2.164.1 (feh1p): [Frage der Arbeitsbeschaffung]

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[Frage der Arbeitsbeschaffung]

Der Herr Reichskanzler eröffnete die Besprechung, indem er darauf hinwies, daß die Regierung gern dem Wunsche des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes entsprochen habe, die schwierige Frage der vermehrten Arbeitsbeschaffung mit den Gewerkschaften in Gegenwart der beteiligten Reichs- und preußischen Ressortminister sowie von Vertretern der politischen Parteien des Reichstags zu besprechen2. Der Vertreter des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reichstagsabgeordneter Robert Schmidt, wies darauf hin, daß im Vordergrund des Interesses die Belebung des Baumarktes stünde und daß deshalb möglichst bald Mittel für diese Zwecke zur Verfügung gestellt werden möchten3. Neben dieser besseren Beschäftigung auf dem Baumarkt müsse man[435] versuchen, unter gewissen Bedingungen öffentliche Mittel für die Reparaturen an Häusern bereitzustellen; endlich müsse der Wohnungsbau in den Bergwerksbezirken beschleunigt werden4. Die durch Organisationsschwierigkeiten eingetretenen Verzögerungen sollten tunlichst umgehend beseitigt werden. Ferner regte er an, daß die großen Verkehrsverwaltungen, Eisenbahn und Post, größere Aufträge herausgeben und die Anschaffungen nicht bloß auf das notwendigste beschränken sollten. Hierbei müsse allerdings versucht werden, die Industrie zum Verzicht auf die hohen Gewinne, die sie bisher bezogen habe, zu bringen. Ferner müßten auch größere Aufträge für die Notstandsversorgung erteilt werden5 und der von den Gewerkschaften bisher vermittelte Wareneinkauf weiter fortgeführt werden6, um unter Ausschaltung aller Zwischeninstanzen direkt den Konsumenten die Ware zuzuführen. Endlich richtete er an die Vertreter der preußischen Ministerien die Bitte, die in Aussicht genommene Kultivierung von Moor- und Ödländereien in größerem Umfang als bisher in Angriff zu nehmen, damit auch hier Arbeitslose beschäftigt werden könnten7.

2

In welcher Weise der Wunsch des ADGB nach einer Besprechung an die RReg. herangetragen worden ist, ließ sich in R 43 I nicht ermitteln.

3

Schon im November 1920 hatte der RArbM in einem Schreiben an den RK geschrieben: „Die tatkräftige Förderung des Neubaues von Wohnungen ist auch für das Jahr 1921 aus zwei Gründen notwendig. Einmal kann die immer drückender werdende Wohnungsnot, welcher heute die größte politische Bedeutung beikommt, nur durch Neubauten wenn nicht behoben, so doch gemildert werden. Zweitens würde ein Stillstand der Bautätigkeit eine weitere Vermehrung der Erwerbslosigkeit zur Folge haben, da die bislang notdürftig im Gange gehaltenen Bauunternehmungen sowie die Betriebe der Baustoffindustrie ihre Tätigkeit einstellen müssen.“ (Der RArbM an den RK am 22.11.1920, R 43 I /2340 , Bl. 71).

4

Der Wohnungsbau in den Bergwerksbezirken diente der Unterbringung neueingestellter Bergarbeiter. Diese Neueinstellungen waren notwendig geworden, um die Verpflichtungen des Friedensvertrages auf Lieferung von Kohlen zu erfüllen. Die Kosten für diese Wohnungsbauten wurden aus einer Kohlenpreiserhöhung gedeckt, die am 30.12.1919 beschlossen worden war und die ausschließlich diesem Zweck zufließen sollte (Bestimmung über die Gewährung von Beihilfen aus Reichsmitteln zur Errichtung von Bergmannswohnungen, Reichszentralblatt 1920, S. 65).

5

Die Textilnotstandsversorgung war eine reichseigene Gesellschaft, die sich mit dem Verkauf von Textilien aus Militärbeständen zu verbilligten Preisen befaßte. Durch den Kabinettsbeschluß vom 4.5.1920 war die Textilnotstandsversorgung ermächtigt worden, Neuanschaffungen von Textilien vorzunehmen, die ebenfalls zu billigen Preisen verkauft werden sollten. Um die Erteilung dieser Aufträge ging es hier. Siehe dazu den Band „Das Kabinett Müller I“ dieser Edition, Dok. Nr. 78, P. 7.

