2.125.1 (lut1p): [Aufwertungsfrage; parlamentarische Behandlung außenpolitischer Fragen]

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Die Kabinette Luther I und II (1925/26), Band 1.Das Kabinett Luther I Bild 102-02064Reichspräsident Friedrich Ebert verstorben Bild 102-01129Hindenburgkopf Bild 146-1986-107-32AStresemann, Chamberlain, Briand Bild 183-R03618

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[Aufwertungsfrage; parlamentarische Behandlung außenpolitischer Fragen]

1. Der Reichskanzler machte davon Mitteilung, daß er heute dem Herrn Reichspräsidenten gemeinsam mit dem Herrn Reichsminister der Justiz in der Aufwertungsfrage1 Vortrag gehalten habe. Er hätte dabei im Namen der gesamten Regierung gesprochen, und es sei beabsichtigt, eine entsprechende[440] Zeitungsnotiz herauszugeben2. Er erbäte nachträglich die Zustimmung des Kabinetts zu seinem Vorgehen. Diese Zustimmung wurde erteilt.

1

Der RT hatte am 15. 7. den „Entwurf eines Gesetzes über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen“ (RT-Drucks. Nr. 804, Bd. 400 ) und am 16. 7. den „Entwurf eines Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen“ (RT-Drucks. Nr. 805, Bd. 400 ) mit knappen Mehrheiten (228 gegen 197 bzw. 220 gegen 196 Stimmen) angenommen (RT-Bd. 386, S. 3203  und 3254).

2

Zu diesem Vortrag, über den eine Aufzeichnung in den Akten der Rkei nicht ermittelt werden konnte, war eingeladen worden mit Schreiben Meissners an Kempner vom 11. 7., worin es u. a. heißt: „Sie wissen nun aber, daß der Herr Reichspräsident täglich schriftlich und mündlich mit Bitten bestürmt wird, die Ausfertigung [der Aufwertungsgesetze] auszusetzen und den Volksentscheid herbeizuführen. Er hat allen diesen Bestürmungen gegenüber sich auf die Erklärung beschränkt, daß er erst dann, wenn ein beschlossenes Gesetz vorliege, diese Frage prüfen werde.“ Damit dieses Versprechen gehalten werde, schlage er, Meissner, vor, daß der RK und der RJM dem RPräs. über die verfassungsmäßige Situation und die wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen einer Aussetzung der Verkündung Vortrag halten, und daß der RPräs. sich dann für die Ausfertigung und Verkündung entscheidet. Diesen Vorgang könnte man alsdann in der Presse der Öffentlichkeit mitteilen. „Dann wäre der Herr Reichspräsident gegen die Vorwürfe geschützt, daß er sein Versprechen, diese Frage sorgfältig zu prüfen, nicht gehalten habe, und es wäre gleichzeitig kundgetan, daß der Herr Reichspräsident sich auf Vortrag der Reichsregierung zu der Verkündung entschlossen habe.“ (R 43 I /2456 , Bl. 315). – Eine entsprechende offiziöse Verlautbarung erscheint am 17. 7. in der Presse (z. B. „Tägliche Rundschau“).

Die Vollziehung der beiden Aufwertungsgesetze durch den RPräs. und ihre Verkündung erfolgen am 16. 7. (RGBl. 1925 I, S. 117  und 137 ). Die Gesetze treten mit Wirkung vom 15.7.25 in Kraft.

2. Der Reichskanzler betonte, daß es von Bedeutung sei, sich darüber zu einigen, wann die außenpolitische Debatte im Reichstage stattfinden solle. Es sei der Gedanke aufgetaucht, diese Debatte mit der zweiten Lesung des Nachtrags-Etats des Auswärtigen Amts zu verbinden. Diese Möglichkeit habe den Vorteil, daß dann eine doppelte Debatte vermieden würde. Nach längerer Debatte entschied man sich dahin, die Frage des weiteren taktischen Vorgehens am Samstag [18. 7.] in einer Ministerbesprechung zu klären3.

3

S. Dok. Nr. 129, P. 1.

3. Hieran schloß sich eine längere Debatte über das taktische Vorgehen im Auswärtigen Ausschuß sowohl wie im Plenum des Reichstages über die Frage, ob durch die Zwischennote4 das Memorandum5 in vollem Umfange aufrechterhalten werde. Nachdem die einzelnen Kabinettsmitglieder ihre Auffassung und ihre Stellungnahme dargetan hatten, wurde dieser Punkt wieder verlassen6.

4

Gemeint ist die am 20. 7. hinausgehende dt. Antwort (s. Dok. Nr. 123, dort bes. Anm. 1, 8 und 9 und Dok. Nr. 129, P. 1) auf die frz. Note vom 16. 6. (s. dazu Anm. 3 zu Dok. Nr. 110).

5

Dt. Sicherheitsmemorandum vom 9.2.25. S. Anm. 6 zu Dok. Nr. 43.

6

Zur weiteren Erörterung dieser Frage s. Dok. Nr. 128 und 133, P. 2.

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