2.50.1 (feh1p): 1. Organisation Escherich.

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1. Organisation Escherich1.

1

Zur Organisation Escherich s. Dok. Nr. 35 und Dok. Nr. 44.

Vizekanzler Dr. Heinze teilt mit, daß der Forstrat Escherich ihn heute aufgesucht und über die Haltung der Preußischen Regierung seiner Organisation[117] gegenüber befragt habe. Er bäte den Herrn Preußischen Minister des Innern, diese Haltung darzulegen.

Minister Severing: Preußen habe am 10. April die Einwohnerwehren aufgehoben, habe aber damals ein allgemeines Verbot privater Selbstschutzorganisationen nicht erlassen2. Die Regierung habe nun die Nachricht bekommen, daß Escherich in seine Organisation politisch unzuverlässige Offiziere eingestellt habe sowie daß die Organisation Waffen im Besitz habe, die sie auf legalem Wege kaum erworben haben könnte. Deshalb habe die Regierung am 14. Juli die Anweisung gegeben, die Organisation Escherich aufzulösen. Diese Verfügung sei mündlich erteilt worden und erst durch den Erlaß des Oberpräsidenten von Hannover öffentlich bekanntgeworden3. Neuerdings habe er, der Minister, Nachrichten über größere Waffenschiebungen in der Provinz Brandenburg erhalten, so daß weiteres Zögern die Aktion des Entwaffnungskommissars gefährden würde. Daher habe er das Verbot der Escherich-Organisation wiederholt4.

2

Zum Verbot der Orgesch durch die Pr.Reg. s. Dok. Nr. 44, Anm. 6.

3

Am 4. 8. hatte der OPräs. der Provinz Hannover, Noske, einen Erlaß veröffentlicht, in dem unter Berufung auf das Entwaffnungsprotokoll von Spa jeder Zusammenschluß zu Selbstschutzorganisationen verboten wurde. Der Erlaß schloß mit den Worten: „Ich warne auf das dringendste vor jeder solchen Betätigung, der ich mit rücksichtsloser Entschlossenheit entgegentreten werde. Allen behördlichen Stellen mache ich hiermit auch öffentlich zur ernstesten Pflicht, von jeder Zusammenkunft und allen Bestrebungen, die der Schaffung des angeblichen Selbstschutzes dienen, unverzüglich Anzeige zu erstatten, damit strafrechtliche Verfolgung eintreten kann.“ (R 43 I /2731 , Bl. 26).

4

Am 15. 8. hatte der PrIM ein Telegramm an sämtliche OPräs. der pr. Provinzen mit Ausnahme von Ostpreußen und Oberschlesien gesandt, in dem er noch einmal auf das Verbot der Einwohnerwehren hingewiesen hatte. In dem Telegramm hieß es u. a.: „Die Bildung der sogenannten Orgesch ist ein Verstoß gegen die Verfügung des Staatsministeriums, die Auflösung der Einwohnerwehren betreffend, und daher ungesetzlich. Gegen die Bildung von Orgesch-Organisationen und ähnlichen Vereinigungen ist mit Verbot bzw. Auflösung vorzugehen. Mehrere Anzeichen deuten darauf hin, daß vor Wirksamkeit des Entwaffnungsgesetzes versucht werden wird, versteckte Waffen zu verschieben. Ich ersuche, nachgeordnete Behörden anzuweisen, mit größter Aufmerksamkeit diesen Dingen zu folgen und bei Ungesetzlichkeiten entschieden einzuschreiten.“ (R 43 I /2731 , Bl. 35).

Reichsminister der Justiz Dr. Heinze: Die Organisation habe einen großen Anhang, besonders in Bayern. Es sei daher mißlich, gegen sie vorzugehen, wenn es nicht unbedingt nötig sei. Er würde es für zweckmäßig halten, die Frage der Orgesch dem Entwaffnungskommissar ausschließlich zu überlassen. Escherich habe ihm heute zugesagt, daß er den Anweisungen des Entwaffnungskommissars nachkommen würde.

Geheimrat Schmid: Der Entwaffnungskommissar habe am 14. August sämtliche Landesregierungen ersucht, von ihnen eingeleitete Entwaffnungsaktionen zu unterlassen, da die Entwaffnungsaktion einheitlich durchgeführt werden müsse. Seine Ausführungsbestimmungen zum Entwaffnungsgesetz würden in Kürze ergehen.

Dieser Standpunkt würde vom Reichsminister des Innern gebilligt.

Minister Severing weist demgegenüber darauf hin, daß der Entwaffnungskommissar mit seinem Telegramm einverstanden gewesen sei, durch das die am 14. Juli erteilte Anweisung gegen private Selbstschutzorganisationen wiederholt und insbesondere vorgeschrieben wurde, gegen die Orgesch vorzugehen.

[118] Staatssekretär Albert bemerkt, daß der Reichsregierung das Material in der Angelegenheit Escherich fehle. Es wäre wünschenswert, wenn die Preußische Regierung ihr dies Material zugehen ließe, denn es seien Angriffe der Bayerischen Regierung wie der bayerischen Bevölkerung gegen die Maßnahmen zu erwarten, die sich gegen die Orgesch richteten. Im übrigen sei er der Ansicht, daß, nachdem das preußische Verbot einmal erlassen sei, man sich mit ihm abfinden müsse.

Das Kabinett beschließt, daß der Entwaffnungskommissar Peters, nachdem er sich beim Minister Severing über die Frage der Orgesch informiert hätte, sofort persönlich mit Escherich in Verbindung treten solle5.

5

Dazu war in R 43 I nichts zu ermitteln.

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