6

Der Wareneinkauf war eine Einrichtung der gewerkschaftlichen Spitzenverbände, die den Bezug billiger Textilien für Gewerkschaftsmitglieder ermöglichen sollte. Als zentrale An- und Verkaufsorganisation war zu diesem Zweck eine „Versorgungsstelle dt. Gewerkschaften“ gegründet worden, mit der das Reich eine Reihe von Kreditverträgen abgeschlossen hatte (Der RArbM an den RK am 24.12.1920, R 43 I /2026 , Bl. 5).

7

Zur Kultivierung von Mooren und Ödländereien in Preußen s. Dok. Nr. 84, P. 1.

Zusammenfassend wies er darauf hin, daß auch vom politischen Gesichtspunkt aus es unbedingt notwendig sei, die Arbeitslosen von der Straße herunterzubringen und sie der Arbeit zuzuführen. Es müsse auch erwogen werden, ob nicht Wechselschichten8 oder eine kürzere Arbeitszeit von Fall zu Fall anzuordnen sein werde. Er gab zu, daß die Produktionskosten dadurch gesteigert würden, glaubte aber mit Rücksicht auf die ganze Lage das soziale Moment heute mehr in den Vordergrund stellen zu müssen.

8

Unter „Wechselschichten“ verstand man die Verwendung mehrerer Schichten von Arbeitskräften. Eine bestimmte Arbeit wurde unter mehrere Schichten aufgeteilt, von denen ein Teil jeweils in Arbeit stand, während der andere Teil Erwerbslosenunterstützung bezog. Nach einer bestimmten Zeit wechselten dann die Schichten (Der RArbM an den RK am 7.1.1921, R 43 I /2026 , Bl. 23).

Der Reichsarbeitsminister teilte die Sorgen des Vorredners über die Fortentwicklung des Arbeitsmarktes in Deutschland. Die Zahl der erwerbslosen Hauptunterstützungsempfänger sei von 365 000 am 15. Dezember 1920 auf 408 768 am 1. Januar 1921 gestiegen; das bedeute eine Zunahme von 43 000.[436] Viel größer sei aber die Zahl der unterstützten Familienangehörigen. Diese haben am 15. Dezember 1920 381 367, am 1. Januar 1921 = 453 647, also rund 72 000 mehr, betragen. Die Aussichten auf dem Arbeitsmarkte seien trübe. Die Landwirtschaft werde erst allmählich Arbeitskräfte anziehen, der Bergbau sei nicht mehr aufnahmefähig, die Textilindustrie sei zur Zeit gut beschäftigt, für die Zukunft habe er aber auch dort Sorgen. Am ungünstigsten lägen die Verhältnisse auf dem Baumarkt, in der Metall- und in der Holzindustrie. Er hoffe, daß das Wohnungsproblem bald einem praktischen Ergebnis zugeführt werden könne; die entsprechende Vorlage läge bereits den gesetzgebenden Körperschaften vor9. Bezüglich der Schaffung von Wohnungen für die Bergleute würde das Nötige geschehen; auch die Warenversorgungsstelle solle weiterhin ihre Tätigkeit fortsetzen. Ministerialrat Dr. Weigert ergänzte die Ausführungen des Reichsarbeitsministers. Er teilte mit, daß bisher 4 400 Unternehmungen mit Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge in Angriff genommen seien10. Die Zuschüsse hätten bisher 660 Millionen Mark betragen, von denen das Reich die Hälfte aufgewendet habe; der Gesamtaufwand würde 2½ Milliarden Mark betragen. Dadurch würde es möglich sein, 200 000 wechselnde Arbeitskräfte 4 Monate zu beschäftigen. Er richtete sodann einen Appell an die verschiedenen Verwaltungen, das ihrige zu tun, um Arbeitsgelegenheit zu beschaffen.

9

Am 28.1.1921 hatten RReg. und RR in einer Doppelvorlage beim RT den Entw. eines Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe zur Förderung des Wohnungsbaues eingebracht (RT-Drucks. Nr. 1388, Bd. 365 ). Mit dieser Abgabe sollten alle Gebäude, die vor dem 1.7.1918 fertiggestellt worden waren, belastet werden. Die Einkünfte aus dieser Abgabe sollten dem öffentlichen Wohnungsbau zufließen.

