2.46.1 (lut1p): 1. Weitere taktische Behandlung der Aufwertungsgesetze.

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1. Weitere taktische Behandlung der Aufwertungsgesetze.

Der Reichsminister der Finanzen berichtete über das Ergebnis seiner Verhandlungen mit den verschiedenen Parteien. Auch die übrigen Minister erstatteten entsprechenden Bericht1. Daraus ergab sich, daß die Demokratische Partei sich auf nichts einlassen, vielmehr in der Opposition bleiben werde.

1

Aufzeichnungen dazu in R 43 I nicht ermittelt.

Der Reichswehrminister erklärte, daß er unbeteiligt an den Presseverlautbarungen sei, die von seiten der Demokratischen Partei die Regierungsvorlage2 abfällig kritisierten. Er habe weder positiv noch negativ auf seine Fraktion eingewirkt und keinerlei Mitteilung über die Kabinettsbesprechungen oder sonst über den Gang der Dinge weitergegeben.

2

Zu den Aufwertungsentwürfen des RJM und des RFM s. Dok. Nr. 24, P. 8, dort bes. Anm. 13, 38, 40–42.

Der Reichskanzler nahm davon Kenntnis.

Im Laufe der sehr eingehenden Aussprache stellte der Reichsminister des Innern die Notwendigkeit in den Vordergrund, die Parteien in irgendeiner Form auf ein Programm hinsichtlich der Aufwertung festzulegen und denjenigen der Regierung nahestehenden Parteien, die eine derartige Bindung nicht mitmachen wollten, die Verantwortung dafür zu überlassen, daß der Gesetzentwurf dann vorläufig überhaupt nicht eingebracht werde. Er erklärte es für ausgeschlossen, den Entwurf dem Reichsrat vorzulegen, bevor nicht die der Regierung nahestehenden Parteien Bindungen irgendwelcher Art eingegangen wären, die zum Gegenstand haben müßten, daß die Parteien den von der Regierung vorgelegten Entwurf nicht von vornherein ablehnen, sondern vielmehr als geeignete Grundlage für die Verhandlungen annehmen würden. Aus den Mitteilungen[167] ergab sich, daß die Volkspartei und das Zentrum nach ihren bisherigen Kundgebungen von den Grundlagen des Regierungsentwurfs nicht weit entfernt seien, daß sie aber eine Bindung bisher abgelehnt haben. Auch die Deutsch-nationale Volkspartei wird sich nach Ansicht des Reichsministers des Innern auf den Boden der Regierungsvorlage stellen. Der Bestsche Gegenentwurf3 wird außer von Best in der Fraktion von niemandem vertreten. Die 15 Unterschriften unter ihm sind nach Mitteilung des Ministers nur aus parteitaktischen Gründen daruntergesetzt worden. Die Stimmung bei der Bayerischen Volkspartei und bei der Wirtschaftspartei ist noch nicht klar ermittelt.

3

S. Anm. 21 zu Dok. Nr. 24.

Die Deutsche Volkspartei neigt im Gegensatz zu den anderen Parteien dazu, den Hypothekenaufwertungsentwurf vorweg zu behandeln und die Anleihefrage zurückzustellen.

Der Reichsminister der Finanzen stellt seine früher hiergegen erhobenen Bedenken4 zurück, namentlich mit Rücksicht darauf, daß sofortiges Handeln unvermeidlich sei. Die Notwendigkeit schleunigen Handelns ergebe sich daraus, daß einmal der Bestsche Entwurf dem Ausschuß überwiesen worden sei und dort ebenso wie der Antrag der Sozialdemokraten auf Aufhebung der Dritten Steuernotverordnung5 sofort zur Behandlung kommen werde, und daß ferner das inzwischen vorgelegte Gesetz über die Verlängerung der Fristen der Dritten Steuernotverordnung6 im Plenum wie in den Ausschüssen zum Gegenstand einer sehr eingehenden Debatte über die Aufwertungsfrage genommen werden werde. Damit diese Aussprachen nicht restlos gegen die Regierung sich richten, muß nach Ansicht der meisten anwesenden Minister schon vor der Aussprache im Reichstagsplenum, die voraussichtlich etwa am 20. März beginnen wird, wenigstens ein Teil des vorbereiteten Entwurfs vorgelegt werden. Bis dahin sollen, wie von allen Seiten als notwendig bezeichnet wurde, die der Regierung nahestehenden Parteien auf die Grundlagen der Regierungsentwürfe festgelegt werden.

4

S. die Ausführungen des RFM in der Ministerbesprechung am 7. 3. (Dok. Nr. 41, P. 3).

5

S. Anm. 5 zu Dok. Nr. 41.

6

S. Anm. 1 zu Dok. Nr. 42.

Es wurde folgendes beschlossen:

1. Der Reichsminister der Finanzen und der Reichsminister der Justiz sollen alsbald mit der Wirtschaftspartei und der Bayerischen Volkspartei und, soweit erforderlich, auch noch mit den anderen der Regierung nahestehenden Parteien Fühlung nehmen mit dem Ziele, die Sachlage alsbald zu klären7.

7

Über das Ergebnis dieser Sondierungen in R 43 I nichts ermittelt. Zur Stellungnahme der BVP und WV s. die Besprechung mit Parteiführern am 18. 3. (Dok. Nr. 51).

2. Am Montag, dem 16. März, sollen die vorgelegten Gesetzentwürfe über die Aufwertung im Kabinett endgültig beraten werden8. Zur Vermeidung von Indiskretionen solle dieser Punkt jedoch nicht auf die schriftliche Tagesordnung gesetzt, sondern den Ressorts nur telephonisch mitgeteilt werden. Zur Verschleierung sollen andere Punkte auf die Tagesordnung gesetzt werden und nur, sofern Zeit dazu übrigbleibt, mitberaten werden.

8

S. Dok. Nr. 48, P. 1.

[168] 3. In dieser Kabinettssitzung sollen außer den Gesetzentwürfen vom Reichsjustiz- und Reichsfinanzministerium zu formulierende Erklärungen zur Beschlußfassung vorgelegt werden, die von den Parteien zu billigen sein werden9, sofern der Gesetzentwurf eingebracht werden soll.

9

S. Anm. 17 und 18 zu Dok. Nr. 48.

4. In der Kabinettssitzung soll darüber Beschluß gefaßt werden, ob beide Entwürfe verbunden bleiben, oder ob nur die Hypothekenaufwertung vorweg behandelt werden soll.

5. Der Reichskanzler wird am Dienstag (17. 3.) im Laufe des Vormittags die Führer der Regierungsparteien der Reihe nach empfangen und mit ihnen das formulierte und von den Parteien anzunehmende Programm besprechen mit der Auflage, daß diese sich innerhalb 24 Stunden über die Annahme schlüssig machen sollen, und mit dem Hinweis, daß die Parteien, die sich nicht auf den Boden der Formulierung stellen können, die Folgen für die Nichteinbringung der Vorlage tragen10.

10

Über diese Besprechungen des RK am 17. 3. fanden sich Aufzeichnungen oder Vermerke nicht bei den Akten.

6. Am nächsten Tage sollen die Parteiführer aller Regierungsparteien gemeinsam vom Reichskanzler eingeladen werden, um die Stellungnahme ihrer Fraktionen zu den am Vortrage übermittelten Erklärungen mitzuteilen11.

11

S. Dok. Nr. 51.

7. Die Reichskanzlei wird beauftragt, das zu Ziffer 5 und 6 Erforderliche zu veranlassen.

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