarheit über die Schuldenbeziehungen zwischen beiden Ländern geschaffen werden. Es bestände keine Hoffnung, bei weiteren Verhandlungen zu einer Einigung zu kommen, wenn nicht hinsichtlich der Zollkontingente nachgegeben würde. Das sei aber für Deutschland nicht möglich, ohne seine Stellung gegenüber den anderen Ländern, insbesondere Frankreich und Holland, auf das schwerste zu beeinträchtigen.

Die Presseauseinandersetzung der letzten Tage scheine das Auswärtige Amt zu veranlassen, auf ein besseres Verhältnis zwischen beiden Ländern hinzuwirken. Das ginge aber nicht, wenn die große Linie dabei verlassen werden müßte.

Ähnlich sprach sich der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft aus.

Auch der Reichsminister der Finanzen wünschte keine Kontingente wegen der unabsehbaren Folgen. Darüber dürfe der Schweiz kein Zweifel gelassen werden. Nach dem Bericht des deutschen Gesandten in Bern beschwere sich die Schweiz auch über die deutschen Preise, die wesentlich niedriger lägen als die schweizerischen. Vielleicht wäre es möglich, hierüber zu verhandeln. Es müsse vermieden werden, die Schweiz zu verprellen.

Ministerialdirektor Ritter ging auf die inneren Verhältnisse der Schweiz näher ein. Seit Januar etwa habe sich der Eindruck verstärkt, daß nicht die Mehrheit hinter dem Verlangen nach dem Kontingentssystem stände. Die Zeitungen seien bei den Auseinandersetzungen sachlich überwiegend auf deutscher Seite gewesen. Die Kontingentswünsche würden von verhältnismäßig wenigen Persönlichkeiten getragen, insbesondere von Stucki. Der Hinweis in der Presse auf die Erörterungen der Schweizer Regierung wegen einer Ausgleichsspanne sei mit Absicht erfolgt. Die[1892] Ressorts hätten darauf gedrängt, daß die Presse eingeschaltet würde. Auch das Kabinett Stucki sei dadurch bloßgestellt worden. Der Bundesrat habe dementiert. Würde auf das neue Angebot der Schweiz nicht eingegangen, so würden die in Frage kommenden Persönlichkeiten erneut Gelegenheit haben, in der Öffentlichkeit gegen Deutschland Stimmung zu machen. Wenn auch keine Einigung zu erwarten sei, so muß doch der Versuch im Sinne des Schweizer Vorschlages gemacht werden.

Nach weiterer kurzer Aussprache einigte sich das Kabinett dahin, daß dem Vorschlage der Schweiz, die Kündigungsfrist auf zwei Monate abzukürzen, und alsdann die Verhandlungen für einen neuen Handelsvertrag fortzusetzen, zugestimmt werden soll unter der Voraussetzung, daß Deutschland jede Erörterung von Kontingentswünschen der Schweiz ablehnt2.

2

Zum Fortgang der Beratungen siehe Dok. Nr. 574, P. 1.

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