10

Zu den Einzelheiten der produktiven Erwerbslosenfürsorge s. Dok. Nr. 80, Anm. 9.

Staatssekretär Dr. Ramm vom Preußischen Landwirtschaftsministerium bat, bei der Geldzuweisung aus Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge eine weitere Vereinfachung eintreten zu lassen11 und bei der Auswahl der Arbeiter nicht zu schwerfällig sein. Im übrigen gab er zu bedenken, daß eine Herausziehung der Arbeiter aus der Großstadt mit Rücksicht auf die Furcht vor den Unbilden der Witterung bei Kanalbauten und Kultivierungen nicht immer leicht sein würde12.

11

Die Ausführungsbestimmungen für die produktive Erwerbslosenfürsorge waren bereits am 10.1.1920 vom RArbM erlassen worden. Durch diese Bestimmungen war ein sehr schwieriges und umständliches Antrags- und Abrechnungsverfahren für Mittel aus der produktiven Erwerbslosenfürsorge vorgeschrieben (Bestimmungen zur Ausführung des § 15 der ReichsVO über Erwerbslosenfürsorge, R 43 I /2025 , Bl. 69–72).

12

Arbeitskräfte für die durch Mittel der produktiven Erwerbslosenfürsorge unterstützten Arbeiten durften nur aus dem öffentlichen Arbeitsnachweis entnommen werden. Weiterhin war vorgesehen, Erwerbslose aus den Städten zu Arbeiten auf das Land zu vermitteln, wenn die Erwerbslosen der ländlichen Bezirke für die vorgesehenen Aufgaben nicht ausreichen sollten (Bestimmungen zur Ausführung …, R 43 I /2025 , Bl. 69–72).

Ministerialdirektor Mulert vom Preußischen Ministerium des Innern empfahl, die Fortführung der Schnellbahnen in Großberlin möglichst durch Hergabe von Geldmitteln zu fördern, da auf diese Weise am besten der Arbeitslosigkeit hier in der Großstadt gesteuert werden könne.

Ministerialrat v. Geldern vom Preußischen Wohlfahrtsministerium äußerte die Erwartung, daß sich die Schwierigkeiten beheben lassen würden, die in[437] Preußen bisher gegen die Unterstützung von Unternehmungen des Reiches mit Mitteln der Erwerbslosenfürsorge bestanden hätten.

Der Reichspostminister teilte mit, daß seitens der Post verschiedene Momente zur Lösung der Frage der Arbeitsbeschaffung beitragen könnten. Er erinnere nur an die Reparatur der Postwagen, Anfertigung von Möbeln, Durchreparierung aller Postgebäude. In dieser Beziehung seien bereits Anordnungen von ihm getroffen. Weiterhin sei zu denken an die schleunige Inangriffnahme von Neubauten und an den Umbau des Telegraphenwesens. Seiner Auffassung nach würde man um eine Verlegung der Linien aus der Luft in Kabel in die Erde nicht herumkommen. Allerdings würde die letztere Aufgabe erhebliche Lasten bedeuten. Die Gesamtsumme veranschlage er auf 9 Milliarden Mark, die gegebenenfalls von der Industrie aufgebracht werden müßten. Dadurch würde eine Beschäftigung der Kabelindustrie und sämtlicher Nebengewerbe auf etwa 11 Jahre gewährleistet.

Der Reichsverkehrsminister erklärte, daß bereits erhebliche Beträge bewilligt und weitere angefordert seien, so daß er glaube, im ganzen für 16 Milliarden Aufträge erteilen zu können. Er würde bereit sein, in Orten oder zu Zeiten, wo die Arbeitslosigkeit besonders stark sei, die Aufträge zu kumulieren.

Staatssekretär Dr. Hirsch gab eine Übersicht über die ungünstige Rückwirkung der zunächst für unser Wirtschaftsleben günstigen Folgen der Valuta-Verschlechterung, der sogenannten Spa-Devisen und des Fünfgoldmarkfonds13. Von größter Bedeutung sei für Deutschland die Frage des Exports: hier sei insbesondere die Leistung von Qualitätsarbeit geboten, gegebenenfalls könne eine Belebung des Baumarktes, die Notstandsversorgung und eine Zentralisation der Auftragserteilung seitens der Reichsbehörden helfen14. Die Kreditschwierigkeiten hoffe er durch die Hilfskasse für gewerbliche Unternehmungen zu beseitigen15 und die auf Preisabbau gerichtete Preispolitik für Kohlen und Eisen beizubehalten.

