2.180.1 (feh1p): 1. Londoner Verhandlungen.

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1. Londoner Verhandlungen.

Reichsminister Dr. Simons führt aus, die englische Regierung habe mitgeteilt, daß die Sachverständigen2 zu der Konferenz nicht zugelassen würden. Er halte es daher für zweckmäßig, daß die Sachverständigen zunächst in Berlin blieben. Eine Auswahl könne erst mit Sicherheit getroffen werden, wenn sich in London herausgestellt habe, worüber Verhandlungen stattfänden. Er glaube, daß auch über die Entwaffnungsfrage verhandelt werde3. Er halte es für richtig, daß von den Reichsministern nur er allein als Vertreter des Reichskanzlers nach London gehe. Ministerialdirektor v. Simson und zwei Vortragende Räte des Auswärtigen Amts würden ihn begleiten. Das Auswärtige Amt würde auch das für London erforderliche Büro stellen. Außerdem schlage er vor, daß das Reichsfinanzministerium zwei Delegierte entsende, das Reichswirtschaftsministerium einen. Vom Reichsministerium des Innern werde ihn voraussichtlich Staatssekretär Dr. Lewald, vom Reichswehrministerium General v. Seeckt begleiten. Zweckmäßig wäre ferner eine Vertretung des Reichsarbeitsministeriums und des Reichsministeriums für Wiederaufbau durch je einen Herren. Hierzu käme noch der Vertreter für Bayern, Herr v. Meinel, und für Preußen, Geheimrat Fellinger4.

2

Anfang Februar 1921 hatte die RReg, eine Reihe von Sachverständigen berufen, deren Aufgabe es sein sollte, die Pariser Reparationsvorschläge zu prüfen und ein Gutachten vorzulegen. Ferner sollten sie an der Ausarbeitung der dt. Gegenvorschläge mitwirken. Zu ihnen gehörten u. a. der Vorsitzende des RWiR, Edler v. Braun, O. Wiedfeldt vom Direktorium der Krupp AG, H. Kraemer, Vorsitzender des wirtschaftspolitischen Ausschusses des RWiR, W. Cuno, W. Rathenau, H. Stinnes u. a.

Zu der vollständigen Liste der Sachverständigen s. RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366, S. 39 .

3

Die Einladung zu der Konferenz von London war von den Alliierten in der Note vom 29.1.1921 ausgesprochen worden (RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366, S. 7  f.). Weder in dieser Note noch in der brit. Einladungsnote vom 8.2.1921 (RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366, S. 26 ) waren jedoch die genauen Themen der Konferenz genannt worden.

4

Zu den dt. Delegierten auf der Londoner Konferenz s. RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366, S. 134 .

Der Herr Reichskanzler weist darauf hin, daß bei der Auswahl der Sachverständigen nicht einseitig vorgegangen werden dürfe.

Reichswirtschaftsminister Dr. Scholz betont, daß die Auswahl der Sachverständigen durch das Kabinett schleunigst erfolgen müsse, wenn auch die[483] Bestimmung darüber, wer von ihnen nach London gehen solle, später zu treffen sei.

Im übrigen stimmte das Kabinett den Ausführungen des Reichsministers Dr. Simons, insbesondere auch dem Vorschlage, daß er als einziger Minister die Reichsregierung in London vertreten solle, zu.

Die bei den vorstehend bezeichneten Verhandlungen nicht zugegen gewesenen Reichsminister Dr. Wirth und Dr. Brauns äußern Zweifel, ob es richtig sei, daß Reichsminister Simons als einziger Minister die Reichsregierung in London vertreten solle. Reichsminister Dr. Wirth betont, man würde diese Frage erst definitiv entscheiden können, wenn das Sachverständigengutachten vorläge5.

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Die von der RReg. berufenen Sachverständigen (s. o. Anm. 2) hatten seit dem 9. 2. in verschiedenen Kommissionen die Vorschläge der Alliierten beraten, doch war ihr abschließendes Gutachten am 22. 2. noch nicht fertiggestellt. Zu dem Sachverständigengutachten s. RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366, S. 28 –39.

Falls Minister Simons nur von hohen Beamten begleitet werde, ergäbe sich eine starke Verschiebung der politischen Verantwortlichkeit. Wir bauten auf diese Weise parlamentarisch ab, da in London in entscheidenden Stadien die Ansicht der dort anwesenden hohen Beamten, nicht aber der parlamentarisch verantwortlichen Minister zur Geltung kommen würde. Reichsminister Dr. Simons betont demgegenüber, daß es unerwünscht sei, wenn das Kabinett während der Verhandlungen nicht geschlossen in Berlin versammelt wäre. Die parlamentarische Verantwortlichkeit bliebe immer beim Gesamtkabinett, nicht lediglich bei dem die Verhandlungen führenden Minister. Der Herr Reichskanzler stellt in Übereinstimmung mit Reichsminister Dr. Simons fest, daß letzterer nicht ohne Zustimmung des Kabinetts die Verhandlungen abbrechen werde.

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