13

Siehe dazu Dok. Nr. 28, Anm. 1.

14

Bereits seit Dezember 1919 bestanden Pläne, das Beschaffungswesen des Reiches zentral zu regeln. Dabei sollten für alle Reichsstellen gleiche Grundsätze und Richtlinien für die Beschaffung aufgestellt werden (Schreiben des RSchM an alle Ministerien am 1.12.1919, R 43 I /897 , Bl. 9–10). Eine grundsätzliche Einigung der beteiligten Stellen hatte sich bis zum Ende des Jahres 1920 jedoch noch nicht ergeben (Der RVM an alle Ministerien am 8.12.1920, R 43 I /897 , Bl. 96).

15

Die Hilfskasse für gewerbliche Unternehmungen hatte die Aufgabe, privaten gewerblichen Unternehmungen, die unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren, durch die Gewährung von Darlehen die Weiterführung des Betriebes zu ermöglichen. Hauptziel dieser Kreditgewährung war die Erhaltung von Arbeitsplätzen (Merkblatt über die Hilfskasse für gewerbliche Unternehmungen vom Dezember 1920, R 43 I /2026 , Bl. 7).

Staatssekretär Peters vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten glaubte, durch Kanalbauten, insbesondere den Bau des Mittellandkanals16, Arbeitsgelegenheit schaffen zu können. Notwendig sei jedoch eine bessere Belieferung mit Kohlen und eine schleunige Entschließung der Reichsregierung, auf die vom 1. April 1921 der Bau der Wasserstraßen übergeht.

16

Zum Bau des Mittellandkanals s. Dok. Nr. 65, P. 8, bes. Anm. 25.

Das Mitglied des Reichstags Dr. Zapf richtete einen Appell an die Industrie; [er] war der Auffassung, daß die Kurzarbeit zwar produktionsverteuernd, aber[438] zur Zeit wohl notwendig sei. Alles möge daran gesetzt werden, die Exportindustrie zu fördern.

Reichstagsabgeordneter Leicht brachte einen Spezialwunsch auf Förderung des Baues einer Lokalbahn im Jura vor, um das Erzgebiet dort zu erschließen.

Abgeordneter Erkelenz versprach sich einen wesentlichen Erfolg nur durch Siedlung, da seiner Auffassung nach nur eine Umschichtung der Stadtbewohner auf das Land der Arbeitslosigkeit würde wirksam begegnen können.

Der Vertreter des Gewerkschaftsbundes, Cohen, verhehlte nicht seine Enttäuschung über die von den einzelnen Ressortvertretern gemachten Ausführungen. Die von dem Reichsarbeitsminister genannten Zahlen bezögen sich nur auf die voll Unterstützten, nicht aber auf die Kurzarbeiter und sonstigen Arbeiter. Er glaube daher, daß man die Arbeitszeit in den Vollbetrieben herabsetzen und Arbeitslose einstellen müsse. An die Vollarbeiter sollte ein entsprechender Appell gerichtet werden; diese könnten den Ausfall an Lohn nicht allein tragen, sondern müßten hierbei durch Reich und Länder unterstützt werden. Im übrigen wies er auf Grund von Besprechungen, die er in Kopenhagen mit dänischen Gewerkschaftsvertretern gehabt habe, darauf hin, daß wir sehen müßten, unsere Exportartikel so hoch im Preise zu gestalten, daß das Ausland unsere Waren wegen Unterbietung nicht sperrte.

Herr Wieber empfahl, darauf zu drücken, daß deutsche Arbeiter und Unternehmer möglichst bald zum Wiederaufbau in Belgien und Nordfrankreich zugelassen würden17, und bat dringend dafür zu sorgen, daß auf allen Gebieten eine Verbilligung der Produktion eintrete, da das Volk zu den heutigen Preisen nicht kaufen könnte.

17

Dtld. war gemäß der §§ 1–4 der Anlage IV zu Teil VIII VV verpflichtet, zur Wiederherstellung der vom Kriege betroffenen Gebiete der Alliierten und ihrer Verbündeten Ersatz zu leisten. Die RReg. hatte bereits auf der Konferenz von Spa angeregt, dt. Firmen am Wiederaufbau der zerstörten Gebiete zu beteiligen (RT-Drucks. Nr. 187, Bd. 363 , Anlage 25).

Der Abgeordnete Kotzke bat dafür Sorge zu tragen, daß die Textilarbeiter weiter beschäftigt würden. Ihre Beschäftigung in der Landwirtschaft oder bei Kanalbauten würde wenig zweckmäßig sein, da sie dann ihre für die Textilindustrie notwendige Fertigkeit einbüßen würden.

Der Abgeordnete Hoch äußerte eine gewisse Enttäuschung darüber, daß zwar eine Reihe von Vorschlägen gemacht, über die Zurverfügungstellung des dafür notwendigen Geldes aber nichts gesagt sei. Die Gewißheit, daß Geld dafür beschafft werde, sei das Notwendigste; deshalb bitte er den Herrn Reichskanzler, sich mit allen Kräften dafür einzusetzen.

Ein Vertreter des Reichsfinanzministeriums teilte mit, daß sein Chef durch eine andere Besprechung an der Teilnahme verhindert sei, ihn aber beauftragt habe, von dem Inhalt der Besprechung ihm Kenntnis zu geben. Wieweit Mittel zur Verfügung gestellt werden könnten, müsse ernsthaft erwogen werden; soweit es am Reichsfinanzministerium liege, würde versucht werden, nach Möglichkeit zu helfen.

Der Reichsarbeitsminister faßte zum Schluß das Ergebnis der Besprechung zusammen:

[439] 1. Der Anregung des Staatssekretärs Ramm, etwaige formelle Hindernisse und Hemmungen bei der Zurverfügungstellung von Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge zu beseitigen, wird vom Arbeitsministerium entsprochen werden; bezüglich der Auswahl der Arbeiter könnten die Beschränkungen jedoch nicht fallen, da man unmöglich beispielsweise Arbeiter aus der Landwirtschaft für Kanalbauten herausziehen dürfe. Bei der Kultivierung der Moore würde mit Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge geholfen werden können. Das Projekt der Schnellbahnen in Großberlin werde von ihm geprüft werden; er gebe jedoch zu bedenken, daß hier annähernd 300 Millionen Mark à fonds perdu bezahlt werden müßten.

2. Das Projekt des Reichspostministers hinsichtlich der Kabelleitungen sei zu begrüßen, desgleichen die sonstigen Pläne, die Arbeitsgelegenheit bieten würden.

3. Die Aufträge des Reichsverkehrsministeriums sollten möglichst beschleunigt werden, und er freue sich für die nach dieser Richtung hin gegebenen Zusagen. Er müsse jedoch bitten, bei der Verteilung der Aufträge auch auf die Erwerbslosenzentren Rücksicht zu nehmen (Sachsen, Berlin) und die Aufträge möglichst Firmen in diesen Gebieten zuzuweisen. Er empfehle dem Verkehrsministerium, sich dieserhalb in ständiger Fühlungnahme mit dem Reichsamt für Arbeitsvermittlung zu halten, was zugesagt wurde.

4. Die Textilindustrie sei zur Zeit beschäftigt. Er richte aber an das Reichswirtschaftsministerium die dringende Bitte, die Notstandsversorgung nicht einzustellen und auch da sich bei der Verteilung der Aufträge mit dem Reichsamt für Arbeitsvermittlung in Verbindung zu halten.

5. Besonders schwierig sei die Frage des Wechsels der Belegschaft, die einer ernsten Prüfung unterzogen werden solle. Unter keinen Umständen dürfe die Agitation auf Einführung der 6-Stundenschicht im Bergbau unterstützt werden, wenn anders nicht die deutsche Wirtschaft zugrunde gehen solle.

Alle weiteren Anregungen würden von ihm verfolgt werden; auch würde versucht werden, auf eine Verbilligung der Bedarfsgegenstände hinzuwirken, soweit die Regierung dazu imstande sei.

Zum Schluß dankte der Reichsarbeitsminister den Erschienenen für ihr Erscheinen und bat um weitere Mitarbeit.

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